Vor 132 Jahren im Oktober 1892, nahm die Mittelschwabenbahn auf dem Streckenabschnitt von Günzburg nach Krumbach ihren Betrieb auf. Eigentlich kein besonderes Jubiläum. Doch der Krumbacher Manfred Pfeiffer, auch Mitglied des Stadtrates, stellte unserer Zeitung als leidenschaftlicher Sammler alter Fotos und Postkarten aus der Region Krumbach interessante Bilder über die Entwicklung dieser Bahnlinie zur Verfügung. Dies gab der Redaktion den Anlass, in verschiedenen Archiven in der Geschichte des Zugverkehrs auf diesem Streckenabschnitt zwischen Günzburg und Mindelheim zu stöbern, ohne Anspruch auf Vollständigkeit.
Um die Erfordernisse und den Verlauf einer Bahnlinie von Günzburg nach Krumbach wurde Jahre vor der offiziellen Einweihung hart gerungen. Die Fürsprecher der mittelschwäbischen „Nord-Südbahn“ gaben trotz Rückschlägen nicht auf. Als eifriger Verfechter dieser Bestrebung galt der mittelschwäbische Landtagsabgeordnete Franz August Schenk Freiherr von Stauffenberg (geb. 1834, gestorben 1901). Er begründete seine Ausführungen vor dem Bayerischen Landtag im Jahr 1869 fast ausschließlich mit der wirtschaftlichen Bedeutung Krumbachs. Er hob das Bestehen einer Weberei mit 500 Webstühlen hervor und sprach von 20 Botenfahrzeugen, die den Geschäftsverkehr von Krumbach nach Hürben besorgen.
Der Schweinehandel in Krumbach war einst einzigartig.
Unter dem Gelächter seiner Parlamentskollegen stellte er den einzigartigen Krumbacher Schweinehandel heraus. Der Landtag lehnte jedoch den Stauffenbergschen Antrag ab. Anfang 1886 starteten die Bürgermeister aus Günzburg, Ichenhausen, Krumbach und Hürben einen neuen Versuch. Noch einmal legten sie alle bisherigen vergeblichen Mühen dar, unterstrichen die große wirtschaftliche Bedeutung und baten, „... uns endlich von der bei uns nun mehr als ein viertel Jahrhundert bestehenden, allseitig gefühlten Eisenbahn-Calamität zu erlösen ....“. Doch die Streckenführung „Günzburg-Ichenhausen-Krumbach“ gefiel vor allem der Augsburger Geschäftswelt wie auch den Thannhausern und Ziemetshausern nicht. Letztendlich waren die technischen Schwierigkeiten bei einer Trassierung über Thannhausen, das höhere Güterverkehrsaufkommen und der große Einfluss der jüdischen Geschäftswelt in Ichenhausen ausschlaggebend.
Krumbach war ab Herbst 1892 „mit der Welt durch Schienenstrang verbunden“.
Aus diesem Grund wurde die Bahnlinie früher häufig auch als „Judarutsch“ bezeichnet. Der Bau der Strecke, zunächst von Günzburg bis Krumbach, wurde im April 1888 genehmigt, obwohl Bedenken bestanden, wie die Höhe zwischen Günz- und Kammeltal überwunden werden sollte. Hätten sich seinerzeit Stoffenried, Unterwiesenbach und Wattenweiler zu einem höheren Zuschuss bereit erklärt, wäre wohl die Bahnstation Ellzee in der Nähe der Riedmühle errichtet worden. Ende 1891 begannen die Gleisbauarbeiten. Bereits einige Monate später, Ende Mai 1892, trafen in Ichenhausen für zwei jüdische Viehhändler die ersten beiden Wagenladungen Schweizer Nutzvieh ein. Im Juli desselben Jahres hatte der Bahnbau Krumbach erreicht. Die offizielle Eröffnungsfahrt mit geladenen Gästen fand am 29. September, also zwei Tage vor der regulären Inbetriebnahme, statt. In Hirschfelden erklangen Böllerschüsse, in Neuburg spielte die Musik auf und die Musikkapelle Krumbach unterhielt im Zug. In Günzburg war große Verbrüderung und viele Ehrengäste aus der Donaustadt fuhren mit nach Krumbach zurück.: „Am 1. Oktober 1892 sind wir mit der Welt durch Schienenstrang verbunden und der Name unserer Station ist von da ab in allen Fahrtenplänen des europäischen Festlandes verbunden“, verkündete Krumbachs Bürgermeister Ferdinand Reiß stolz.
Das Teilstück von Krumbach nach Pfaffenhausen wurde 1910 eröffnet, bereits ein Jahr zuvor ging der Bahnverkehr von Mindelheim nach Pfaffenhausen in Betrieb. Doch die Strecke von Günzburg nach Krumbach hatte ihre Tücken. Der sogenannte „Behlinger Berg“ hatte es in sich. So hieß es, dass die Steigung aus dem Günztal nach Ellzee herauf kaum Schwierigkeiten bereitete, aber die Situation umgekehrt sehr kritisch war. Lok wie Mannschaft waren gefordert. Viele Male konnte die 1:40-Steigung nicht auf Anhieb genommen werden. Oft musste man Zugteile abhängen oder man fuhr rückwärts hinunter und versuchte sein Glück in einem zweiten Anlauf. Nässe, Raureif oder feuchtes Laub waren neben schlecht arbeitenden Lokomotiven oft die Ursachen für das „Hängenbleiben“. Der ursprüngliche Haltepunkt Behlingen wie auch der Halteplatz Langenhaslach wurde wegen schlechter Frequentierung wieder aufgegeben.
Mehrfach war die Bahnstrecke von der Stilllegung bedroht, was aber immer wieder abgewendet werden konnte. 1981 wurde der Bahnhof in Neuburg abgerissen, ebenso der direkt am Wald gelegene Bahnhof in Ellzee. Interessant ist ebenfalls, dass im Jahr 1962 in Krumbach 17.000 Güterwagen mit 2000 Güterzügen abgefertigt wurden. Wichtigste ankommende Güter waren Filz, Sisal und Jute für die Firma Faist, Kohle, Maschinenteile und Eisen, Getreide und landwirtschaftliche Geräte für die Baywa sowie Wein für die Kellerei Einsle. Die heimische Industrie führte hauptsächlich Filzprodukte und Bitumen sowie Holz aus.
Die Bahn stellte den Güterverkehr in der zweiten Hälfte der 90-er Jahre nach und nach ein. 1963 wurden 49.473 Fahrkarten am Schalter Krumbach und 65.345 im Zug gelöst, wobei die 750 Schüler- und Pendler-Monatskarten und 730 Wochenkarten nicht berücksichtigt sind. Die Zeit der Dampflok auf der Strecke endete im Herbst 1961, sie wurde durch eine Diesellokomotive ersetzt. Aktuell ist es dem Verein Regio-S-Bahn Donau-Iller ein wichtiges Anliegen, das Verkehrsangebot im Schienenpersonennahverkehr (SPNV) im gesamten Kooperationsraum weiterzuentwickeln und auszubauen. Als Teil eines Zukunftskonzepts für die Mittelschwabenbahn soll in den 2030-er Jahren die Antriebstechnik der Triebwagen von Diesel- auf einen emissionsfreien Akkuhybridantrieb umgestellt werden, verbunden mit weiteren Fahrplanverbesserungen und einer besseren Verknüpfung in den Knoten Günzburg und Mindelheim.
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