Startseite
Icon Pfeil nach unten
Krumbach
Icon Pfeil nach unten

Krumbach: Warum die Firma Lingl trotz positiver Zahlen vorläufig insolvent ist

Krumbach

Warum die Firma Lingl trotz positiver Zahlen vorläufig insolvent ist

    • |
    Ein Blick in eine der Lingl-Hallen. Nach einer Insolvenz der Schwesterfirma Lippert steht auch der Krumbacher Traditionsbetrieb auf wackeligen Beinen.
    Ein Blick in eine der Lingl-Hallen. Nach einer Insolvenz der Schwesterfirma Lippert steht auch der Krumbacher Traditionsbetrieb auf wackeligen Beinen. Foto: Lingl Anlagenbau GmbH

    "Die Krumbacher Firma Lingl ist finanziell in sicheren Gewässern", lautete die Überschrift eines Artikels, der vor etwas mehr als einem Jahr in den Mittelschwäbischen Nachrichten und der Günzburger Zeitung erschienen ist. Hubert Schug, Chef (CEO) der oberpfälzischen Schug-Gruppe, die Lingl nach der Insolvenz 2020 übernommen hat, sprach damals von "langfristiger Entwicklung und Wachstum“ in Krumbach. Jetzt ist bekannt: Lingl Anlagenbau musste in dieser Woche erneut einen Insolvenzantrag stellen. Doch das hat nichts mit der Auftragslage in

    Joachim Eibel istGeschäftsführer von Lingl in Krumbach. Auf Nachfrage unserer Redaktion bestätigt er, dass es in der Firma gut gelaufen sei: Das Unternehmen "konnte nach dem Neustart im Jahr 2021 eine sehr positive Entwicklung nehmen und hat sich bei Kunden und Lieferanten wieder sehr gut positionieren können." Dennoch hätte die Geschäftsleitung am Mittwoch, 4. Oktober, einen Insolvenzantrag beim Amtsgericht Neu-Ulm stellen müssen. Der Auslöser ist die Insolvenz der Schwesterfirma Lippert aus Pressath (Oberpfalz). Lippert, Lingl und die Firma Trafö Lagersysteme gehören zur Schug-Gruppe. Mit der Investition in zwei historische, bekannte deutsche Unternehmen baute die Unternehmerfamilie Schug ihr Standbein in der Keramikmaschinenindustrie aus: Eben durch Lippert (spezialisiert auf Maschinen für die Herstellung von Sanitärkeramik), erworben im Jahr 2017, und Lingl, übernommen im Frühjahr 2021. Zuletzt waren bei Lippert rund 400 Mitarbeitende beschäftigt. 

    Schwesterfirma Lippert aus der Oberpfalz hat wirtschaftliche Probleme

    Bereits in den vergangenen Monaten und Wochen hätten sich dort wirtschaftliche Schwierigkeiten angebahnt. So berichtet Oberpfalz Medien etwa, Gespräche mit einer anderen Firma über einen Einstieg oder eine Übernahme von Lippert seien gescheitert. In Pressath geben laut dortigen Medienberichten einige Mitarbeiter Chef Hubert Schug die Schuld am Niedergang des Betriebs. Der dortige IG-Metall-Sekretär Matthias Scherr sagte gegenüber Oberpfalz Medien: "Er allein trägt die Verantwortung für den Zustand der Firma."

    Nach der Lingl-Übernahme durch Schug 2021 (v. li.): Winfried Hein (damaliger Geschäftsführer Lippert und Lingl),  Hubert Schug (Lingl-Inhaber), Alexander Kögel (damaliger Lingl-Geschäftsführer), Christian Plail (früherer Insolvenzverwalter).
    Nach der Lingl-Übernahme durch Schug 2021 (v. li.): Winfried Hein (damaliger Geschäftsführer Lippert und Lingl), Hubert Schug (Lingl-Inhaber), Alexander Kögel (damaliger Lingl-Geschäftsführer), Christian Plail (früherer Insolvenzverwalter). Foto: Peter Bauer (Archivbild)

    Doch die Frage bleibt: Warum muss Krumbach mitziehen, wenn es dem Schwesterunternehmen schlecht geht? Wie Eibel erklärt, stehen die gemeinsamen Kredit- und Avallinien (auch Bürgschaftslinien genannt) nicht mehr zur Verfügung. Weiter teilt er mit: "Die sehr aussichtsreichen Bemühungen um eine eigene Unternehmensfinanzierung wurden am 4. Oktober 2023 erfolglos beendet." Zum vorläufigen Insolvenzverwalter sei Rechtsanwalt Joachim Exner aus Nürnberg bestellt worden. Er ist laut eigenen Angaben auf die "Bewältigung komplexer Insolvenzverfahren mit dem Ziel des Unternehmens- und Arbeitsplatzerhalts" spezialisiert, zu seinen prominenten Verfahren zählen unter anderem die Eisenmann-Gruppe oder die Fernsehhersteller Loewe und Metz.

    Lingl schulterte mit rund 220 Mitarbeitern den Neustart in Krumbach

    Für Lingl sind die Insolvenz der Schwesterfirma und die Folgen für Krumbach ein Schlag ins Gesicht. Eibel schreibt in seiner Stellungnahme: "Lingl hat mit seinen circa 200 Mitarbeitern und rund 20 Auszubildenden in einer Kraftanstrengung nicht nur den Unternehmensneustart, sondern zusätzlich noch die bekannten, durch Corona und Ukraine-Krieg verursachten Probleme erfolgreich geschultert." In diesem Geschäftsjahr werde die Firma ihr Ziel "von rund 52 Millionen Euro Leistung, verbunden mit einem deutlich positiven Ergebnis, erreichen". Seit dem ersten Geschäftsjahr bis heute sei Lingl verlustfrei. 

    Die gute Nachricht für Krumbach: "Der Geschäftsbetrieb wird fortgeführt. Der aktuelle Auftragsbestand reicht bis weit in das Jahr 2024." Und weiter teilt Eibel mit: "Die vor zwei Jahren durchgeführte Restrukturierung hat sich als erfolgreich herausgestellt. Das Unternehmen ist rentabel. Das Team ist schlagkräftig und erfolgreich." Lingl stehe für "komplexe, präzise, verlässliche Anlagen mit optimalem Workflow". 

    Doch wie kann der "Workflow", also der Arbeitsablauf, für die rund 220 Angestellten weitergehen? Seit der Bekanntgabe der Insolvenz am Mittwoch in Krumbach laufen Gespräche auch mit der Gewerkschaft IG Metall am Krumbacher Standort. Bis Redaktionsschluss am Freitag gab es noch keine Information, wie die Konsequenzen des Insolvenzantrags für die Belegschaft genau aussehen. 

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden