Krumbach/Thannhausen Das deutsche Monopol für Lotto, Sportwetten und andere Glücksspiele hat möglicherweise erst einmal ausgedient. Der Europäische Gerichtshof hat in einem Urteil entschieden, dass das deutsche Staatsvertragsmodell gegen EU-Recht verstößt. Eine Öffnung des Marktes wird gefordert. Noch ist der weitere Weg in Deutschland nicht entschieden. Aber viele Lottoannahmestellen in der Region fürchten um ihre Existenz. Es ist ein reines Familiengeschäft, das Doris Weiss mit ihrer Lottoannahmestelle in Thannhausens Christoph-von-Schmid-Straße seit 15 Jahren betreibt. Mit dem Fall des Glücksspielstaatsvertrages sieht die Familie ihr Ladengeschäft im ehemaligen Färberhaus so bedroht, dass Hans Otto Weiss sich bereits mit einem schriftlichen Appell an den Landtagsabgeordneten Alfred Sauter gewandt hat. Darin schildert er eindringlich, welche Konsequenzen eine Aufhebung des Lotto-Monopols nicht nur für die Geschäfte, sondern auch für die Kunden hätte. „Eine Liberalisierung des Marktes bedeutet doch auch“, so Weiss, „dass der Jugend- und Spielerschutz wegfällt. Wir in den Lottoannahmestellen lassen uns im Zweifelsfall von jugendlichen Spielern auch den Ausweis zeigen. Genauso die Kundenkarte für die Teilnahme bei den Oddset Wetten.“ Mit dem Antwortschreiben von Alfred Sauter ist er allerdings nicht ganz zufrieden.
Sauter hält darin „eine maßvolle Liberalisierung bei den Sportwetten für denkbar“. Weiter schreibt er: „Das Internetverbot für Glücksspiele muss auf den Prüfstand gestellt werden. Hier stellt sich die Frage, ob es in der heutigen Zeit rechtlich wirksam und durchsetzbar ist, Glücksspiele im Internet vollständig zu verbieten. Da das Internet keine Grenzen kennt, wirkt ein auf Deutschland beschränktes Verbot immer nur begrenzt.“ Enttäuscht ist auch Anja Gloser, die für Lotto Bayern als Bezirksstellenleiterin den Bereich Augsburg, Neu-Ulm und Illertissen betreut, von der indifferenten Haltung Horst Seehofers, der auf der Ministerpräsidentenkonferenz zuletzt die bayerischen Interessen vertrat. „Allein in Bayern wären mit der Liberalisierung des Glücksspiels 15 000 Arbeitsplätze bedroht. Das sind, gerade auf dem Land, kleine Einzelhandelsgeschäfte, die sich ohne den Lottokundenstamm gar nicht halten ließen.“
Im von ihr betreuten Bezirk wären rund 700 Arbeitsplätze betroffen. Darunter auch viele Minijobs auf 400-Euro-Basis wie bei Yvonne Müller-Welker in ihrer Lottoannahmestelle am Krumbacher Marktplatz. „Uns wird es auch ohne Lotto weiter geben. An Zeitschriften und Tabak ist zwar kaum etwas zu verdienen, wir haben jedoch eine treue Stammkundschaft für unseren ausgewählten Secondhand-Bekleidungsbereich. Aber ob ich noch alle meine acht Mitarbeiter weiter halten könnte, ist natürlich fraglich“, sagt sie.
Der Jugendschutz ist ein wichtiges Argument
Für die vierfache Mutter ist auch der Jugendschutz ein wichtiges Argument bei der Diskussion um die Öffnung des Wettmonopols. „Wer kontrolliert denn im Internet, ob da nicht Minderjährige mitspielen?“ Noch hofft sie gemeinsam mit ihren Kollegen auf einen positiven Bescheid. Die Entscheidung über einen neuen Glücksspielstaatsvertrag war zuletzt bis März vertagt worden. Die Länder möchten das staatliche Glücksspielmonopol erhalten, doch die Ministerpräsidenten konnten sich in Berlin nicht auf einen neuen Kontrakt einigen. Der Glücksspielstaatsvertrag läuft Ende des kommenden Jahres 2011 aus und muss gemäß eines Urteils des Europäischen Gerichtshofs neu gefasst werden.