Die Bundesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, dass Deutschland bis zum Jahr 2045 klimaneutral wird. Anstelle fossiler Brennstoffe sollen nur noch erneuerbare Energien Verwendung finden. Geht das überhaupt? Und welche Rolle kann dabei die Landwirtschaft spielen? Das war eines der Themen der Frühjahrstagung der Ortsobmänner des Bayerischen Bauernverbands (BBV), Kreisverband Günzburg, am Dienstag im Landgasthof Bischof in Edelstetten.
Emissionen von Treibhausgasen durch die Landwirtschaft
Der Landwirtschaftssektor zeige jetzt schon eine bessere Bilanz als die meisten anderen – 2020 hätte sie 70 Millionen Tonnen an Treibhausgasen ausstoßen dürfen, tatsächlich seien es 62 Millionen Tonnen gewesen, so Christian Bürger vom BBV-Generalsekretariat in München und Referent für erneuerbare Energien. Was sind die Möglichkeiten und Perspektiven in der Landwirtschaft in Bezug auf Fotovoltaik, Biogas, Windkraft oder Biokraftstoff, aber auch im Hinblick auf Nachhaltigkeit, Wirtschaftlichkeit und Regionalität?
Weltweit werde in erneuerbare Energien investiert. Jeder, der sich damit befasse, mache keinen Fehler, wenn dies mit Maß und Ziel geschehe, erklärte Bürger. Mit der Wärme- und Verkehrswende werde man so viel Strom benötigen, dass es völlig egal sei, ob man in diesem Jahr oder erst fünf Jahre später investiere oder baue. Es könne aber nicht das Problem der Landwirtschaft sein, möglichst schnell ihren Beitrag dafür zu leisten. Die Produktion von Energie sei eine große Chance, die man erkennen müsse, aber man dürfe sich nicht antreiben lassen.
Agri-Fotovoltaik: Strom auf dem bewirtschafteten Feld erzeugen
Fotovoltaikanlagen auf Freiflächen sind eine relativ kostengünstige Variante. Großes Thema ist die Agri-Fotovoltaik, die Nutzung von landwirtschaftlichen Flächen gleichzeitig für die Lebensmittel- als auch für die Stromproduktion in Form von Solarzäunen oder sogenannter Tracker-Systemen, dem Sonnenstand nachgeführte Solaranlagen. Bürger verwies aber auch auf wirtschaftliche Risiken, wie steigende Überproduktion von Strom zu bestimmten Zeiten und zunehmende Abschaltungen von Anlagen durch den Energieversorger. „Die Elektrifizierung muss passen. Früher hat man eine Anlage gebaut und es war gut – dieses Thema gibt es nicht mehr.“
Ein anderer Punkt sei die anschließende und weitere mögliche Nutzung der Fläche, wenn ein Investor die Anlage nach 20 Jahren vertragsgemäß zurückbaue. Wie sieht das bei Windenergie – wenig Flächenverlust bei rechnerisch relativ hohem Ertrag – aus? Bürger verwies auf das Wind-an-Land-Gesetz der Bundesregierung. In Bayern müssen 1,8 Prozent der Landesfläche als Windvorranggebiete festgelegt werden: Wenn seitens der Regionalplanungsverbände die entsprechenden Flächen feststünden, werde ein Run von Investoren auf die Landwirte stattfinden, um sich diese zu sichern. Was auch immer auf die Landwirtschaft zukomme – Bürger empfahl, auf die Möglichkeiten des Verbands zurückzugreifen: Der Verband berate und unterstütze, auch in Bezug darauf, was selbst projektiert werden könne. Dies stelle eine andere Wertschöpfung dar, als lediglich Grund zu verpachten. Ideal sei das Engagement in einem Bürger- und Bauernprojekt mit dem besten Nutzen für beide Seiten. Es gehe darum, die Region wie auch die Bürgerinnen und Bürger dazu zu begeistern, in die eigene Infrastruktur zu investieren. Dafür benötige man keine Investoren.
Schnelle Lösungen nach Jahrhunderthochwasser gefordert
Kreisobmann Stephan Bissinger hatte zuvor in einen Rückblick über die Tätigkeiten des BBV-Kreisverbands im vergangenen halben Jahr berichtet. Zur Sprache kamen vor allem die Anliegen der Landwirte mit Kundgebungen und Demonstrationen gegen die geplanten Einsparungen der Bundesregierung in Bezug auf Agrardiesel und Kfz-Steuerbefreiung. Die Proteste hätten Wirkung gezeigt und man habe in der Politik Gehör gefunden, wie es in den vergangenen Jahren nicht der Fall gewesen sei, so Bissinger. In der Bevölkerung sei das Stimmungsbild stets pro Landwirtschaft gewesen, allerdings habe sich die derzeitige Regierung nicht immer so bewegt, wie man es gewollt habe. Man sei immer offen für Gespräche und suche den Austausch mit der Politik. Eine sehr gut angenommene Aktion sei vor Kurzem der Kindersicherheitstag in Münsterhausen gewesen. Rund hundert Teilnehmenden habe man in Zusammenarbeit mit weiteren Organisationen mögliche Gefahren in einem landwirtschaftlichen Betrieb aufgezeigt.
Das Jahrhunderthochwasser, von dem auch zahlreiche landwirtschaftliche Betriebe betroffen waren, war bei der Frühjahrstagung ebenfalls Thema. Details zu einem von politischer Seite bereits beschlossenen Hilfspaket gab es zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Das Entscheidende sei, dass alles, was an Schaden entstanden sei, dokumentiert werde, so Rainer Nützel, Behördenleiter am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Krumbach (Schwaben)-Mindelheim. Man brauche schnelle Lösungen, forderte ein Landwirt. Wie verwerte man Grünfutter, welches man nicht mehr verfüttern wolle? Auch beim Getreide bestand Unsicherheit und ob man dieses später überhaupt noch vermarkten könne.