Er könne sich noch genau daran erinnern, wie er als Sechsjähriger das erste Mal beim Gedenken am Volkstrauertag teilgenommen habe. Damals habe er seinen Vater begleitet. Dies erzählt heute ein Krumbacher, inzwischen im Rentenalter, auf dem Weg zur Gedenktafel für die Kriegsopfer. Jahrzehnte seien seither vergangen, heuer nehme er seit Langem wieder teil.
Die politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen würden ihm Sorgen machen. Besonders im Blick habe er die Zukunft seiner Kinder und Enkel. Er und seine Altersgruppe müssten öffentlich für Frieden und Miteinander, für Gerechtigkeit und Freiheit, für Demokratie und Menschenwürde eintreten. Tatsächlich finden sich eher Vertreter der älteren Generation beim Opfergedenken am Krumbacher Westfriedhof ein. Einige erinnern sich wohl noch an nahe Verwandte, die im Krieg, unter dem Terror der Nationalsozialisten oder bei der Vertreibung ums Leben kamen oder ermordet wurden.
Bürgermeister Fischer plädierte für ein gesellschaftliches Miteinander in Freiheit, Demokratie und gegenseitigem Respekt in Krumbach.
Diese Erinnerungen werden aber weniger und Jüngere stellen den Volkstrauertag mehrheitlich infrage. Dessen Sinn habe sich über die Jahrzehnte hinweg gewandelt, führte Bürgermeister Hubert Fischer aus. Während die älteren Mitbürger noch von Zeitzeugen erfahren konnten, aus welchen Keimen sich Gewaltherrschaft, Diskriminierung, Unterdrückung und Diktatur entwickelt haben, müssten wir die jüngeren Generationen dafür gewinnen, sich für die gesellschaftlichen Werte Europas einzusetzen. Dies beginne schon im alltäglichen Zusammenleben und im Umgang miteinander. Wertschätzung füreinander anstelle von Abwertung, Anerkennung und Zuhören statt Niedermachen, Toleranz anstelle von Unduldsamkeit, Hilfsbereitschaft statt Egozentrismus. Derartiges Handeln sei Grundlage eines friedlichen Gemeinwohls. Jedes Grab der Gefallenen und jeder Aschehügel der Ermordeten müsse uns dazu aufrufen, unsere Verantwortung für ein gesellschaftliches Miteinander in Freiheit, Demokratie und gegenseitigem Respekt zu leben. In diesem Appell fasste Bürgermeister Hubert Fischer den Sinn des Volkstrauertages zusammen.
Pfarrer Eugen Ritter von der Evangelisch-Lutherischen Gemeinde empfahl, den Sinn des Trauerns darin zu sehen, einfühlsam zu werden. Dies sei unverzichtbar für die Entwicklung einer reifen Persönlichkeit, und solche Charaktere brauche unsere Gesellschaft, um zukunftsfähig zu sein. Pfarrer Josef Baur, der die katholischen Pfarrgemeinden vertrat, konkretisierte die Rolle des Mitgefühls: Wir hätten uns daran gewöhnt, die unzähligen Nachrichten einer unheilen Welt in Form von Zahlen zur Kenntnis zu nehmen. Stattdessen müssten wir uns bewusst machen, dass dahinter Menschen und Lebewesen stünden, die das Unheil erleiden. Statt zu fragen, warum Gott dies zulasse, müssten wir uns von Gott an unsere Courage erinnern lassen, unsere Möglichkeiten auszuloten, wie wir gegen Unrecht und Gewalt eintreten könnten. Dies könne schon damit beginnen, dass wir den Hassbotschaften, die täglich durchs Netz kursierten, entgegenträten. Er gab den Satz von Mahatma Gandhi mit auf den Weg: „Sei Du selbst die Veränderung, die Du Dir wünschst für diese Welt.“ Weitere Gedenkfeiern neben der zentralen Veranstaltung für die Stadt Krumbach fanden auch in den Ortsteilen statt.
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