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Maria Vesperbild: Unter der Decke von Vesperbild kann man großer Kunst begegnen

Maria Vesperbild

Unter der Decke von Vesperbild kann man großer Kunst begegnen

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    Wallfahrtsdirektor Erwin Reichart zeigte den Teilnehmern am Ortstermin unter den restaurierten Deckenfresken Details, die durch die Restauration wieder sichtbar geworden sind.
    Wallfahrtsdirektor Erwin Reichart zeigte den Teilnehmern am Ortstermin unter den restaurierten Deckenfresken Details, die durch die Restauration wieder sichtbar geworden sind. Foto: Dr. Heinrich Lindenmayr

    Er soll gewettet haben, er könne in der kurzen Zeitspanne während des Angelusläutens einen Engel malen, erzählte Wallfahrtsdirektor Erwin Reichart über den Maler Balthasar Riepp. Der Künstler malte 1754 die Wallfahrtskirche Maria Vesperbild aus. Beim Ortstermin direkt unter den Deckengemälden schwärmte

    Schnell musste er natürlich auch arbeiten können, denn ein Freskant trägt die Farbe auf den frischen und feuchten Putz auf, sodass sich Farbe und Putz miteinander verbinden. In nur fünf Tagen schuf Riepp (geboren 1703 in Kempten, gestorben 1764 in Vils/Österreich) das 105 Quadratmeter große Fresko über dem Langhaus der Wallfahrtskirche. Das war eine der Entdeckungen im Zuge der nun inzwischen fast abgeschlossenen Bestandsuntersuchungen und Restaurationsarbeiten an der Decke der Wallfahrtskirche.

    Riepp war offenbar Alkoholiker, als er in Maria Vesperbild malte

    Als Balthasar Riepp in Maria Vesperbild arbeitete, sei er schon ein von Alkoholismus und familiären Problemen gezeichneter Mensch gewesen. Vielleicht habe er deshalb, so Erwin Reichart, das Leiden Jesu und die Not der Gottesmutter unter dem Kreuz so tief nachempfunden. Riepp sei es meisterhaft gelungen, sein Mitleiden für den Betrachter der Fresken erfahrbar zu machen. Bei den in den letzten Monaten von Diplom-Restaurateurin Christine Hitzler durchgeführten Restaurationsarbeiten handelt es sich um die dritte große Renovierung der Fresken in der Wallfahrtskirche Maria Vesperbild.

    Arbeitsplatz der Restauratoren unter der Decke der Wallfahrtskirche.
    Arbeitsplatz der Restauratoren unter der Decke der Wallfahrtskirche. Foto: Dr. Heinrich Lindenmayr

    Die Fresken wurden vor allem gereinigt, frühere Retuschen wurden nachgebessert, Übermalungen entfernt, lose Stellen gesichert. Eine Vielzahl von Einschüssen wurde verfüllt. Es mutet heute seltsam an, aber früher war es durchaus üblich, auf Vögel, die sich in die Kirche verflogen hatte, mit Schrot zu schießen. Wallfahrtsdirektor Erwin Reichart freut sich darüber, dass im Zuge der Arbeiten auch viele Details wieder erkennbar wurden.

    Hat sich der Künstler in Maria Vesperbild selbst dargestellt?

    Beim Chorfresko, der Kreuzabnahme, kam beispielsweise eine Truhe mit blutverschmierten Tüchern zum Vorschein oder auch ein Pavillon in der Ferne vor der Silhouette eines Gebirges. Nicht zuletzt entdeckte man eine Art von Selbstporträt des Künstlers. Riepp stellte den Evangelisten Lukas, den Patron der Maler, in malender Pose dar und verlieh ihm die Gesichtszüge, wie man sie von anderen Selbstporträts des Künstlers kennt.

    Eingerahmt sind die vier Evangelisten von prächtigem Rokoko-Stuck und das ist nur ein Beispiel für die enge Verschwisterung von Fresko und Stuck in der Wallfahrtskirche. Stuckateur Cornelius Holzbock hatte eine Reihe von Schäden zu beseitigen, meist durch Wassereinbruch verursacht. Teilweise war der Stuck abgefallen und musste nachgebildet werden. Holzbock erklärte den Teilnehmern am Ortstermin den Aufbau einer Stuckdecke und bestimmte Techniken, wie er die Decke für die nächsten 50 Jahre sicherte.

    Stuckateur Cornelius Holzbock (links) reicht Wallfahrtsdirektor Erwin Reichart einen mit Hanf umwickelten Nagel. Mit solchen Nägeln wurden lose Stellen des Deckengemäldes neu gesichert.
    Stuckateur Cornelius Holzbock (links) reicht Wallfahrtsdirektor Erwin Reichart einen mit Hanf umwickelten Nagel. Mit solchen Nägeln wurden lose Stellen des Deckengemäldes neu gesichert. Foto: Dr. Heinrich Lindenmayr

    Wer zurzeit das Innere der Wallfahrtskirche besichtigt, ist erstaunt über den großen Aufwand, der betrieben wird. Bei Routineuntersuchungen seien massive Schäden am Gebälk von Langhaus und Turm festgestellt worden, erklärte der Ulmer Architekt Wolfgang Heisler, der die Bauarbeiten koordiniert und leitet. Weitere Untersuchungen hätten ergeben, dass die Zeit für eine grundlegende Renovierung reif sei.

    In der Vesperbilder Kirche stand wohl ein Geißelheiland

    Die Mauern seien feucht gewesen, die Ziegel zu salzhaltig, Eisenträger völlig verrostet, Hölzer faulig. Man habe handeln müssen, um den Bestand der Kirche zu sichern. Eine so grundlegende Sanierung biete aber viele Chancen und so manche positive Überraschung. So sei beispielsweise eine ehemalige Nische und in dieser Nische eine weitere Nische entdeckt worden. Vermutlich habe hier früher der Geißelheiland gestanden. Nach der Renovierung werde dort die Fatima-Muttergottes platziert werden. Auch in anderen Hinsichten werden künftige Besucher die Kirche neu erleben.

    Teilansicht aus dem Langhaus-Fresko der Wallfahrtskirche Maria Vesperbild.
    Teilansicht aus dem Langhaus-Fresko der Wallfahrtskirche Maria Vesperbild. Foto: Dr. Heinrich Lindenmayr

    In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts sei die Kirche zu hell gewesen für den damaligen Zeitgeschmack. Man habe damals die großen Fenster auf der Empore zugemauert. Diese Fenster wurden nun wiederhergestellt, ebenfalls ein rundes Fenster über dem Altar, sodass die Kirche bei Tageslicht in einem neuen Licht erscheinen werde, meinte Heisler. Dass das Gotteshaus auch in den Abend- und Nachtstunden anders wirken werde, dafür sorge ein innovatives Beleuchtungskonzept, das es ermögliche, unterschiedliche Stimmungen zu erzeugen oder auch nur ganz bestimmte Bereiche der Kirche erstrahlen zu lassen. Wiederhergestellt werde im Zuge der Baumaßnahmen auch das alte Westportal, das künftig an Festtagen für den Einzug der Geistlichkeit genutzt werden soll.

    Auch das Vesperbilder Gnadenbild ist bereits fertig

    Weitgehend abgeschlossen sind die Arbeiten im Deckenbereich der Kirche. Auch das von Isabella Mayr aus Reinhartshausen restaurierte Gnadenbild ist bereits fertig. Bis die Wallfahrtskirche endgültig fertiggestellt sein wird, werden aber noch viele Monate ins Land gehen. Zu Kirchweih soll das Gotteshaus wieder seiner eigentlichen Bestimmung übergeben werden, meint der Wallfahrtsdirektor.

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