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Landkreis Günzburg: Gefährliches Geschäft mit Amphetamin: Zwei Fälle aus dem Landkreis Günzburg

Landkreis Günzburg

Gefährliches Geschäft mit Amphetamin: Zwei Fälle aus dem Landkreis Günzburg

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    Die synthetische Droge Amphetamin ist auch im Landkreis Günzburg auf dem Vormarsch und beschäftigt Polizei und Justiz.
    Die synthetische Droge Amphetamin ist auch im Landkreis Günzburg auf dem Vormarsch und beschäftigt Polizei und Justiz. Foto: Thomas Frey, dpa (Symbol)

    Amphetamin ist auch im Landkreis Günzburg auf dem Vormarsch. Nach Angaben der Polizei ist die synthetische Droge mittlerweile für jede fünfte Straftat in Zusammenhang mit Rauschgift im Kreisgebiet verantwortlich. Eine bedenkliche Entwicklung, handelt es sich bei Amphetamin doch um eine gefährliche Droge mit äußerst hohem Suchtpotenzial. Das betonte auch Richterin Daniela König am Amtsgericht Günzburg mehrfach. Dort mussten sich wegen des Vorwurfs des Erwerbs und Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zwei Männer aus dem Landkreis verantworten. Die zwei Prozesse machen deutlich, mit welchen Herausforderungen Polizei und Justiz in solchen Fällen oft konfrontiert sind.

    Einem 53-Jährigen aus dem nördlichen Landkreis wirft die Staatsanwaltschaft vor, seit Oktober 2018 einen schwunghaften Drogenhandel, insbesondere mit Amphetamin und MDMA, zu betreiben. Aufgeflogen war der Mann durch einen Zufall – die Polizei hatte zwei seiner „Kunden“, eine Frau und einen Mann, unmittelbar vor seinem Haus in ihrem Auto kontrolliert und bei ihnen ein Päckchen mit 150 Gramm Amphetamin sichergestellt. Auf diesem wurden Fingerabdrücke des Angeklagten gefunden. Bei einer anschließenden Hausdurchsuchung stießen die Beamten jedoch nur auf eine geringe Menge der Droge. Eine Haarprobe ließ vermuten: Der Angeklagte konsumiert regelmäßig Amphetamin, Kokain, MDMA, Cannabis und diverse weitere Stoffe.

    Dennoch besteht der Verdacht des Handeltreibens. Der Angeklagte geriet bei Ermittlungen gegen einen weiteren Dealer, bei dem bei einer Razzia zwei Kilo Speed sichergestellt wurden, erneut ins Visier der Polizei. Der Dealer stellte das Amphetamin wohl selbst her und soll dem Angeklagten mindestens 1,5 Kilo seiner Ware verkauft haben. Hinweise dafür fanden die Beamten auf dem Handy des Dealers, der seinen Hauptwohnsitz mittlerweile in den Niederlanden hat.

    Drogendealer hat Screenshots von verdächtigen Chats auf seinem Handy

    Zwar nutzten die beiden eine App, die die Chatverläufe nach kurzer Zeit automatisch löscht. Der Dealer hatte allerdings Screenshots von den Unterhaltungen auf seinem Handy gespeichert. „Wir vermuten, dass er wegen seiner hochgradigen Kokainsucht vergesslich wurde und sich die Nachrichten deshalb als Gedächtnisstütze abgespeichert hat“, berichtete ein Polizist vor Gericht. „Vom Halben habe ich schon etwas verkauft, vom Ganzen noch nichts“, sei dort etwa zu lesen gewesen sein. Die Beamten gehen davon aus, dass es sich dabei um den kiloweisen Verkauf der Droge gehandelt habe.

    Ein knappes halbes Jahr später durchsuchte die Polizei die Wohnung des Angeklagten also erneut. Diesmal fanden die Beamten zwar 70 Gramm Amphetamin mit einer Wirkstoffmenge von rund 30 Gramm, jedoch erneut keinerlei typische Utensilien, wie eine Waage und Folien oder Verpackungsmaterialien, die auf ein Handeltreiben hindeuten würden. Allerdings berichteten die ermittelnden Polizisten vor Gericht von einem verräterischen Versprecher des Angeklagten am Tag der Hausdurchsuchung, als er auf den Dealer aus den Niederlanden angesprochen wurde: „Den kenne ich, wir haben gemeinsame Kunden...äh, Freunde“, soll der Angeklagte, der schon wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln vorbestraft ist, gesagt haben. Er selbst wollte sich nicht zu den Vorwürfen äußern.

    Richterin Daniela König fasste die Umstände bis dato so zusammen: „Der Anklagepunkt des Handeltreibens steht auf wackeligen Beinen.“ Licht ins Dunkel sollten deshalb auch die Zeugenaussagen der Frau und des Mannes bringen, die im Oktober 2018 von der Polizei kontrolliert wurden. Beide blieben der Verhandlung trotz Ladung jedoch unentschuldigt fern. Deshalb ist die Verhandlung unterbrochen. Das Gericht hat nun einen Fortsetzungstermin mit den Zeugen für Mitte April festgelegt.

    Weiterer Fall aus dem Landkreis Günzburg beschäftigt das Gericht

    Bereits der vierte Anlauf am Amtsgericht gab es in einem anderen Fall. Der Angeklagte, ein 43-Jähriger aus dem südlichen Landkreis, der mittlerweile wegen diverser anderer Straftaten in Haft sitzt, soll 2017 im großen Stil mit Amphetamin gehandelt haben. An den ersten drei Verhandlungsterminen konnte er wegen gesundheitlicher Probleme und eines Haftbefehls nicht teilnehmen. Und diesmal fehlte zu Beginn der wichtigste Zeuge. Darüber zeigte sich Richterin König verärgert und schickte die Polizei auf die Suche nach ihm.

    Der Zeuge ist bereits wegen Drogenhandels zu einer Bewährungsstrafe verurteilt – im Rahmen seines Verhörs hatte er den Angeklagten als Hauptabnehmer genannt. Im Gegenzug war seine Strafe letztlich milder ausgefallen. Mit ihm als Mittelsmann soll der Angeklagte sein illegales Geschäft aufgezogen haben, lautete der Vorwurf der Staatsanwaltschaft. Der dafür bereits verurteilte Zeuge soll im Juni oder Juli 2017 rund ein Kilo Amphetamin zu je ein Euro pro Gramm im Darknet bestellt und dem Angeklagten zu drei Euro je Gramm weiterverkauft haben. Mit reichlich Verspätung und der Begründung, er habe den Termin verwechselt, kam der Zeuge doch noch zur Sitzung. In der Zwischenzeit hatte der Angeklagte seine Sicht der Dinge geschildert, ein Polizist ausgesagt und der Verteidiger die Beweislage scharf kritisiert. Aber der Reihe nach.

    „Ich habe bei dem keine Drogen gekauft“, sagte der Angeklagte. Er habe eine Zeit hinter sich, „wegen der sich andere aufgehängt hätten“, betonte er und nannte unter anderem familiäre Probleme. Das sei auch der Grund dafür, dass seine Haarprobe nach einer Hausdurchsuchung im November 2017 auf einen intensiven Konsum von Amphetamin und einer ganzen Reihe weiterer Stoffe hindeutete. „Ich bin in ein tiefes psychisches Loch gefallen und habe konsumiert“, gab der 43-Jährige zu, der bereits 21 Mal – allerdings nie mit Bezug auf Betäubungsmittel – vorbestraft ist. Die Drogen habe er aber von anderen Dealern bekommen, selbst gehandelt habe er damit nie.

    Amphetamin konsumiert, ja - aber auch gehandelt?

    Hinweise darauf hatte die Polizei tatsächlich keine bei ihm gefunden, berichtete der ermittelnde Beamte vor Gericht. Gegen den Angeklagten sprächen lediglich Chatverläufe mit szenetypischen Codewörtern auf dem Handy des bereits verurteilten Zeugen, sowie dessen Aussage. Vor Gericht verzettelte sich der Zeuge nun in einigen Widersprüchen. Im Kern blieb er jedoch bei seiner ursprünglichen Version.

    Diese kritisierte Verteidiger Harald Müller scharf: Es gebe keinerlei Beweise für die Vorwürfe, betonte er. Die Anschuldigung des Zeugen sei auf einen Deal mit der Staatsanwaltschaft zurückzuführen, um die Strafe zu mildern. Er beantragte deshalb Freispruch. Das sah das Schöffengericht – trotz vieler offener Fragen – allerdings anders. Der 43-Jährige wurde wegen des Erwerbs von Amphetamin zu einer Gesamtstrafe – bestehende Strafen inklusive – von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

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