Mit einem besonderen Beitrag am letzten Festtag des Gaismarkter Waldfestes bereicherten die Organisatoren am Sonntag durch eine große Typisierungsaktion das Festwochenende. Und es gab gute Nachrichten.
Direkt am Eingang zum Waldfest stand der Pavillon der Deutschen Knochenmarkspenderdatei (DKMS), eine internationale Organisation im Kampf gegen den Blutkrebs. Potenzielle Stammzellspender konnten sich hier registrieren lassen oder Geld spenden. Und die ließen nicht lange auf sich warten: Zu Beginn um 10.30 Uhr war es noch ruhig. Frühschoppenstimmung. Als dann ein tiefes Brummeln und Grummeln. Die Bikergruppe aus Augsburg, „Choppers n‘ Partys (CNP), kündigte sich damit an. „Bikers for Nico“ war das Motto der mit 25 Motorradfreunden erschienenen Gruppe, welche eigens für eine Typisierung und Geldspende anreiste. Vorstand Georg Epple und Freundin Tanja Kolb überreichten dem Aktions-Team einen gesammelten Geldbetrag von 215 Euro. „Zusammenhalt wenn einer in Not gerät. Helfen und den Betroffenen das Gefühl geben: Ihr seid nicht allein.“, begründete Kolb den Beitrag der Bikergruppe CNP.
Auch Vorstand des Musikvereins Gaismarkt-Niederraunau-Winzer, Fabian Horn, unterstützte die Kampagne für Nico. Alle Getränke waren für die freiwilligen, ehrenamtlichen Helfer und Helferinnen am Stand natürlich frei und einzelne Mitglieder des Musikvereins gingen zur Typisierung. „Die Reichweite für eine Registrierung bei der Organisation ist an so einem Tag einfach super“, so Horn.
Die Begründung zur Registrierung einzelner Personen am Stand war: „Vielleicht könnte ich, meine Familie oder Freunde auch in so eine Situation geraten. Dann wäre ich froh, einen Spender zu haben.“
Die gute Nachricht an diesem Sonntag: Für den dreijährigen Nico aus Waltenhausen (er hatte kürzlich Geburtstag) wurde aus der weltweiten Datenbank eine passende Knochenmarkspenderin gefunden. Sie stamme aus Polen. Aktuell wird Nico, der am Myelodysplastischen Syndrom (MDS) leidet, auf die Transplantation vorbereitet. „Anfang August, soll in der Universitätsklinik Ulm mit der Knochenmarkspende begonnen werden“, wusste Sandra Morhard, eine Freundin der Familie und Spendenorganisatorin.
Es handelt sich bei dem Jungen um eine Krankheit des blutbildenden Systems mit tödlichem Verlauf. Unter dem Begriff MDS wird eine Gruppe von Erkrankungen des Knochenmarks zusammengefasst, bei denen die Blutbildung nicht von gesunden, sondern von genetisch veränderten Ursprungszellen (Stammzellen) ausgeht. Das Knochenmark von Patienten, die an MDS leiden, ist nicht mehr in der Lage, aus diesen Stammzellen vollständig reife und funktionstüchtige Blutzellen zu bilden. (Quelle: Wikipedia).
Morhard erinnert sich, wie bei einem gemeinsamen Ausflug im Mai mit den Kindern in einem Freizeitpark alles begann. „Plötzlich bekam Nico Nasenbluten, das nicht mehr aufhören wollte. Bei Untersuchungen sei dann die Krankheit diagnostiziert worden.“ Der einzige Ausweg aus diesem Schicksal sei eine Stammzellspende, sodass Nicos Knochenmark wieder funktionsfähig werden könne.
Wie die DKMS Stammzellspenden erleichtert
Viele an Blutkrebs erkrankte Menschen können durch eine Stammzellspende geheilt werden. Dafür werden einem Spender Stammzellen aus der Blutbahn oder aus dem Knochenmark entnommen und dem Erkrankten zugeführt. Die Schwierigkeit besteht darin, einen Spender zu finden, der die passenden Gewebemerkmale aufweist. Dafür gibt es Spenderdateien.
Die DKMS ist eine gemeinnützige, international arbeitende Organisation, die Stammzellspender registriert. Sie ist aus der Deutschen Knochemarkspenderdatei hervorgegangen, die 1991 von Peter Harf gegründet wurde.
Mehr als 11,5 Millionen Stammzellspender haben sich nach Angaben der DKMS in den Spenderdateien registrieren lassen und so mehr als 100.000 Stammzellspenden ermöglicht. Die Daten aus Deutschland werden in Ulm gespeichert.
Wer sich als Stammzellspender registrieren lassen will, kann einen Wangenabstrich bei der DKMS einschicken. Weitere Informationen unter www.dkms.de (AZ)
Gemeinsam mit der DKMS, haben Familie und Freunde innerhalb weniger Tage nach der Diagnose eine Online-Registrierungsaktion ins Leben gerufen. Nach kurzer Zeit schon hatten sich mehr als 200 Menschen über die Kampagne für Nico registrieren lassen.
Obwohl für Nico nun glücklicherweise eine Spenderin gefunden werden konnte, sollte die Typisierungsaktion auf dem Waldfest dennoch stattfinden, beschlossen die Organisatoren. Denn Nicos Familie wollte nicht nur für ihren Sohn, sondern für alle Menschen, die Hilfe brauchen, die Registrierung ausrichten. Viele bräuchten Hilfe und seien auf der Suche nach einem Spender. Deswegen gab es am Sonntag von 10.30 bis 21 Uhr die Möglichkeit, sich am Stand der DKMS typisieren zu lassen. Blutkrebs sei laut der DKS nach wie vor die häufigste Ursache für krebsbedingte Todesfälle bei Kindern, und jeder zehnte Patient findet keinen passenden Stammzellspender.
So lief die Registrierung auf dem Waldfest in Gaismarkt ab
Unkompliziert und schnell lief am Stand des Waldfestes die Registrierung ab. Ein QR-Code wird mit dem Handy gescannt. Und dann bekommt man drei Stäbchen und ein Tütchen ausgehändigt, nimmt selbst Speichelproben aus den Wangen nach Anleitung, tütet diese ein und gibt sie bei den Helfern ab. Fertig. Selbst wenn man registriert ist, und komme als Spender infrage, müsse man nicht zwingend spenden.
So wird man Stammzellenspender
Alle 27 Sekunden erkrankt weltweit ein Mensch an Blutkrebs, alle 15 Minuten in Deutschland.
Etwa ein Drittel der Erkrankten findet einen Stammzellenspender innerhalb der Familie.
Bei der Deutschen Knochenmarkspenderdatei (DKMS) können sich gesunde Menschen im Alter zwischen 17 und 55 Jahren registrieren. Eine Gewichtsuntergrenze für Spender gibt es nicht, die Obergrenze liegt bei einem Body-Mass-Index von 40.
In 80 Prozent der Fälle ist keine Operation für die Stammzellenentnahme notwendig.
Die Registrierung ist kostenlos. Die Kosten für 50 Euro pro Neuaufnahme übernimmt die DKMS. Die gemeinnützige Gesellschaft ist jedoch dankbar, wenn jemand die Kosten teilweise oder ganz selbst trägt.
Wer sich registriert, bekommt ein Set mit Wattestäbchen per Post. Mit diesem Stäbchen macht man einen Wangenabstrich und schickt es dann ins Labor. Dort werden die Gewebemerkmale ermittelt. 22 Tage dauert diese Auswertung. Dann wird geschaut, ob man als passender Spender für einen Blutkrebspatienten infrage kommt.
Im Jahr 2019 verzeichnete die DKMS in Augsburg 53.860 Spender, deutschlandweit 6,5 Millionen, weltweit 10 Millionen. 39 Prozent der Stammzellenentnahmen weltweit werden durch DKMS-Spender ermöglicht.
83.000 zweite Lebenschancen wurden bisher durch die DKMS weltweit ermöglicht.
Wer gesund und zwischen 17 und 55 Jahren ist, konnte und kann sich als potenzieller Lebensretter anmelden und somit anderen Menschen eine zweite Chance auf Leben schenken.
Nico, der laut seiner Mutter Sarah Glogger, bisher in der Klinik alles mitmache, ohne zu weinen, wünsche sich sehr, wieder mit seinem Bruder und Freunden spielen zu können.