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Krumbach: Krumbacher Erwin Vollerthun lebt für die deutsch-polnische Versöhnung

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Krumbacher Erwin Vollerthun lebt für die deutsch-polnische Versöhnung

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    Im ehemaligen Ostpreußen, der Heimat seiner Eltern, kennt Erwin Vollertun sich gut aus. Für seine vielfältigen Aktivitäten zur deutsch-polnischen Völkerverständigung erhielt er zahlreiche Auszeichnungen.
    Im ehemaligen Ostpreußen, der Heimat seiner Eltern, kennt Erwin Vollertun sich gut aus. Für seine vielfältigen Aktivitäten zur deutsch-polnischen Völkerverständigung erhielt er zahlreiche Auszeichnungen. Foto: Dr. Heinrich Lindemayr

    Die Adventszeit fordert Erwin Vollerthun in besonderer Weise: Jahr für Jahr versendet er rund 280 Briefe zum Weihnachtsfest, Friedensbotschaften in einem doppelten Sinn. Es ist die gute Nachricht von der Geburt des Erlösers und Friedensstifters, von der seine Weihnachtspost kündet. Seine Briefe enthalten aber zugleich Berichte darüber, was er im zur Neige gehenden Jahr für die Völkerverständigung zwischen Polen und Deutschland geleistet hat. Für ihn ist das über viele Jahre hinweg zu einer Art Lebensaufgabe geworden.

    Mehrfach im Jahr, wenn er im Dienst einer seiner zahlreichen Funktionen zur Pflege der deutsch-polnischen Beziehungen unterwegs ist, versendet er rund 100 Postkarten. Er schickt sie überwiegend an ältere Mitbürger, die er im Zusammenhang mit seinen ehrenamtlichen Tätigkeiten kennengelernt hat. Man könne kaum hoch genug ansetzen, was so eine Postkarte für alte Menschen bedeute, die ihre letzten Jahre oft vereinsamt verbringen und dankbar seien für Erinnerungen an ihre verloren gegangene Heimat, erklärt Erwin Vollerthun im Gespräch mit unserer Zeitung.

    Eine jede von diesen Postkarten sei der Versuch, ein wenig von dem wiedergutzumachen, was eine verbrecherische Politik, was Krieg und Vertreibung diesen Menschen angetan haben. Jede dieser Postkarten legt aber auch Zeugnis davon ab, wie sehr die ehrenamtlichen Tätigkeiten zur Pflege der deutsch-polnischen Beziehungen für Erwin Vollerthun zu einer Herzensangelegenheit geworden ist. All das habe für ihn seit vielen Jahren höchste Priorität in seinem Leben, sagt Erwin Vollerthun.

    Vollerthuns Eltern stammen aus dem ehemaligen Ostpreußen

    Geboren wurde er 1954 in Krumbach, beide Eltern stammten aus dem ehemaligen Ostpreußen. Schon als Jugendlicher ist er dabei, wenn Heimatvertriebene aus Maibaum, dem in der Nähe von Elbing gelegenen Geburtsort seines Vaters, sich treffen. Er reist 1985 erstmals in die ehemalige Heimat der Eltern, lernt Land und Leute kennen, knüpft zahlreiche Kontakte, schließt Freundschaften. Immer mehr Aufgaben werden im Lauf der Jahre an ihn herangetragen, um die Aktivitäten der aus West- und Ostpreußen Vertriebenen weiterzuführen. Erwin Vollerthun stellt sich diesen Aufgaben. Er engagiert sich in einem ganz außergewöhnlichen Maß, führt mehrere Ortsgemeinschaften, hält Reden zur Völkerverständigung, unterstützt den Schüleraustausch, sammelt Spendengelder, um die Not in der Heimat seiner Vorfahren zu lindern. Für ihn steht bei all den Aktivitäten das Zwischenmenschliche im Vordergrund. Er zählt zu den Menschen, denen andere Menschen ihr Vertrauen schenken.

    Eine fremde Person vertraute ihm eine Spende in Höhe von 1000 Euro an

    Als es ihm zum ersten Mal passierte, dass ihm eine wildfremde Person ohne jede Absicherung eine 1000-Euro-Spende anvertraute, sei er sehr gerührt gewesen, berichtet Erwin Vollerthun. Dabei ist unbedingtes Vertrauen von unschätzbarem Wert, wenn es darum geht, neue Brücken zwischen einst verfeindeten Nationen aufzubauen. In der Heimat seiner Vorfahren kann er Ängste, Vorbehalte und Vorurteile abbauen, dort erfährt er seit vielen Jahren größte Wertschätzung. Er darf bei der 700-Jahr-Feier der Gemeinde Maibaum den Gedenkstein enthüllen. Er kommt mehrfach auf die Titelseite polnischer Tageszeitungen. Er bekommt jährlich eine Audienz beim Bischof von Elbing, das heute Elblag heißt. Die Stiftung Elbing ehrt ihn 2006 mit der Kristallherzstatue und 2015 mit dem Preis "Philanthrop des Jahres". Auch in Westeuropa wird man auf die fruchtbare Arbeit des Krumbachers aufmerksam. Er war 2004 für den Marion-Dönhoff-Preis nominiert, bekam den "Europäischen Bürgerpreis 2016" und 2018 die Auszeichnung "Brückenbauer", verliehen von der SPD-Fraktion im Bayerischen Landtag.

    Gedenksteinenthüllung anlässlich der 700-Jahr-Feier der Gemeinde Maibaum durch Jaroslaw Narnicki (links) und Erwin Vollerthun (rechts).
    Gedenksteinenthüllung anlässlich der 700-Jahr-Feier der Gemeinde Maibaum durch Jaroslaw Narnicki (links) und Erwin Vollerthun (rechts). Foto: Sammlung Vollerthun

    Viel hat sich verändert, seit Erwin Vollerthun 1985 erstmals in die Heimat seiner Vorfahren reiste. Die wirtschaftlichen Verhältnisse seien damals sehr prekär gewesen, erzählt er. Das Hotel, in dem er wohnte, ließ all das vermissen, was seinerzeit in der westlichen Gastronomie längst Standard war. Beim Thema Komfort, Service und Hygiene musste man die Ansprüche massiv zurückstellen. Schlimmer noch sei damals das unsichere politische Terrain gewesen. Das Thema Vertreibung galt als absolutes Tabuthema im Polen der 80er Jahre des vorigen Jahrhunderts. Mit der Wende, dem Fall des Eisernen Vorhangs, verbesserte sich die wirtschaftliche Lage in Osteuropa entschieden.

    Deutsch-polnisches Verhältnis: Miteinander statt Nationaldenken

    Vor allem aber sprechen beide Seiten, Polen und Deutsche, nun offen über die Fehler der Vergangenheit. Es entwickelte sich ein Miteinander, anstelle von Nationaldenken, Schuldzuweisung und Gebietsansprüchen geht es heute um eine gemeinsame Zukunft in Europa. Mit Genugtuung stellt Erwin Vollerthun fest, dass die von ihm vertretenen Organisationen schon früh den Weg für diesen Prozess der Annäherung, der Anerkennung und Verständigung eingeschlagen hätten. So manche Landsmannschaft von Vertriebenen habe dafür deutlich länger gebraucht.

    Erwin Vollerthun aus Krumbach mit seiner aus Polen stammenden Frau Malgorzata im Jahr 2009.
    Erwin Vollerthun aus Krumbach mit seiner aus Polen stammenden Frau Malgorzata im Jahr 2009. Foto: Monika Leopold-Miller

    Bedürfte es eines Beweises, welch herausragende Rolle die deutsch-polnischen Beziehungen im Leben Erwin Vollerthuns spielen, er wäre leicht zu erbringen. Bei einer seiner Fahrten in die Heimat seiner Eltern lernte er 1989 seine spätere Ehefrau Malgorzata kennen. Die beiden heirateten ein Jahr später. Malgorzata zog nach Krumbach, eignete sich erstaunlich rasch und gut die deutsche Sprache an.

    Tochter Sonja wuchs in Krumbach zweisprachig auf und konnte ihre Sprachkenntnisse bei den vielen Reisen der Familie nach Elblag und Umgebung anwenden. Übrigens fand die Trauung der Vollerthuns in der St.-Nikolai-Kirche in Elblag statt, zweisprachig natürlich. Die Trauung nahm Pfarrer Marek vor, mit dem Erwin Vollerthun in Krumbach Freundschaft geschlossen hatte, als der polnische Geistliche eine Sommerurlaubsvertretung wahrnahm.

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