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Krumbach: Mariä Himmelfahrt: Ein Fest der Kräuterbuschen und Lichterprozessionen

Der Blumenteppich (im Bild aus dem Jahr 2018) ist an Mariä Himmelfahrt eine besondere Attraktion in Maria Vesperbild.
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Mariä Himmelfahrt: Ein Fest der Kräuterbuschen und Lichterprozessionen

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    Seit wann feiern die Christen Mariä Himmelfahrt?
    PFARRER ANDREAS DEMEL: In den Ostkirchen wurde ab dem 5. Jahrhundert das Fest der Entschlafung Mariens gefeiert. Im Zuge der Christianisierung Europas wurde es auf den 15. August festgelegt, an dem bislang der römische Kaiser Augustus seine Triumphe gefeiert hat. Mariä Himmelfahrt ist zugleich das älteste bekannte Marienfest. In Deutschland wurde das Fest Mariä Himmelfahrt zum ersten Mal 813 begangen. 

    Pfarrer Andreas Demel stammt aus Krumbach.
    Pfarrer Andreas Demel stammt aus Krumbach. Foto: Ralf Lienert (Archivbild)

    Es ist vielerorts Brauch, an diesem Tag Kräuter segnen zu lassen. Was haben Kräuter mit diesem Fest zu tun?
    ANDREAS DEMEL: In der Bibel finden wir nichts über den Tod Mariens. Nur in der Offenbarung des Johannes wird eine Version beschrieben, die traditionell auf Maria hingedeutet wird: „Dann erschien ein großes Zeichen am Himmel: Eine Frau, mit der Sonne bekleidet; der Mond unter ihren Füßen und ein Kranz von zwölf Sternen auf ihrem Haupt.“ Erst in nachbiblischen Schriften wird berichtet, dass Maria leibhaftig in den Himmel aufgenommen wurde, da sie ein sündenfreies Leben geführt hat. Eine Legende besagt, dass bei der Öffnung ihres Grabes, sich anstelle ihres Leichnams darin Blumen und wohlriechende Kräuter befunden haben sollen. Diese stehen sinnbildlich für das Heil des Menschen, das ihm durch die Auferstehung zuteilwird. Um den 15. August herum steht die Natur in spätsommerlicher Blüte, sodass es nahe lag, wohlriechende Kräuter zu sammeln, zu binden und in die Kirche mitzubringen und segnen zu lassen. Besonders stark ist dieses Ritual bei der Landbevölkerung verwurzelt.

    Was in den Kräuterbuschen kommt, hängt von der Region ab. Sieben verschiedene Kräuter sollten es auf alle Fälle sein.
    Was in den Kräuterbuschen kommt, hängt von der Region ab. Sieben verschiedene Kräuter sollten es auf alle Fälle sein. Foto: Gerhard Heinisch

    Was kommt alles in den Kräuterbuschen hinein?
    ANDREAS DEMEL: Je nachdem, welche einheimischen Kräuter in der Region wachsen, fällt der Kräuterbuschen verschieden groß aus. Bei der Anzahl der Kräuter halten sich die Menschen gerne an eine heilige Zahl, um das Heil der Menschen zu betonen. Mindestens sieben Kräuter sollten es schon sein. Diese Zahl erinnert an die sieben Tage der Woche, also an den Schöpfungsbericht. Zwölf Kräuter sollen an die zwölf Apostel erinnern und 24 an die zwölf Stämme Israels aus dem alten und zwölf Apostel Christi aus dem neuen Testament. So lässt sich die Anzahl der Kräuter beliebig erweitern. Manche binden bis zu 99 verschiedene Kräuter in den Buschen. Den Mittelpunkt bildet meistens eine Königskerze oder in manchen Regionen auch ein Rohrkolben. 

    Gerne werden die Kräuter rund um eine Königskerze gebunden.
    Gerne werden die Kräuter rund um eine Königskerze gebunden. Foto: Gerhard Heinisch

    Wo findet man diese Kräuter?
    ANDREAS DEMEL: Wer einen eigenen Garten hat oder einen Balkon, der hat dort bestimmt ein paar Küchenkräuter angebaut. Die restlichen Kräuter kann man an Wald- und Wegesrändern finden. Überall, wo sich die Natur frei entfalten kann, können sich die verschiedenen Kräuter ausbreiten. Man muss nur mit offenen Augen durch die Natur spazieren gehen. Am besten sammelt man am Vortag die verschiedenen Kräuter und bindet sie um die Königskerze, die dabei als Mittelpunkt dient.

    Kräuter, die bei uns in einen Kräuterbuschen gehören: Baldrian, Rainfarn, Salbei, Spitzwegerich, Melisse, Kamille, Schafgarbe, Beifuß, Wermut, Johanniskraut, Königskerze, Eisenkraut, Ringelblume, Getreide, Minze, Rosmarin, Frauenmantel, Arnika, Liebstöckel, Goldrute, Haselnusszweige, Thymian, Majoran, Oregano …
    Kräuter, die bei uns in einen Kräuterbuschen gehören: Baldrian, Rainfarn, Salbei, Spitzwegerich, Melisse, Kamille, Schafgarbe, Beifuß, Wermut, Johanniskraut, Königskerze, Eisenkraut, Ringelblume, Getreide, Minze, Rosmarin, Frauenmantel, Arnika, Liebstöckel, Goldrute, Haselnusszweige, Thymian, Majoran, Oregano … Foto: Gerhard Heinisch

    Gibt es auch andere Bräuche zu diesem Festtag?
    ANDREAS DEMEL: Neben der Weihe der Kräuter finden vor allem im süddeutschen Raum am Abend feierliche Pontifikalämter (Gottesdienst von einem Bischof, Abt oder Prälat gehalten) mit anschließender Lichterprozession statt. Die größte davon ist ganz in unserer Nähe, im Wallfahrtsort Maria Vesperbild. Dort ist dann zu Ehren Mariens ein gewaltiger Blumenteppich aufgebaut, der auch die Tage danach noch besichtigt werden kann. Erwähnenswert ist auch die Fatima-Schiffsprozession in Lindau am Bodensee, bei der jährlich einige Tausend Besucher gezählt werden.

    Auch in Aletshausen gibt es immer wieder prächtige Blumenteppiche in der Lourdes-Grotte (im Bild aus dem Jahr 2019).
    Auch in Aletshausen gibt es immer wieder prächtige Blumenteppiche in der Lourdes-Grotte (im Bild aus dem Jahr 2019). Foto: Georg Duscher (Archivbild)

    Was geschieht nach der Weihe mit den Kräuterbuschen?
    ANDREAS DEMEL: Das ist auch wieder ganz verschieden. In manchen Regionen wird der Kräuterbuschen in den „Herrgottswinkel“ gestellt oder aufgehängt. Oder er wird zum Schutz vor Blitz und Unwetter im Dachboden aufgehängt. Im Allgäu werden die Kräuter unter das Tierfutter gemischt, um das Vieh vor Krankheiten zu schützen.

    Und was geschieht in Krumbach an diesem Tag?
    ANDREAS DEMEL: In der Pfarrgemeinde St. Michael werden in den Tagen vor dem Fest die Kräuter von fleißigen Händen gesammelt und dann gemeinsam kleine Kräuterbuschen gebunden. Diese werden beim Gottesdienst gesegnet, und danach können dann Gottesdienstbesucher, die keinen eigenen gebunden haben, einen davon mitnehmen. Wenn das Wetter mitspielt, wird der Gottesdienst unter freiem Himmel um 10.15 Uhr im Stadtgarten stattfinden. Früher, als ich noch Ministrant war, wurde immer eine große Kräutersäule gebunden, die dann neben dem Altar stand. Übrigens: Eine Woche nach dem Himmelfahrtstag wird das Fest Maria Königin gefeiert, an dem an ihre Krönung im Himmel gedacht wird.

    Zur Person

    Andreas Demel wurde 1974 in Krumbach geboren und ist hier aufgewachsen. Nach dem Studium in München erfolgten Priesterweihe und Primiz im Jahr 2009, seit 2013 ist er Pfarrer im Oberallgäu, seit 2019 allerdings krankheitsbedingt in Krumbach. 

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