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Landkreis Günzburg: Stadträte in Günzburg und Krumbach: Zu viel Abstand für gute Kommunalpolitik?

Landkreis Günzburg

Stadträte in Günzburg und Krumbach: Zu viel Abstand für gute Kommunalpolitik?

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    Kommunalpolitik am Bildschirm? In Krumbach und Günzburg wird der persönliche Austausch klar bevorzugt.
    Kommunalpolitik am Bildschirm? In Krumbach und Günzburg wird der persönliche Austausch klar bevorzugt. Foto: Martina Diemand (Symbolbild)

    Gabriele Tuchel weiß: "Niemand findet das so cool, dass er es unbedingt haben möchte. Nicht mal die Jungen." Die Krumbacher Stadträtin spricht von all den Videokonferenzen, die durch die Pandemie zur Normalität geworden sind - und auch vor der Kommunalpolitik nicht haltgemacht haben. "Politik ist keine Pilatesstunde, damit muss man sich richtig auseinandersetzen und diskutieren", vergleicht sie. In der Online-Welt sei das aber oft gar nicht vernünftig möglich.

    Immerhin sind es bisher nur die fraktionsinternen Konferenzen, die Tuchel und ihre Kollegen zum Teil übers Internet abwickeln. Die Sitzungen des ganzen Stadtrats konnten, wenn auch in neuer Form, noch immer in Präsenz abgehalten werden. Tatsächlich wäre es in Bayern schon aus rechtlicher Sicht bisher gar nicht so einfach gewesen, Stadtratssitzungen in die virtuelle Welt zu verlegen. Während es bei den Nachbarn in Baden-Württemberg schon nach dem ersten Lockdown im vergangenen Jahr möglich geworden war, Gemeinderatssitzungen online abzuhalten, ließ eine solche Regelung in Bayern auf sich warten. Erst seit dem 17. März ist das erlaubt und noch längst nicht für alle Kommunen ganz klar abgesteckt. Zunächst bezieht sich die Regelung nur auf hybride Sitzungen, mindestens der Bürgermeister also muss in einem Sitzungssaal anwesend sein, zu dem auch die Bürger Zugang haben. Weiter können Kommunen die genauen Vorgaben selbst in der Geschäftsordnung festlegen.

    Krumbachs Bürgermeister Fischer: "An Präsenz geht nichts vorbei"

    In Krumbach und Günzburg ist das bisher noch nicht geschehen. Für Krumbachs Bürgermeister Hubert Fischer geht "nichts an einer Präsenzsitzung vorbei", mitunter deshalb, weil die rechtlichen Bedingungen bisher noch nicht geklärt waren. "Wenn bei einem Stadtrat das Netz bei einer Abstimmung zusammenbricht, muss die Stadt das beweisen können", schildert er, und ergänzt: "Das könnte auch missbraucht werden." Anders sieht es aus, wenn bei einer Sitzung vor Ort mal ein Stadtrat zugeschaltet werden müsse.

    So wichen die Krumbacher in den Stadtsaal aus, um mehr Abstand einhalten zu können.
    So wichen die Krumbacher in den Stadtsaal aus, um mehr Abstand einhalten zu können. Foto: Peter Bauer

    Für Fischer sei das denkbar und würde ebenjenen Fall einer jetzt möglichen hybriden Sitzung bedeuten. Der Bayerische Gemeindetag arbeitet momentan noch an den Konzepten für die Gemeinden und muss sich auch Gedanken um das machen, was schiefgehen könnte. Neben technischen Ausfällen sind etwa nicht öffentliche Sitzungen online erst mal ein Problem, weil gewährleistet sein muss, dass wirklich jeder alleine vor seinem Bildschirm sitzt.

    Günzburgs OB Jauernig: "Möchte nicht nur am Schreibtisch sitzen"

    Alleine vor dem Schirm zu sitzen ist allerdings, ganz unabhängig von der rechtlichen Lage, grundsätzlich etwas, das in der Kommunalpolitik im Landkreis wenig Anklang findet. Die Bürgermeister und Stadträte möchten sich persönlich um ihre Themen kümmern und mit Bürgern ins Gespräch kommen. Günzburgs Oberbürgermeister Gerhard Jauernig findet die Lage sehr bedauerlich: "Ich möchte nicht nur am Schreibtisch sitzen, sondern für die Menschen da sein. Aber alles ist distanzierter geworden."

    Das Mailaufkommen im Rathaus habe sich während der Pandemie mehr als verdoppelt, weil der persönliche Kontakt nur so schwer möglich ist. "Das ist nicht der Austausch, den ich mir wünsche. Das Wertvollste ist doch der nicht geplante Kontakt", lamentiert der Politiker. Nach der Sitzung noch bei einem Bier zusammensitzen? Keine Chance. Das fehlt auch Gabriele Tuchel in Krumbach, könne man sich außerhalb des Sitzungssaals schließlich ganz anders kennenlernen. Die neu gewählten Stadträte konnten bislang weder für die Öffentlichkeit noch beim Rat intern wie gewünscht vorgestellt, die ehemaligen nicht vernünftig verabschiedet werden. Auch die bereits angedachte Klausurtagung in Krumbach wurde erst mal verschoben.

    Die Günzburger tagen im Forum am Hofgarten.
    Die Günzburger tagen im Forum am Hofgarten.

    Doch alles Ärgern hilft nichts. Um trotzdem handlungsfähig zu bleiben, haben Fischer und Jauernig reagiert und Änderungen vorgenommen. In Krumbach finden die Sitzungen seit Beginn der Pandemie im Stadtsaal statt, in Günzburg wich der Rat, was wegen des größer gewordenen Stadtrats ohnehin schon geplant war, aufs Forum am Hofgarten aus. Die Ausschüsse, für die der vorherige Sitzungssaal eigentlich ausreichen würde, kommen ebenfalls dort zusammen. Im Krumbacher Stadtsaal wurde die Lüftung auf Durchzug gestellt, in Günzburg hat Jauernig ab und an versucht, ganz unter freiem Himmel zu bleiben. So fanden vergangenes Jahr zwei Ortssprecherwahlen draußen statt, auf dem Sportplatz in Wasserburg und auf dem Feuerwehrgelände in Riedhausen. Wo es rechtlich möglich war, habe der Rat auch Videokonferenzen genutzt, in Ausschüssen zum Beispiel. Eine allgemeine Maskenpflicht für Mitglieder kommunalpolitischer Gremien gibt es in Bayern nicht, Angaben des Innenministeriums zufolge sind die Sitzungen als Teil der staatlichen Exekutive von den Regeln zum Infektionsschutz ausgenommen.

    Stadträte in Krumbach und Günzburg: Bisher keine großen Einschränkungen

    Mit viel Disziplin - Fischer und Jauernig loben ihre Stadträte beide dafür - kam es bislang zu keinen großen Einschränkungen in der kommunalen Politik. In Krumbach musste nur eine Sitzung ausfallen, in Günzburg wurden Themen, bei denen kontroverse Debatten zu erwarten waren, verschoben. "Dass wir bis 2025 Fahrradstadt werden wollen, ist ein gutes Beispiel, oder die Baumschutzverordnung", berichtet Jauernig. Auch der Bürgerdialog für die Fahrradstadt leide unter der Pandemie, "es ist einfach keine normale Arbeit mit den Bürgern möglich", betont Jauernig.

    Um das Risiko einer Ansteckung bei den Stadtratssitzungen weiter zu minimieren, gab es übrigens auch die Möglichkeit, mit nur jeweils der Hälfte der einzelnen Fraktionen zu tagen. In Günzburg wurde das für die jüngsten Sitzungen fraktionsübergreifend mit einer Selbstverpflichtung vereinbart. In Krumbach indes reduzierte Fischer nicht die Anzahl Stadträte, sondern die Anzahl Sitzungen. Statt turnusmäßig alle vier, treffe man sich nun alle sechs Wochen, der Inhalt würde dafür etwas komprimiert.

    Wann die Stadträte wieder in ihre Sitzungssäle zurückkehren können? Ob die Online-Variante auch nach der Pandemie eine Alternative wäre? Noch steht das in den Sternen. Für Tuchel jedenfalls reicht es aus, dass mittlerweile die Unterlagen nur noch digital verfügbar sind, alles darüber hinaus solle beim Alten bleiben: "Der persönliche Kontakt fehlt gerade jedem."

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