Startseite
Icon Pfeil nach unten
Krumbach
Icon Pfeil nach unten

Interview: Faktenchecker Andre Wolf: "Jeder kann manipuliert werden"

Interview

Faktenchecker Andre Wolf: "Jeder kann manipuliert werden"

    • |
    Als Experte für Social Media und Pressesprecher von Mimikama hält Andre Wolf regelmäßig Vorträge.
    Als Experte für Social Media und Pressesprecher von Mimikama hält Andre Wolf regelmäßig Vorträge. Foto: mimikama.org/© Barbara Wirl

    Durch Ihre Beschäftigung mit Fake News haben Sie mit Mimikama 2020 den Menschenrechtspreis der Düsseldorfer Philharmoniker als ein Verteidiger der Demokratie gewonnen. Wie können Fake News unsere Demokratie gefährden?
    ANDRE WOLF: Grundsätzlich haben wir mehrere Probleme. Mit Fake News kommen immer manipulative Narrative hinzu, sowie ein bestimmtes Framing. Das heißt, ich kann Menschen beeinflussen, indem ich ihnen Szenerien erschaffe, die nicht real sind – also Bilder in einen falschen Kontext setze. Neu ist, dass man Bilder mithilfe von KI einfach generieren kann, die so nicht existieren. Damit werden Meinungen beeinflusst. Das ist immer problematisch, weil es gerade im Populismus sehr stark um Meinungen und nicht um Fakten geht. Daher müssen wir eine gewisse Demokratie-Resilienz aufbauen. Das heißt, wir müssen in der Lage sein, Manipulation zu erkennen sowie in der Lage sein, aufzustehen und zu sagen: Stopp, wir möchten nicht manipuliert werden.

    In Ihrem zweiten Buch "Angriff auf die Demokratie" decken Sie Tricks und Strategien auf, wie Rechtsextreme das Internet unterwandern. Sind junge Menschen besonders gefährdet?
    WOLF: Grundsätzlich sind wir gesamtgesellschaftlich davon betroffen. Interessant ist, über welche Kanäle wir manipuliert werden können. Es gibt Social-Media-Plattformen, auf denen verschiedene Generationen beziehungsweise verschiedene Altersgruppen unterwegs sind. Dort werden natürlich die Möglichkeiten des Storytellings ausgenutzt. Je nach Platform werden gezielt Videos gedreht, die bestimmte sinnstiftende Geschichten erzählen und manipulativ sein können. Dann gibt es Plattformen wie Facebook, wo sich eine ältere Generation aufhält, die man mit anderen Mitteln manipulativ erreichen kann. Nicht nur junge Menschen sind betroffen. Jeder kann manipuliert werden, viele merken es letztendlich nicht. Sie sehen sich dann als Teil derer, die aufgewacht sind und Bescheid wissen, während sie nicht verstehen, was eigentlich gerade passiert ist.

    Seit spätestens 2015 ist das politische Schlagwort der "Lügenpresse" in aller Munde. Was versäumen die etablierten Medienhäuser tatsächlich im Umgang mit Desinformation?
    WOLF: Lügenpresse ist ein Kampfbegriff, der tatsächlich 2015/2016 im Rahmen von Pegida groß geworden ist. Ein gezielt eingesetztes Narrativ. Man setzt den Begriff bewusst gegen etablierte Medien ein, um sie zu diskreditieren. Das Ziel ist, eine Verunsicherung zu erzeugen: Man soll nicht mehr wissen, wem man vertrauen kann. Natürlich unterlaufen Medien handwerkliche Fehler, das muss man halt leider sagen. Wir haben auch das Problem des Clickbaitings in Onlinemedien. Aber das hat alles nichts mit Desinformation zu tun. Medien sind nicht gleich Medien, da gibt es ein großes Spektrum. Angefangen von Lokalzeitungen über Formate, die einmal in der Woche erscheinen, bis hin zum Boulevard. Es gibt Zeitungen, die sind konservativer, andere sind liberaler oder linksgerichtet. Solange sie nicht in die Extreme gehen, ist das komplett in Ordnung. Es gibt immer verschiedene Sichtweisen und es ist gut, dass unsere Medienlandschaft das widerspiegelt. Wir müssen erkennen, ab wann eine Haltung extrem.

    Wie können Nutzerinnen und Nutzer Informationen in Social Media überprüfen?
    WOLF: Suchmaschinen sind ideal dafür. Das heißt, ich schaue: Wer hat noch darüber geschrieben? Wann? Wie wurde darüber geschrieben? Bei Kettenbriefen ist es recht einfach. Ich nehme diesen und nutze beispielsweise den Befehl "Exact Match", ein sogenannter Operator. Das geht so: Ich nehme einen Teil des Textes, setze ihn in Anführungszeichen und gebe in Google ein. So bekommt man heraus, wo dieser Text noch erschienen ist. Vielleicht haben andere schon etwas dazu geschrieben, etwa Medien oder Faktencheck-Redaktionen, damit kann ich den Text dann vergleichen. Im Zweifel immer die Kette unterbrechen, nicht weiterschicken. 

    Zur Person

    Andre Wolf ist Buchautor und Experte auf dem Gebiet der Fake News. Der 46-Jährige setzt sich als Pressesprecher, Workshopleiter und Faktenchecker bei Mimikama aktiv für die Aufklärung über und Verhinderung von Internetmissbrauch ein. Mimikama ist ein österreichischer Verein, der seit 2011 zur Aufklärung über Onlinebetrug, Falschmeldungen und Computersicherheit sowie zur Förderung von Medienkompetenz beiträgt. Der Fokus liegt vor allem auf den sozialen Medien wie Facebook, Twitter und WhatsApp. 

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden