Startseite
Icon Pfeil nach unten
Krumbach
Icon Pfeil nach unten
Alle Nachrichten
Icon Pfeil nach unten

Die richtige Sprache getroffen

Alle Nachrichten

Die richtige Sprache getroffen

    • |
    Copy of 021.tif
    Copy of 021.tif

    Thannhausen Weihnachtsgeschichten sind meist nach einem gängigen Muster gestrickt. Doch im Karpfenteich der oft zu rührseligen Geschichten trifft man immer wieder auf Hechte. Von einer Zeit, da Nachrichtensender plötzlich nichts mehr zu berichten haben, erzählte Herbert Kramer im vorweihnachtlichen Konzert der Musikvereinigung Thannhausen. Ein geheimnisvoller Friede beherrsche die Welt, der den Journalisten nichts mehr biete, den man erklären wolle, aber nicht könne. Dabei wäre die Deutung so einfach: Die Weihnachtsbotschaft ist endlich angekommen auf Erden.

    Zu schön, um wahr zu sein? Musikalisch kann diese Utopie Realität werden, wie das Konzert der Musikvereinigung seit 1749 Thannhausen es vorführte. Das mag am deutlichsten zu spüren gewesen sein im finalen „O Du fröhliche“, gesungen von den Konzertbesuchern, gespielt vom großen Blasorchester. Bachs „Jesu bleibet meine Freude“ lebt gleichfalls von der Vision des Friedens, der eintritt, wenn man Jesus „hat“. Ein ungewöhnliches Klangerlebnis war das, als die Saxofone, unterstützt von den Holzbläsern, die ruhig fließende Melodie umspielten, die selbst wiederum den machtvollen Blechbläser anvertraut war. Eine ähnliche Funktion hatte das „Blech“ schon beim „Schafe können sicher weiden“ übernommen. Dort verkündeten sie eine friedfertige Situation. Die Holzbläser sorgten spritzig-pointiert, wie man es selten hört, für ein rhythmisches Unterfutter, auf dem die Saxofone eine der beseligenden Bach-Melodien ausleben konnten.

    Schöne Gelenkstelle zwischen beiden Teilen

    Von einer ausgeklügelten Raffinesse war dieses Konzertprogramm, das Friede und Freude im zweiten Teil anhand von zwei der bekanntesten Stücke aus Bachs Kantaten anbot. Davor spielte das Saxofon-Quartett zwei Sätze, die Ähnlichkeiten mit verjazztem Bach aufwiesen und eine schöne Gelenkstelle zwischen den beiden Teilen darstellten.

    Denn den Anfang des Konzerts beherrschten die zeitgenössischen Komponisten, die aber, im Unterschied zu Bachs Musik am Ende, nicht Erfüllung, sondern Sehnsucht in Töne gesetzt hatten. Im Stück „October“ von Eric Whitacre war die Erwartungshaltung allgegenwärtig. Das diffuse Blech schien Nebelschwaden auszubreiten, aus denen sich mählich die Konturen der Melodie lösten, wozu die klagenden Holzbläser die fahlen Farben eines Oktobernebels vergegenwärtigten.

    Spannend und stimmungsvoll war diese Wanderung gleichsam aus den Herbstnebeln und ihrer Erwartungshaltung hinüber in die leuchtende Erfüllung der Gottgewissheit eines Johann Sebastian Bach. Spannend und stimmungsvoll war sie vor allem deswegen, weil das große Blasorchester unter Stefan Tarkövi sehr sauber intonierte, impulsiv und prägnant rhythmisch zu Werke ging und das umsetzte, was der Dirigent am Ende mit einem Satz auf den Punkt brachte: „Wir haben die richtige Sprache getroffen.“

    Als Idee sehr schön: Eine Weihnachtsgeschichte zu bieten mit einem Erzähler (Herbert Kramer), Sängern (Männerchor Mindeltal) und einem Orchester. Leider reichen acht Männerstimmen offenbar nicht aus, sich gegen ein Blasorchester hinreichend Gehör zu verschaffen. (hli)

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden