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Interview: 40 Jahre BFSM: "Die Idee war, Musiker im ländlichen Raum auszubilden"

Interview

40 Jahre BFSM: "Die Idee war, Musiker im ländlichen Raum auszubilden"

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    Thomas Frank ist Leiter der Berufsfachschule für Musik in Krumbach.
    Thomas Frank ist Leiter der Berufsfachschule für Musik in Krumbach. Foto: Oliver Wolff

    Herr Frank, Sie sind Leiter der Berufsfachschule für Musik in Krumbach. Welche Rolle spielt für Sie Musik?
    THOMAS FRANK: Musik hat für mich eine sehr große Bedeutung, nicht nur, weil sie Teil meines Berufs ist. Auch im privaten Alltag ist Musik fast immer vorhanden. Zu Hause oder im Auto läuft klassische Musik. Mein Lieblingskomponist ist Gustav Mahler, da er in seiner Musik die ganze Welt mit all ihren Facetten wiedergibt. Jede Note ist perfekt. Wenn ich Pop-Musik höre, dann eher in Richtung ABBA, ich habe alle Alben daheim.

    Was zeichnet die Krumbacher Berufsfachschule aus? Wer meldet sich an und wie geht es nach dem Abschluss weiter?
    THOMAS FRANK: Es ist hier sehr familiär, wir haben circa 60 Schülerinnen und Schüler und wir stehen untereinander im engen Kontakt. So waren die Berufsfachschulen von Anfang an gedacht. Die Idee war, Musiker im ländlichen Raum auszubilden, die dann nebenberuflich Kapellen und Chöre leiten. Die meisten unserer Krumbacher Schülerinnen und Schüler kommen von auswärts, wohnen vielleicht zum ersten Mal allein und sind den ganzen Tag über in der Schule. Zu uns kommen viele junge Musiker, die sich für die Aufnahmeprüfung an einer Musikhochschule vorbereiten wollen. Das Niveau an deutschen Hochschulen ist sehr hoch.

    Inwiefern unterscheidet sich die Musikfachschule von einer Hochschule?
    THOMAS FRANK: Wir haben zwar auch eine Aufnahmeprüfung, aber dort werden andere Maßstäbe angesetzt. An den Hochschulen studieren in den künstlerischen Fächern eigentlich fast schon Profimusiker, viele kommen aus dem Ausland, und es geht während des Studiums oft nur noch um den letzten Feinschliff. Unsere Schülerinnen und Schüler müssen zwar auch eine musikalische Vorbildung auf höherem Niveau mitbringen. Aber bei uns gibt es nicht diesen Leistungsdruck. Und es geht nicht darum, eine Solokarriere zu starten. Bei uns schaffen aber fast alle nach ein bis drei Jahren die Aufnahmeprüfung an einer Musikhochschule oder Universität. Die Berufsfachschule ist quasi eine Zwischenstation. Den Abschluss macht man bei uns in der Regel nach zwei Jahren und dann ist man staatlich geprüfter Ensembleleiter. Klar ist aber auch: Ein Zeugnis von unserer Schule wird alleine kaum reichen, um als Berufsmusiker seinen Lebensunterhalt zu finanzieren.

    Die Pandemie und die einhergehenden Einschränkungen haben das Künstlertum und speziell die Musikerinnen und Musiker hart getroffen. Hat sich die Musik davon schon wieder erholt? 
    THOMAS FRANK: Gemeinsames Musizieren konnte ja lange Zeit nicht stattfinden, dementsprechend sind bei uns die Bewerberzahlen zurückgegangen. Vor Corona hatten wir bis zu 100 Anmeldungen pro Jahr für 30 Plätze, in den vergangenen Jahren waren es im Endeffekt genauso viele Anmeldungen wie Plätze. Die Einbrüche sind vor allem bei Blasinstrumenten und bei klassischem Gesang. Wir hoffen, dass sich heuer wieder mehr anmelden, Anmeldeschluss ist am 21. Mai.

    Warum sollte Ihrer Meinung nach jedes Kind ein Instrument lernen? 
    THOMAS FRANK: Musizieren ist eine Form, sich mit seinen Gefühlen ausdrücken zu können, man nimmt sich selbst und andere sensibler wahr. Musik kann eine beruhigende Wirkung haben, sie wirkt sich positiv auf die Psyche aus. Auch hat das aktive Musikmachen einen Einfluss auf kognitive und motorische Fähigkeiten. Und es ist einfach eine tolle Erfahrung, gemeinsam zu musizieren. Teamfähigkeit und soziale Kompetenz spielen eine große Rolle.

    Die Krumbacher Musikfachschule gibt es seit 40 Jahren. Welche Themen sind für die Zukunft relevant?
    THOMAS FRANK: Wir versuchen, mit dem gesellschaftlichen Trend zu gehen und neuen Anforderungen gerecht zu werden. Jede Berufsfachschule hat sich in gewisser Weise spezialisiert. Wir bieten unter anderem Elementare Musikpädagogik (EMP) an. Sie ist ein pädagogischer Ansatz, bei dem jeder Mensch mit seinen individuellen Fähigkeiten in der Gruppe musizieren kann. EMP ist in Kindergärten ebenso wie in Seniorenheimen anwendbar. Sie kann auch inklusiv verwendet werden. Perspektivisch könnten wir Berufsfachschulen auch dazu beitragen, dem allgemeinem Musiklehrermangel an bayerischen Grund-, Mittel,- und Förderschulen entgegenzuwirken. Denkbar wäre, dass unsere Absolventen nach einem dritten Jahr eine Berechtigung hätten, im Referendariat weiterzumachen. Bis wir so weit sind, ist aber noch ein langer Weg.

    Zur Person

    Thomas Frank ist 59 Jahre alt und leitet seit 2018 die BFSM Krumbach. Seit 2018 ist er auch stellvertretender Vorsitzender des Verbands Bayerischer Schulmusiker. Der gebürtige Regensburger studierte Klavier an den Konservatorien Augsburg und Nürnberg und zudem Schulmusik für das Lehramt an Gymnasien an den Musikhochschulen in Trossingen und München. Er spielt neben Klavier auch Klarinette und Violine. An der BFSM Krumbach unterrichtet er in den Fächern Musikgeschichte, Formenlehre, Orchester und Klavier. 

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