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Krumbach: 70 Jahre im Alpenverein: Krumbacher erzählen von ihren Abenteuern

Gerd Wiedemann (links) und Ernst Romeser vor dem Gipfelanstieg zum Mont Blanc. Romeser ist einer derer, die auf der Generalversammlung der Krumbacher Ortsgruppe für 70 Jahre Mitgliedschaft geehrt werden.
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70 Jahre im Alpenverein: Krumbacher erzählen von ihren Abenteuern

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    In ihren ersten Vereinspässen steht die Jahreszahl 1952. Dies besagt, dass die „Bürgermeistermutter“ Malchen Fischer, der spätere Polizeibeamte Hans Rieß und der Besteckgraveur Ernst Romeser seit 70 Jahren Mitglied der Sektion Krumbach im Deutschen Alpenverein sind, die in diesem Jahr ihr 100-jähriges Bestehen feiert. Die drei Vereinsmitglieder werden deshalb im Rahmen der Hauptversammlung am 2. April eine nicht alltägliche Ehrung erfahren. Bereits als Kinder waren sie mit ihren Eltern unterwegs, reiften zu echten Bergfreunden und blieben ihrem Hobby soweit möglich bis heute treu. Auf ihren Touren erlebten sie Natur pur, Sonnenschein und Schneesturm, heikle Situationen an und im Fels, unvergessliche Gipfelerlebnisse, aber auch tragische Ereignisse fehlen nicht. In Gesprächen mit der Redaktion wussten sie darüber einiges zu erzählen.

    Ernst Romeser: Eigentlich wäre Ernst Romeser schon im vergangenen Jahr „reif“ für die Ehrung als 70-jähriges Vereinsmitglied gewesen. Ein Freund ließ ihn nach dem Ende der Klettersaison 1951 jedoch wissen: „Sei doch nicht so blöd, dann musst du noch den ganzen Jahresbeitrag bezahlen. Trete erst nächstes Jahr dem Alpenverein bei, dann kannst du einiges sparen.“ Gesagt, getan: Sein Mitgliedsausweis trägt das Datum 2. Januar 1952.

    Verdiente Brotzeitpause: Ernst Romeser bei einer Wanderung in den Allgäuer Bergen.
    Verdiente Brotzeitpause: Ernst Romeser bei einer Wanderung in den Allgäuer Bergen. Foto: Sammlung Romeser

    Der angehende Besteckgraveur bei der Firma Reiner war vorher schon mehrfach mit Kameraden unterwegs und erinnert sich noch gut an seine ersten Klettertouren in der Alb nahe Blaubeuren sowie an Gimpel und Rote Flüh im Tannheimer Tal. Richtig los ging es aber erst im Frühsommer 1952 mit einer viertägigen Bergtour von Garmisch durch das Höllental auf die Zugspitze und weiter durch das Wettersteingebirge zur Alpspitze. Nur am Rande erwähnt Ernst Romeser heute lachend, dass er mit seinen Kumpeln Hans Rieß und Michael Zimmermann mit dem Fahrrad von Krumbach nach

    Ernst Romeser auf der Wildspitze 1959.
    Ernst Romeser auf der Wildspitze 1959. Foto: Sammlung Romeser

    Es bildeten sich richtige Teams in der Krumbacher Sektion, die fast wöchentlich mit bescheidenster Ausrüstung und Verpflegung, dafür aber viel Begeisterung und Mut ihrem Hobby frönten. Im Juli 1963 sollte dann der Höhepunkt ihrer „Karriere“ folgen: Mit Fiat und Goggo erreichte das Quartett Hans Demmeler, Xaver Miller, Ernst Romeser und Gerd Wiedemann am ersten Tag Chamonix. Ihr Ziel: Der Mont Blanc, mit 4807 Metern Höhe das Dach der Alpen. Das Wetter spielte mit und die Tour wurde zum großartigen Erlebnis, auch wenn sie nicht allein auf dem Gipfel standen.

    Ernst Romeser auf der Dreitorspitze im Wettersteingebirge 1955.
    Ernst Romeser auf der Dreitorspitze im Wettersteingebirge 1955. Foto: Sammlung Romeser

    Dass es auch anders sein kann, erlebte Romeser im Sommer 1956 im Wilden Kaiser. Mit einem Kameraden bestieg er das „Elmauer Tor“. Beim Abstieg kam ihnen ein Heilbronner Ärztehepaar mit seiner sechsjährigen Tochter entgegen. Auf der Hütte erfuhren die Beiden, dass „oben“ etwas passiert sei. Sofort stiegen sie erneut hoch. Von der alarmierten Bergwacht erfuhren sie Näheres. Romeser erinnerte sich an eine von oben nicht einsehbare Felsschlucht. Er stieg rund 50 Meter ab, fand einen Zugang und sah das Mädchen liegen. Lediglich mit einer größeren Kopfwunde barg er sie und doch starb sie in seinen Armen, bevor er sie Notarzt und Bergwacht übergeben konnte.

    Hans Rieß: In seinem vier Jahre älteren Bruder Anton hatte Hans Rieß den besten Lehrmeister. Sie wurden zu einem fast unzertrennlichen Paar, wenn es um das Klettern zuerst in den Felstürmen der Schwäbischen Alb und später um Touren bis zum fünften Schwierigkeitsgrad im nahen Allgäu ging. Die Trettachspitze nahe Oberstdorf war nur einer der Gipfel, der in Erinnerung bleibt. Mit den Aletshausern Sepp Rampp und Max Steinbach waren die Brüder unterwegs, trafen zwei weitere Seilschaften, verspäteten sich dadurch in der Wand und kamen erst nachts nach Krumbach zurück. Für einige Angehörige jedoch zu spät: Sie hatten bereits die Bergwacht alarmiert, deren Einsatz jedoch wenig später abgeblasen wurde.

    Auf der Trettachspitze: Hans (rechts) mit seinem Bruder Anton Rieß.
    Auf der Trettachspitze: Hans (rechts) mit seinem Bruder Anton Rieß. Foto: Sammlung Rieß

    Gut ausgegangen ist auch ein Zehn-Meter-Sturz von Ernst Romeser am sogenannten Achtaler Überhang nahe Blaubeuren. Er landete unten auf einem unmittelbar neben dem Fels befindlichen steilen Grashang, rutschte auf diesem weiter talwärts, blieb aber glücklicherweise unverletzt. Hans Rieß registrierte dies sichtlich erleichtert. Nicht mehr brauchbar war allerdings Romesers Tabakspfeife, die sich in dessen Hosentasche befand.

    Eine Tour zum Großglockner ist Hans Rieß noch gut in Erinnerung

    Noch gut ist ihm auch die Tour auf den Großglockner, Österreichs höchsten Berg, in Erinnerung. Sie erreichten zwar den Gipfel, jedoch bei stark bewölktem Himmel und nahmen deshalb wenig später den Abstieg in Angriff. Noch im Gletscherbereich trafen sie einen einsamen, sichtlich überforderten Bergsteiger, der buchstäblich am Ende war. Hans Rieß heute: „Wir gaben ihm zu trinken und zu essen und begleiteten ihn dann bis ins Tal.“ Ob er ohne ihre Hilfe überlebt hätte, bezweifelt er.

    Die Ausbildung zum Kletterer übernahmen die Rieß-Brüder selbst. Dies in erster Linie bei Touren an Ortler und Königsspitze (Südtirol) sowie in der Allgäuer oder Lechtaler Bergwelt, da diese mit dem Kleinwagen rasch erreichbar war. Ihr Können sprach sich herum und so kamen die beiden mit dem Oberstdorfer Bergführer Anderl Heckmair, dem Erstbesteiger der berühmt-berüchtigten Eiger-Nordwand, in Kontakt. Er lud sie zu zwei sechswöchigen Kletterlehrgängen ein, in denen sie manch neuen Tipp erlernten und die Voraussetzung erhielten, im Wilden Kaiser, den Dolomiten sowie

    Noch gut erinnert sich der damals beruflich als Polizeibeamter tätige an einen langen Klettertag, der abends im Zelt endete. „Hundemüde“ schliefen sie beide rasch ein, hörten weder den aufkommenden Regen noch den Sturm und erwachten am anderen Morgen bei Sonnenschein im Freien. Ihr Zelt fanden sie etwa 30 Meter entfernt völlig zerstört auf der Almwiese.

    Malchen Fischer: Schon ihr Vater war in den Dreißigerjahren ein Bergfreund par excellence. Die Mutter dagegen wollte davon nichts wissen. Für Amalie (besser bekannt unter „Malchen“) war dies von Vorteil: Der Vater war begeisterter Bergsteiger und suchte eine „Partnerin“. Er fand sie in seiner Tochter. Schon als Kind erlebte sie die Schönheit der Alpen und erfreute sich in der Jugendzeit an der Natur. Der Altersunterschied spielte in dieser Seilschaft keine Rolle. Noch heute ist für sie die Besteigung der Zugspitze mit Übernachtung im Münchner Haus in guter Erinnerung.

    Dabei sollte es nicht bleiben. Es folgten der Heilbronner Weg südlich Oberstdorf, Gipfel im benachbarten Lechtal und extreme Unternehmen wie die Überschreitung des Watzmanns. Worauf Malchen heute noch immer stolz ist? „Wir haben bei fast jeder Tour Bergfreunde getroffen, die sich uns zwei anschlossen und dankbar für das ‚Mitgehen dürfen‘ waren.“

    Die Hochzeit von Malchen mit Friedrich Fischer brachte dann eine Wende. Einmal legte der Vater wegen seines Alters Seil und Haken auf die Seite und zum anderen waren es die Kinder Hubert, Ernst und Monika, die eigene Wünsche hatten. Über eines ist die Mutter besonders dankbar: „Mein Mann und bald auch alle drei Kinder entwickelten sich zu Bergfreunden. Die ganze Familie wurde Mitglied bei der Sektion und auf fast jeder Vereinstour war von uns jemand dabei.“

    Malchen Fischer mit den Söhnen Ernst (links) und Hubert sowie Walter Samesch.
    Malchen Fischer mit den Söhnen Ernst (links) und Hubert sowie Walter Samesch. Foto: Sammlung Fischer

    Weniger wurden die familiären Busausflüge, die der damalige Vorsitzende Walter Samesch stets mit Leidenschaft organisierte, als Kleinbusse und Privatautos zum Einsatz kamen. Malchen Fischer: „Bei den fünf drei- und viertägigen Fahrten der Sektion an Pfingsten und während der Saison beteiligten sich oft 50 Bergfreunde. Das war schon toll“.

    Toll war für sie aber auch das Jahr 1981: Walter Samesch gründete den Alpenvereinschor, der gleich zu Beginn auf großes Interesse stieß. 36 Aktive waren es bei den ersten Proben, jedoch vorerst noch ohne wirklichen Dirigenten. Malchen Fischer befand sich auch unter ihnen und begleitete die Proben auf ihrer Gitarre oder dem Klavier im Saal des Gasthofs Ringler.

    Rücktritt und Neubeginn bei der Singgruppe der Krumbacher Alpenvereinssektion im Jahr 2015: Malchen Fischer gab nach 34-jähriger Tätigkeit an der Spitze die Leitung in jüngere Hände.
    Rücktritt und Neubeginn bei der Singgruppe der Krumbacher Alpenvereinssektion im Jahr 2015: Malchen Fischer gab nach 34-jähriger Tätigkeit an der Spitze die Leitung in jüngere Hände. Foto: Strobel

    Das Fazit daraus war, sie selbst solle doch die Aufgabe übernehmen. Sie blieb es 33 Jahre. Ihre drei Kinder besorgten viele Jahre zusammen mit Christine Biberacher in der „Stubenmusik Fischer“ die musikalische Umrahmung und dies bei einer Vielzahl von Veranstaltungen, Fahrten und Bergmessen. Ihr Resümee: „Es war eine wunderschöne Zeit. Meinen Einsatz für den Chor habe ich noch nie bereut."

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