„Schon während des Jahres laufen Vorbereitungen: Termine festlegen, Genehmigungen einholen, Kapellen organisieren “, meint Johann Singer. Seit zwei Jahren habe sich aber eine gewisse Leere breitgemacht. „Manchmal denkt man dann: Es geht auch ohne“, so der 70-jährige Vorstandsvorsitzende des DCC Deisenhausen. Das bedrücke ihn, denn: „Vielleicht denken andere genauso.“ Gardemitglieder etwa, die aufgrund der coronabedingten Einschränkungen nicht gemeinsam trainieren können, würden sich womöglich andere Hobbys suchen.
Die Deisenhauser Faschingsfreunde bleiben ihrem Verein bislang weitgehend treu: „Ein paar Einzelne sind ausgetreten“, meint der Vorsitzende. Verschmitzt fügt er hinzu: „Bei manchen war Corona vielleicht ein willkommener Vorwand, die Mitgliedschaft zu kündigen.“ Mit über 200 Mitgliedern sei der Verein jedenfalls gut aufgestellt. Viele Faschingsveteranen halten dem DCC als passive Mitglieder die Treue. Die Mitgliedsbeiträge, eine unkomplizierte staatliche Förderung und die Tatsache, dass keine Fixkosten für eigene Räume anfallen, sorgen dafür, dass die Deisenhauser Narren finanziell gut durch die Coronazeit gekommen sind. „Wenn wir keine Veranstaltungen machen, entfallen natürlich Kosten, zum Beispiel für Live-Musik“, erläutert Johann Singer. Eine Licht- und Musikanlage besitzt der Verein selbst. Die kommt bald wieder zum Einsatz: „Wir laden zu einem Fasching-to-go ein“, verkündet der Deisenhauser freudig.
Was die Deisenhauser Faschingsfreunde für den Faschingssonntag planen
Am Faschingssonntag gibt es auf dem Dorfplatz ab 14 Uhr Kaffee und Limo „to go“. Dazu natürlich Musik und ein kleines Geschenk für alle, die maskiert erscheinen. „Das soll die Menschen daran erinnern, dass es den Fasching trotz allem noch gibt“, erklärt der Vorstand. Jeder ist willkommen. Die Aktion, bei der selbstverständlich die Corona-Bestimmungen eingehalten werden, soll aber vor allem für die Kinder- und Jugendgarde einen Ersatz bieten. „Die haben schon für die Saison trainiert“, berichtet Johann Singer. „Und mussten jetzt wieder aufhören.“
Dabei seien gerade die jungen Faschingsfreunde mit besonderer Begeisterung bei der Sache. Eine Mutter habe erzählt, dass ihre Tochter zuhause mit der zugehörigen Musik fleißig übt: „Die hupft jeden Tag“, kommentiert der Rentner lachend. Seine aufrichtige Freude unterstreicht, dass die Kinder- und Jugendarbeit im DCC einen hohen Stellenwert hat. „Wir haben eine neue Jugendtrainern, die viele junge Leute angezogen hat und in den Startlöchern steht.“
„Mir fällt ganz selten auf, dass ich 70 bin“, meint Johann Singer, der voller Lebensfreude steckt. Der Altersabstand zu den meisten Aktiven werde immer größer. Schließlich hätten sich Denkweise und Humor der jungen Leute verändert. „Das liegt auch an den neuen Medien und der ständigen Verfügbarkeit.“ Früher sei eine Büttenrede im Fernsehen oder auf dem Ball noch ein Ereignis gewesen.
Für sein Amt sucht er daher einen Nachfolger: „Jemand der Spaß daran hat, meine Aufgaben zu übernehmen.“ Natürlich stehe er weiter mit Rat und Tat zur Verfügung. Und wird auch künftig mitfeiern: „Ich tanz sehr gern“, verrät er, und fügt stolz hinzu: „15 Jahre war ich im Männerbalett.“
Aus fast 50 Jahren Deisenhauser Vereinsleben gibt es einige Anekdoten
Spricht man Johann Singer auf seine DCC-Zeit an, gerät er in Plauderlaune. Kein Wunder, in fast 50 Jahren Vereinsleben sammeln sich einige Anekdoten an. So erinnert er sich etwa, wie er einst als Präsident den Chorleiter Hans Blum als Büttenredner ankündigen sollte. „Er war Elektriker und hat sich immer bei der Arbeit Notizen gemacht, wenn er eine Idee für eine Rede hatte.“ Einer seiner Mitarbeiter verbrannte aber am Tag des Auftritts die leeren Zementsäcke, auf denen Blum seine Rede notiert hatte. „Aber der war so gut, dass er mit seiner improvisierten Rede für Stimmung gesorgt hat.“
Der 1973 gegründete Verein hat seine Bälle früher jeweils unter ein Motto gestellt – vom alten Ägypten über „Gauner, Gangster & Ganoven“ bis hin zu „Elfen, Zwölfen und anderes Waldgetier“ reichte die Bandbreite der 32 verschiedenen Themen. Die Kostüme, die Lieder der Hofsänger, die Bühnendeko – alles war aufeinander abgestimmt. Ein Höhepunkt für Johann Singer: Die handgemalten Bühnenbilder, damals noch im Gasthof Engel, wo der Verein seit seiner Gründung Veranstaltungen durchführte. „Als der Gasthof geschlossen hat, hingen wir in der Luft“, erzählt er. Für ein Jahr sei man dann in das Vereinsheim Bleichen ausgewichen, sowie in den Adler-Saal Wiesenbach. „Dann hatten wir die Chance, unsere Faschingsveranstaltungen in Breitenthal zu veranstalten.“ Bekanntheit habe man vor allem durch Rosenmontagsball und -kinderbälle erlangt.
Hätte die Pandemie das nicht verhindert, würde wohl auch dieses Jahr in Breitenthal ein DCC-Ball stattfinden. Wie immer wäre dem Faschingsveteran wichtig gewesen, dem Publikum eine gute Darbietung zu liefern. Dabei legt er aber auch Wert auf Bodenhaftung: „Ich war immer gegen mehrstöckige Faschingswagen.“ Er wolle, dass die Akteure und die Besucher in Kontakt kommen. Auch ein überfrachteter Faschingsterminkalender mit drei Veranstaltungen pro Wochenende sei nicht seine Sache. Gemütlichkeit und Spaß stünden im Vordergrund: „Verpflichtungen hat man schon genug bei der Arbeit.“
In glückliche Gesichter zu blicken und anderen Menschen eine Freude mit unterhaltsamen Veranstaltungen zu machen – das ist Johann Singers Motivation für seinen ehrenamtlichen Einsatz. Corona zum Trotz wird er wohl weiter die Vereinshymne singen: „An der Günz geht der Fasching nicht unter.“