„Schön“: Dieses Wort fällt nicht selten bei einem ersten Blick auf Verena Papins Bilder. Das satte Blau, die Gelb- und Orangetöne, in der Tat sind sie geradezu wohltuend. Doch dann ist da diese Annäherung an eine Szenerie, die sich beim Herangehen geradezu dramatisch wandelt. Da sind diese rätselhaften Wesen, man spürt ihre Einsamkeit, ihre Verlorenheit, ihre vergebliche Suche nach Halt. Da sind immer wieder diese Augen, die ins Leere blicken. Es ist der Abgrund unserer Zeit, all diese Kriege, Krisen, die Verena Papin in vielen ihrer Werke festhält. Nach der vordergründigen Schönheit öffnet sich eine verdunkelte Welt. Die Schönheit und der Abgrund: Das ist irgendwie auch die italienische Insel Sizilien. Ein Sehnsuchtsort, und doch voller Widersprüche, bisweilen verloren „zwischen den Kulturen“. So scheint es irgendwie folgerichtig, dass Verena Papins künstlerischer Weg nach Sizilien führt.
Bei diesem Gedanken lächelt sie und sie kann es wohl selbst gar nicht so recht fassen. Aber seit 2022 ist sie auf Sizilien in Ausstellungen mit Künstlern aus mehreren Ländern vertreten. Zuletzt in der für ihre barocke Geschichte bekannten 24.000-Einwohner-Stadt Noto (“Biennale Internazionale d’Arte“) und in der 3000-Einwohner-Gemeinde Monterosso Almo im Süden von Syrakus. Eine weitere Ausstellung soll in Kürze folgen.
In der Kunst spielen soziale Medien eine maßgebliche Rolle
Eine Krumbacher Künstlerin auf Sizilien? Das ist sozusagen ein bisschen auch „die neue Welt der Kunst“. Das ist umfassende Präsenz im Internet, in den sozialen Medien, das Aufbauen von Netzwerken in diesen Portalen. Die 68-jährige Verena Papin ist vor allem auf Facebook intensiv aktiv, so kam auch der Kontakt zu Ausstellungsorganisator Roberto Guccione zustande. Verena Papins Arbeit (in Noto war die „Frau in Blau“ zu sehen, in Monterosso Almo kamen zwei weitere Bilder dazu) wurde mit der Auszeichnung (“Oscar Internationale dell‘ Arte“) gewürdigt. Mit ihrem Sohn Sebastian reiste Verena Papin zur Ausstellung nach Monterosse Almo, rückblickend schwärmt sie geradezu von der Herzlichkeit der Menschen auf Sizilien.
Die Sonneninsel im Mittelmeer blickt mit Sarazenen, Normannen oder Staufern auf eine geradezu turbulente Geschichte „zwischen Orient und Okzident“. Der majestätisch schöne Etna (3403 Meter), er ist gleichermaßen eine ständige Bedrohung. Und ein bisschen steht er wohl auch für Verena Papins Kunst.
Sie erzählt über ihr Leben, ihre Kindheit in Frankfurt am Main, der Vater aus Berlin, die Mutter musste gegen Ende des Zweiten Weltkriegs ihre Heimat in Oberschlesien verlassen. Verena Papin hat zwei ältere Brüder. Sie kam Anfang der 1990er-Jahre nach Mittelschwaben, arbeitete als Gymnastiklehrerin, betrieb einen Ponyhof, war Bademeisterin. Sie hat eine Tochter und zwei Söhne. Ihr jüngstes Kind Max malte gegen seine Behinderung (Trisomie 21, „Down-Syndrom“) gewissermaßen an, viele kennen ihn durch seine Arbeit in „Max‘ Kreativwerkstatt“). Die Kunst, sie ist der ganzen Familie sozusagen in die Wiege gelegt.
Sie erinnert sich an ihre Anfänge mit Bleistiftzeichnungen
Verena Papin erinnert sich an ihre Anfänge, die Bleistiftzeichnungen, Arbeiten mit Wasserfarben und Kreide. Und dann fand sie allmählich hinein in ihren unverwechselbaren Stil. Sie arbeite „ganz frei, ohne Plan“ erklärt sie. Intuitiv trägt sie spachtelnd die Acrylfarbe auf die Leinwand auf. Durch die Unregelmäßigkeit des Auftrags zeichnen sich Formen ab, Verena Papin greift sie auf, gestaltet sie aus, mitunter rätselhafte Wesen entstehen. Geradezu eine Meisterschaft, das sind die zunächst seltsam wirkenden Augen, die auf vielen Bildern zu sehen sind. Man blickt in Trauer, Abgrund, Verlorenheit, Haltlosigkeit. All diese Kriege und Krisen, das lässt sie nicht los. Hinter der vordergründigen Schönheit ihrer Farben öffnet sich ein beklemmender Schlund. Aber gleichermaßen sind ihre Bilder Friedensbotschaften. Vertreten ist sie seit einiger Zeit auch in einer Galerie in Lörrach (“Kunst-unter-uns“). Lörrach, im Dreiländereck Deutschland-Schweiz-Frankreich. Sozusagen auch „zwischen den Kulturen“. Das ist wohl die Welt der „Frankfurter Krumbacherin“ Verena Papin.
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