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Kreis Günzburg: Was der Wald so alles vor sich hat

Kreis Günzburg

Was der Wald so alles vor sich hat

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    Die Fichte ist nach wie vor die dominierende Baumart in den Wäldern der Region (hier bei Limbach). Aber der Klimawandel macht dem Nadelbaum zu schaffen.
    Die Fichte ist nach wie vor die dominierende Baumart in den Wäldern der Region (hier bei Limbach). Aber der Klimawandel macht dem Nadelbaum zu schaffen. Foto: Bernhard Weizenegger

    Lohnt es sich, Wald zu besitzen?

    Josef Ziegler: Selbstverständlich. Wald ist eine werthaltige Immobilie, die aber nicht nur ein Investment darstellt. Die Menschen haben dazu auch eine hohe emotionale Bindung. Ungefähr 700000 Menschen stehen in Bayern in den Grundbüchern als Waldbesitzer. Insgesamt haben die vielen privaten Eigentümer eine bewahrende Grundeinstellung und keine gewinnmaximierende Vorstellung. Mit Holz wird bei der Waldbewirtschaftung ein Rohstoff erzeugt, der nachhaltig nachwächst, ohne dass gedüngt oder künstlich bewässert werden müsste. Mehr Bio als im Wald geht nicht. Die Bäume holen das CO2 aus der Luft. Und als Abfallprodukt entsteht Sauerstoff zum Atmen.

    Waldbesitz kann aber auch ein mühevolles Unterfangen sein, zum Beispiel, wenn es um die Bekämpfung von Schädlingen wie dem Borkenkäfer geht.

    Ziegler: Das ist eine große Herausforderung; ebenso wie die Überführung der Plantagenwälder in klimatolerante Mischbestände. Bei einförmig gestalteten Fichtenwäldern ist die Borkenkäfergefahr entsprechend höher. Aber die Waldbesitzer jetzt dafür zu kritisieren, dass sie die Wälder haben, die sie nun mal haben, zeigt nur, dass es schlecht bestellt ist um das Verständnis. Nach dem Ersten und dem Zweiten Weltkrieg mussten die großen Reparationshiebe schnell wieder aufgestockt werden. Vielerorts sind das die Fichten, die sie heute sehen. Damals gab es andere Probleme, als einen Mischwald zu haben. Den historischen Hintergrund sollte man nicht außer Acht lassen.

    Haben wir Probleme, weil heute viele ihren Wald nicht richtig bewirtschaften?

    Ziegler: In der Tat besitzen in zunehmendem Maße Privatleute Wald, die zur Urproduktion keine ursprüngliche Verbindung mehr haben. Und es kommt durchaus vor, dass die Eigentümer nicht mehr in der Nähe ihres Waldes wohnen. In solchen Fällen gestaltet sich eine Eigenbewirtschaftung schwierig. Dienstleister wie Forstbetriebsgemeinschaften oder Waldbesitzervereinigungen können einem das Tagesgeschäft abnehmen. Wichtig ist, dass der Wald sich nicht selbst überlassen bleibt. Das führt sonst zu riesigen Problemen. Wenn der Borkenkäfer ausfliegt, kennt er keine Besitzgrenzen. Im Waldgesetz ist die Wiederaufforstungspflicht und die Pflicht zur Beaufsichtigung festgeschrieben, wenn es um Schadorganismen geht.

    Gibt es Sanktionsmöglichkeiten?

    Die Forstaufsicht liegt bei der Bayerischen Forstverwaltung. Revierleiter üben die Aufsicht vor Ort aus. Sie ahnden waldrechtliche Verstöße auch im Zusammenspiel mit dem Landratsamt. Solche Situationen versucht man freilich zu vermeiden, weil ein Miteinander mehr bringt.

    Auf welche Entwicklungen müssen sich Waldbesitzer einstellen?

    Ziegler: Die Folgen des von Menschen gemachten Klimawandels verändern die Standortbedingungen der Bäume. In der Landwirtschaft kann man im Prinzip jährlich reagieren mit seinen Wirtschaftspflanzen. Wir haben es mit ganz alten Organismen zu tun, die 100 Jahre an einem Platz stehen müssen, bevor sie wirtschaftlich einen Nutzen bringen. Der Waldumbau ist ein Prozess, der sich über Jahrzehnte hinziehen wird. Sehr sinnvoll wäre es, dass sich der Staat der Beratung stärker annimmt. Wenn man den Waldumbau forcieren möchte, muss die Intensität und das Beratungsvolumen insgesamt zunehmen. Die gesamte Gesellschaft hat hohes Interesse und einen hohen Gewinn, wenn es stabile Wälder gibt. Dort entsteht sauberes Grundwasser, man kann sich erholen – umgeben von einem nachwachsenden Rohstoff.

    Wie lange wird die Fichte noch der Brotbaum bleiben?

    Ziegler: Darauf kann ich keine pauschale Antwort geben. Die Fichte wurde in Bayern generell an ganz unterschiedlichen Standorten angebaut, die sich sehr gut bis relativ schlecht eignen. In Teilen Schwabens wird die Fichte auch in Zukunft eine wichtige wirtschaftliche Rolle spielen. In weiten Teilen Mittel- und Unterfrankens und in tieferen Lagen an der Donau dagegen wird es schwierig werden, die Fichte in nennenswerten Anteilen zu halten. Sie kann ersetzt werden durch klimatolerantere und standortgerechtere Baumarten. Eine Reihe von Nadel- und Laubholzarten eignet sich je nach Standort. Dazu zählen Tanne, Douglasie, Lärche und Kiefer, Buche, Eiche, Bergahorn, Kirsche und Linde.

    Wird jungen Menschen genügend in der Schule über den Wald und seine Bewohner vermittelt?

    Ziegler: Ich vermute, dass es in den letzten Jahrzehnten zu einer Veränderung dahingehend gekommen ist, dass die jungen Leute weniger Kontakt zum Wald haben als früher. Damit geht auch ein Verständnisverlust für die Bedeutung des Waldes einher.

    Wann haben Sie Ihren letzten Waldspaziergang unternommen?

    Ziegler: Am Wochenende. Ich sitze leider Gottes auch sehr häufig am Schreibtisch oder im Auto, obwohl ich gelernter Förster bin und obwohl hinter meinem Haus der Wald beginnt. Den Standort direkt am Waldrand habe ich mir aktiv so ausgesucht. Für mich ist es eine unheimlich wichtige Sache, sich im Wald zu bewegen. Das tut meiner Ausgeglichenheit und meiner psychischen Gesundheit insgesamt gut.

    Wie wichtig ist so ein regionaler Waldbesitzertag, wie er am Sonntag in Wettenhausen stattfindet?

    Ziegler: Er ist ein wichtiger Anlass, um gesellschaftlich wahrgenommen zu werden. Mit diesen Großveranstaltungen haben wir die Chance, über das normale Grundrauschen der Information hinauszukommen.

    Weil Sie zu Beginn unseres Gesprächs Waldbesitz auch mit hoher Emotionalität verbunden haben: Kennen Sie ein Gedicht zum Wald?

    Ziegler: Jetzt haben Sie mich auf dem falschen Fuß erwischt. Bereits in der Schule war ich ganz schlecht im Gedichte lernen. Die Romantiker wie Joseph von Eichendorff haben Gedichte über den Wald verfasst. Aber literarisch bin ich jetzt überfordert.

    Info Der Waldbesitzertag im Kloster Wettenhausen findet am Sonntag, 24. September, statt. Ein vielfältiges Programm für Kinder und Erwachsene wird zwischen 10 und 17 Uhr geboten. Eine Ausstellung verschiedener Institutionen und Vorträge (ab 11 Uhr) runden das Angebot ab. Der Eintritt zu allen Veranstaltungen ist frei.    

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