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Krumbach/Fürstenfeldbruck: Ein Brückenschlag zwischen Krumbach, Fürstenfeldbruck und Buenos Aires

Krumbach/Fürstenfeldbruck

Ein Brückenschlag zwischen Krumbach, Fürstenfeldbruck und Buenos Aires

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    Die Schwestern Hedwig (1865 bis 1918) (rechts) und Franziska Lachmann (1874 bis 1947). Das Foto entstand um 1900 in Krumbach-Hürben.
    Die Schwestern Hedwig (1865 bis 1918) (rechts) und Franziska Lachmann (1874 bis 1947). Das Foto entstand um 1900 in Krumbach-Hürben. Foto: Sammlung Agatha Sieben Berlin

    Zwischen Krumbach und Buenos Aires: Allein diese Stichworte deuten den windungsreichen Lebensweg von Franziska Lachmann (1874 bis 1947) an. Wer war diese hochgebildete, faszinierende und gleichermaßen bis heute rätselhafte Frau? Anna Schorer, eine Schülerin aus Fürstenfeldbruck, hat sich auf Spurensuche begeben und dabei eine bemerkenswerte Arbeit verfasst. 

    Anna Schorer ist Schülerin der FOS in Fürstenfeldbruck und besucht die 13. Klasse. Das Schulseminar „Deutschsprachige Künstler*innen im Exil, der Vertreibung und Emigration am Río de la Plata ab 1933“, welches von ihrem Lehrer Fedor Pellmann betreut wurde, motivierte sie, ihre Abschlussarbeit über die Krumbacher Autorin Franziska Lachmann zu verfassen.

    Anna Schorer aus Fürstenfeldbruck hat sich intensiv mit dem Leben von Franziska Lachmann (1874 bis 1947) zwischen Krumbach und Buenos Aires beschäftigt.
    Anna Schorer aus Fürstenfeldbruck hat sich intensiv mit dem Leben von Franziska Lachmann (1874 bis 1947) zwischen Krumbach und Buenos Aires beschäftigt. Foto: Sammlung Schorer

    Dabei rekonstruierte die Schülerin den gesamten Lebensweg der Schriftstellerin: Von ihrer Geburt 1874, ihrer Kindheit in Krumbach und Umgebung mit streng jüdischer Erziehung, über ihre Ehe mit Adolf Otto bis hin zu ihrer Flucht ins Exil 1935 nach der Machtübernahme der Nazis. Franziska Lachmann lebte danach sowohl in Frankreich als auch in den USA und Argentinien (Buenos Aires, dort bis zu ihrem Tod 1947). 

    Über Franziska Lachmann gibt es nur wenige Informationen

    Da offensichtlich nur wenig über Franziska Lachmann bekannt ist, wurde Anna Schorer im Internet, in Büchern oder Archiven bei ihrer Informationssuche kaum fündig. Franziska wurde dort nur in Verbindung mit ihrer weitaus bekannteren Schwester Hedwig Lachmann und ihrem Ehemann knapp erwähnt. "Anfangs war ich sehr enttäuscht", berichtet Anna Schorer.

    Doch so schnell wollte Anna nicht aufgeben. Um die nötigen Informationen zu erhalten, trat sie nicht nur mit der in Berlin lebenden Enkelin der Autorin, Veronika Schmidtke-Sieben, sondern auch mit ihrem Neffen aus den USA in Kontakt. Auch der Heimatverein Krumbach, der sich schon lange für die Geschichte von Franziska Lachmann interessiert, war ihr bei der Informationssuche eine große Stütze.

    Ziel der Arbeit war es, zur Rekonstruktion des Lebenswegs von Franziska Lachmann beizutragen, einen Einblick in ihr lyrisches Schaffen durch das Beispielgedicht „Im Exil“ zu vermitteln und zur Erinnerungskultur individueller Schicksale beizutragen. In einem Interview erzählt Anna stolz: „Ich habe das Gefühl, dass meine Arbeit einen kleinen Wert für die Gesellschaft hat, und genau das war mein Ziel.“

    Mit dem von den SKG-Schülern erarbeiteten Stammbaum lässt sich die verzweigte Familie Lachmann leichter überblicken. Die beiden Schwestern Hedwig und Franziska Lachmann stehen im Mittelpunkt eines Gemeinschaftsprojektes in Krumbach.
    Mit dem von den SKG-Schülern erarbeiteten Stammbaum lässt sich die verzweigte Familie Lachmann leichter überblicken. Die beiden Schwestern Hedwig und Franziska Lachmann stehen im Mittelpunkt eines Gemeinschaftsprojektes in Krumbach. Foto: Gertrud Adlassnig

    Die Schülerin stößt schließlich auf bisher völlig unentdeckte Informationen über Franziska Lachmann. „Da habe ich wirklich Feuer gefangen, weil ich wirklich neue Informationen bekam, die noch niemand zuvor erhalten hat“, schildert sie. Über den Kontakt zu den verschiedenen Persönlichkeiten berichtete sie sehr positiv. Zwar sei die Enkelin von Franziska Lachmann erst etwas zögerlich gewesen, das legte sich aber, als sie das Engagement der interessierten Schülerin bemerkte. „Ich habe mich immer gefreut, wenn ich eine neue E-Mail im Postfach hatte. Es war wie ein Puzzle: Einiges habe ich schnell und gut herausfinden können, anders brauchte deutlich mehr Energie“, erzählt Anna Schorer. 

    Veronika Schmidtke-Sieben aus Göttingen am Grab ihrer Großtante Hedwig Lachmann auf dem israelitischen Friedhof Hürben. Ihre Großmutter Franziska starb 1947 in Buenos Aires/Argentinien.
    Veronika Schmidtke-Sieben aus Göttingen am Grab ihrer Großtante Hedwig Lachmann auf dem israelitischen Friedhof Hürben. Ihre Großmutter Franziska starb 1947 in Buenos Aires/Argentinien. Foto: Beate Hamp-Wohllaib

    Auf die Frage, was sie an der Geschichte Franziska Lachmanns fasziniert, antwortet Anna: „Franziska war super spannend zu erforschen. Es ist wahnsinnig fesselnd, einen Menschen aus einer anderen Zeit durch seine Recherche kennenzulernen.“ Auch bewundere sie, die Anpassungsfähigkeit, die der Schriftstellerin half, sich in Frankreich, den USA und Buenos Aires einzuleben. „Sicher halfen ihr auch ihre guten Sprachkenntnisse“, nimmt die Schülerin an. Franziska Lachmann sei für ihre Zeit auch sehr modern gewesen. So habe sie weite Kleider ohne Korsetts getragen, in einer Künstlergemeinschaft gelebt und ihre Kinder freireligiös erzogen. 

    Doch viele Werke der Autorin sind bis heute nicht veröffentlicht. „Das hat mich anfangs verwundert“, schildert die Schülerin. Doch auch hier haben die Quellen eine Antwort: Franziska hatte einfach nicht die finanziellen Mittel, um eine Veröffentlichung ihrer Werke stemmen zu können. Mittlerweile sind einzelne Werke von ihr bekannt. Beispielsweise wurde ihr Gedicht „Im Exil“ vertont. Dieses Gedicht suchte sich auch Anna Schorer für eine Interpretation aus, die sie der Seminararbeit zufügte. Hierbei hatte sie vor allem der mögliche Bezug zur Gegenwart überzeugt. „Es hat einfach eine gewisse Aktualität bewahrt“, erklärt Anna.

    Was sie von Franziska Lachmann lernen konnte

    Zusätzlich habe sie viel von Franziska Lachmann lernen können: „Sie hat sich nicht unterkriegen lassen. Ganz egal, wie hoffnungslos die Lage auch war, sie bewahrte Ruhe und blickte hoffnungsvoll in die Zukunft. Ich finde, das ist etwas, das viele heute wieder lernen müssen.“ Durch ihre Recherche habe sie die Distanz zu dem geschichtlichen Thema verloren und betrachte es nun auf einer persönlichen Ebene. „Ich glaube, dass wir viel aus der Geschichte lernen können, unsere Augen aber trotzdem auf die Zukunft richten müssen.“ 

    Dr. Ulrike Otto und ihr Mann Dr. Francisco Blum am Tag ihrer diamantenen Hochzeit am 25. Dezember 1995. Ulrike Otto war die Tochter von Franziska Lachmann und Nichte von Hedwig Lachmann und lebte jahrzehntelang in Argentinien.
    Dr. Ulrike Otto und ihr Mann Dr. Francisco Blum am Tag ihrer diamantenen Hochzeit am 25. Dezember 1995. Ulrike Otto war die Tochter von Franziska Lachmann und Nichte von Hedwig Lachmann und lebte jahrzehntelang in Argentinien. Foto: Sammlung Auer
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