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Landkreis Günzburg: Wie sieht der Gartenbauverein der Zukunft aus?

Landkreis Günzburg

Wie sieht der Gartenbauverein der Zukunft aus?

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    Gärten bieten Rückzug und Erholung und liegen voll im Trend. Den Gartenbauvereinen fehlt es jedoch oft am Nachwuchs.
    Gärten bieten Rückzug und Erholung und liegen voll im Trend. Den Gartenbauvereinen fehlt es jedoch oft am Nachwuchs. Foto: Gertrud Adlassnig

    Ihr Image ist mancherorts nicht das Beste: spießig, altbacken, überholt, so hört man. Obst- und Gartenbauvereine, schien es, haben wie die Schrebergärten ihre Berechtigung in der modernen Welt verloren. Doch es gibt ein Umdenken. Seit viele versuchen, sich für Nachhaltigkeit, Regionalität, Nahversorgung, Klima- und Naturschutz einzusetzen, rückt die Relevanz der vor rund 100 Jahren entstandenen Obst- und Gartenbauvereine (OGV) wieder mehr ins Bewusstsein einer breiten Öffentlichkeit.

    Wie alle Vereine, so laborieren auch die Obst- und Gartenbauvereine an einer zunehmenden Überalterung, an einem immer drängenderen Personalmangel. So stellt sich in manchen Ortsvereinen die Frage, wie und ob es überhaupt weitergehen kann. Dabei ist die gesellschaftliche Bedeutung von Obst- und Gartenbauvereinen enorm hoch. Kein anderer Verein hat eine eigene Kooperationsstelle im Landratsamt, wird exklusiv und kostenlos beraten und betreut von Fachkräften.

    Die Kreisfachberaterinnen für Gartenkultur und Landespflege, Leiterin Tina Sailer und Katharina Mairle, und der OGV-Kreisvorsitzende Roman Gepperth wissen um die vielfältigen Aufgaben der OGV, die Fluch und Segen in einem sein können. Während andere Vereine eine klar umrissene Funktion haben - sie machen Musik, sie schießen, sie treiben Sport -, ist der Obst- und Gartenbauverein wie ein Kaleidoskop, dessen Bild sich je nach Draufblick verändert. In einem spontanen Brainstorming trugen

    Digitale Infomöglichkeiten fehlen bei den Obst- und Gartenbauvereinen oft

    Damit liegen Obst- und Gartenbauvereine voll im Trend, doch für einen Verein heißt das auch, sich in der Fülle der Aufgaben zu positionieren, einen eigenen Weg zu finden und sich selbst regelmäßig in seinem Tun zu hinterfragen. Das ist inhaltlich anspruchsvoll und zeitaufwendig. Kein Wunder also, dass Ortsvereine trotz ihrer Bedeutung existenzielle Sorgen haben. Ursachen für die Probleme, ihre Mitglieder zu aktivieren oder gar neue zu generieren, sehen die Fachleute auf Kreisebene nicht zuletzt in strukturellen Defiziten. "Wir haben bereits vor der Pandemie begonnen, die digitalen Informationsmöglichkeiten auszubauen", erklärt Tina Sailer, und stellt fest, dass es auf dieser Ebene noch großen Handlungsbedarf gebe. "Leider haben noch nicht einmal alle Ortsvereine eine Mailadresse, das entspricht nicht mehr den heutigen Kommunikations- und Informationswegen. Hier müssen die Ortsvereine selbst aktiv werden, den Anschluss an die mediale Gegenwart nicht verpassen. Junge Leute muss man mit den Medien ihrer Generation gewinnen."

    Auch Roman Gepperth sieht hier ein wesentliches Problem: "Die Informationskette von oben nach unten und von unten nach oben funktioniert nicht. Viele Nachrichten, auch Termine und Angebote erreichen keine oder nur ganz wenige Mitglieder außerhalb des Vorstandes." Auch ein systematischer Austausch zwischen den Ortsvereinen, der zu einer Schatztruhe für neue Ideen werden könnte, findet nicht statt. Vorstände und Ortsvereine müssen als Multiplikatoren fungieren, die die brennenden Themen unserer Zeit weitergeben. Dabei, so sind sich Sailer, Gepperth und Mairle einig, sind solche Kommunikationswege heute relativ einfach aufzubauen. Wer sich als Mitglied in einem Obst- und Gartenbauverein einmal aufrafft und das über Mailing und Website angebotene Material nutzt, wird schnell erkennen, dass hier zukunftsrelevante Arbeit geleistet wird. Allerdings sind die Zugangsschwellen für viele Mitglieder noch zu hoch. Hier, und darin sind sich Fachleute wie Ortsvorstände einig, müssen Strukturen vereinfacht, Basisinformationen und Vernetzungen leichter zugänglich gemacht werden, um jüngere Mitglieder zu halten und neue zu gewinnen.

    Vereine bleiben nur aktiv und lebendig, wenn sie kontinuierlich Nachwuchs generieren. Die Überalterung gehört zu den größten Übeln, mit denen Vereine zu kämpfen haben. Tina Sailer fordert deshalb von den Verantwortlichen in den Obst- und Gartenbauvereinen, auch die Neubürger, das sind häufig junge Familien, in den Fokus zu nehmen. "Wir brauchen eine Willkommenskultur auch für Menschen, die sich freiwillig entschieden haben, in einem Ort zu leben. Aber die erreicht man nicht durch eine Information im Gemeindeblatt oder der Tageszeitung. Diese Neubürger müssen direkt angesprochen werden. Was wäre schon dabei, in Neubaugebieten freundliche Infoblätter mit einer Einladung zu verteilen?" Und wenn sie dann Interesse zeigen, ermöglicht eine regelmäßige Mail-Info den Aufbau einer Beziehung. Auch die Einbindung der Mitglieder, die nicht im Vorstand tätig sind, ist essenziell notwendig, um einen Verein lebendig zu erhalten. Eine Aufgabe, die einfach über regelmäßige E-Mails geleistet werden kann.

    Möglichst viele Mitglieder müssen aktiviert werden

    Der Obst- und Gartenbauverein darf nicht die graue Maus im Hintergrund des Gemeindelebens sein, die einmal im Jahr mit einem Weinfest an die Öffentlichkeit geht. Es geht darum, möglichst viele Mitglieder zu aktivieren, ihnen Angebote zu machen und zur eigenen Aktivität zu animieren, Lust zu machen auf gemeinsames Handeln. Attraktive Angebote an Vorträgen mit zeitgemäßen Themen und Exkursionen mit Naturerlebnissen profilieren einen Verein. Dabei warnt Tina Sailer vor zu großer Großzügigkeit. "Wer ein Angebot macht, am besten natürlich mit wirklich kompetenten Referenten, bei deren Vermittlung wir gerne behilflich sind, sollte für Nichtmitglieder Eintritt verlangen. Das bannt die Sparfüchse, die ausrechnen, wann sich eine Mitgliedschaft 'rechnet'."

    Ein Garten, wie der von Familie Landherr-Armbruster, bietet Natur und Mensch Raum zum Leben und Erholen.
    Ein Garten, wie der von Familie Landherr-Armbruster, bietet Natur und Mensch Raum zum Leben und Erholen. Foto: Gertrud Adlassnig

    Um einen Obst- und Gartenbauverein mit seinen vielfältigen Funktionen als lebendigen Beitrag im kommunalen Leben zu erhalten, sei die gute Zusammenarbeit von Obst- und Gartenbauverein und Kommune ein wesentlicher Baustein, weiß Roman Gepperth, der als Kreisvorsitzender und Bürgermeister beide Seiten kennt. "Das ehrliche Gespräch, das gemeinsame Definieren von Zielen und Erarbeiten von Projekten sind für beide Seiten unabdingbar. Neben der Unterstützung ist es aber vor allem die Wertschätzung ehrenamtlicher Arbeit für einen Ort, die eine Kommune leisten muss."

    So viele Aufgaben, so viele Herausforderungen: Die Obst- und Gartenbauvereine werden auch in Zukunft ihre gesellschaftliche Notwendigkeit behalten. Der Fortbestand der einzelnen Ortsvereine wird dabei mehr und mehr von der Bereitschaft seiner Mitglieder abhängen, die relevanten Themen der Zeit aufzugreifen und in entsprechenden Konzepten öffentlich zu machen. Mit der Kreisfachberatung an ihrer Seite haben sie die Voraussetzungen für eine Zukunft.

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