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Alpenüberquerung mit Mofa: Von Breitenthal an den Gardasee

Einen Jugendtraum erfüllten sich Andreas Zanker, Christoph Huber, Michael Roth, Sebastian Spreitzer und Patrick Konold (von links): Sie fuhren mit dem Mofa über die Alpen.
Breitenthal

Alpenüberquerung anders: Mit dem Mofa von Breitenthal an den Gardasee

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    Wenn Männer sich einen Jugendtraum erfüllen, dann ist das meist ein Abenteuer. Denn was sich der unbedarfte junge Mensch als prickelndes Erlebnis vorstellt, hat in der Umsetzung doch weit größere Hürden als erwartet. So ging es auch einem Team von fünf Männern um die 30. Als einstige Mofa- und Leichtmopedfahrer schwirrte ihnen, allen voran Michael R., eine Idee durch den Kopf, die sie nach rund 15 Jahren endlich in die Tat umsetzen wollten: mit dem Mofa an den Gardasee. 

    "Der Wunsch war latent immer da, aber es hat sich nie ergeben, dass die Freunde gleichzeitig Lust und Zeit hatten, das große Abenteuer anzugehen", erklärt Michael R., warum es so lange gedauert hat, bis die große Fahrt zustande kam. Inzwischen leben die Freunde in einem weiteren Umkreis zerstreut, doch das Vorhaben hat sie immer zusammengehalten. Schließlich hieß es in diesem Sommer: "Jetzt oder nie". Und so machten sich die fünf ans Werk. "Wir holten die alten Maschinen aus Keller und Garage, sie waren ja über mehr als zehn Jahre nicht mehr bewegt worden. Da kam viel Arbeit auf uns zu." Gemeinsam in Breitenthal wurde gereinigt, geschraubt, geölt, um die Mofas fit für die herausfordernde Tour zu machen. "Da hat unser Abenteuer schon begonnen. Die Fahrt selbst war dann noch der Höhepunkt einer mehrere Wochen dauernden Aktion."

    Kalkuliert waren fünf Tage für Hin- und Rückfahrt

    Doch nicht nur das Fahrzeug musste passen. Wer sich mit einem Leichtkrad über die Alpen traut und auch noch sein Gepäck dabeihat, muss gut planen. In mehreren Sitzungen wurde ein Etappenplan erstellt. In dem waren Entfernungen, Steigungen, Witterung, Unterkünfte und Quartier für die

    Im Hänger war das Gepäck untergebracht. Er erwies sich als schwerer Brocken und musste teilweise geschoben werden.
    Im Hänger war das Gepäck untergebracht. Er erwies sich als schwerer Brocken und musste teilweise geschoben werden. Foto: Sammlung Michael R.

    Um all die dringend notwendigen Ausrüstungen mitnehmen zu können, reichte ein Gepäckträger und ein Rucksack nicht aus. Kleidung, Waschzeug, Werkzeug und auch Proviant, denn mit so schwachen Maschinchen kann man notfalls keinen mehrere Kilometer langen Umweg fahren, um an Essen, Getränke oder eine Werkstatt zu kommen. Das bedeutete, es musste auch noch ein Anhänger mit. Michael R. hatte einen Karren, mit dem er als Jugendlicher Zeitungen ausgetragen hat. Der wurde kurzerhand zum Mofaanhänger mit Planenabdeckung umgebaut, was sich auf der Strecke als schwerer Brocken aber auch als sympathiebringender Hingucker erweisen sollte. So manch ein mitleidiger Verkehrsteilnehmer, meist stärker motorisierte Zweiradfahrer, hatte Erbarmen mit dem Gespann und half durch Anhängen oder Mitschieben auf steile Pässe.

    Manchmal gab es bergauf eine Mitfahrgelegenheit für den Hänger.
    Manchmal gab es bergauf eine Mitfahrgelegenheit für den Hänger. Foto: Sammlung Michael R.

    "Wenn niemand zum Helfen da war, mussten wir den Hänger abkoppeln und händisch auf den Gipfel schieben, dann wieder zu Fuß runter und das Mofa holen." Das waren unkalkulierbare Verzögerungen, so wenig vorgesehen wie die Wetterkapriolen. Denn die Fünf hatten sich ausgerechnet die Woche ausgesucht, in der ganz Mitteleuropa im Regen zu versinken drohte und auch Gebiete unpassierbar wurden, die die Mofa-Gang auf ihrem Reiseplan hatte. "Gott sei Dank waren wir einen halben Tag vor der Sperrung in Sölden, der ersten und längsten Etappe unserer Fahrt. Dass wir im Dauerregen, ja Dauersturzregen unterwegs sein werden, hatten wir natürlich nicht geahnt. Wir hatten zwar Gummistiefel, die wir oben abgeklebt haben, und Regenjacken, aber die haben bei dem Extremwetter auch nicht mehr geholfen, wir mussten abends Wasser aus dem Stiefeln schütten, da hätten wir Gläser füllen können", berichtet R..

    Drei Stunden dauerte die Fahrt aufs Timmelsjoch. Das zehrte an Mensch und Mofa.
    Drei Stunden dauerte die Fahrt aufs Timmelsjoch. Das zehrte an Mensch und Mofa. Foto: Sammlung Michael R.

    Über Nacht versuchten die Fahrer, ihre Kleidung ein wenig trocken zubekommen. "In Sölden hatten wir ein Skihotel mit Trockenkeller, da hatten wir Glück." Anders als bei den kommenden Übernachtungen. Der Morgen begann immer gleich: Die Mofas mussten startklar gemacht werden, bevor die nächste Etappe angegangen werden konnte. Denn nicht nur die Fahrer, auch ihre Maschinen litten: zwei Grad Celsius auf dem Timmelsjoch, das nach drei Stunden Bergauffahrt erreicht worden war, hat an Mensch und Mofa gezehrt. 

    Doch während die adrenalingepuschten Männer die Strapazen schnell überwunden hatten, laborierten die Mofas doch deutlich mehr und länger und verlangten Pflege und Reparatur. Die kleinen Maschinen erwiesen sich als ebenso zäh wie zickig. Eine kurze Pause, und die Vespa will nicht mehr losfahren, ein Halt im Regen und Anlasser streiken. Doch die Mofafahrer konnten meist selbst Erste Hilfe leisten und erhielten viel Beistand von Anwohnern, die den fünf aus allerlei technischen Notlagen halfen.

    Ein Sonnenstrahl über dem Gardasee

    "Es ist wirklich erstaunlich, ja herzergreifend, wie viel Hilfe und Freundlichkeit wir auf unserer Tour erlebt haben", erinnert sich Michael R., der noch stundenlang von Abenteuern, Gefahren und Freuden berichten könnte, vom fast einzigen Sonnenstrahl auf der Reise, genau über dem Gardasee, von der Reifenpanne am Anhänger, von den Momenten der Erschöpfung und Mutlosigkeit. Aber aufgeben war keine Option, denn die Mofa-Gang hatte sich bereits in den sozialen Medien präsentiert. Da einknicken und statt als strahlende Helden als verhöhnte Versager verlacht zu werden, kam natürlich nicht infrage. Diese extrinsische Motivation brauchten sie aber nur in seltenen Ausnahmefällen. Ihre Freundschaft und Abenteuerlust hat ausgereicht, die ganze Fahrt trotz schlimmster Bedingungen durchzuziehen und als Freunde wieder heimzukehren. Und noch mehr: Eine nächste Tour, das steht fest, wird es geben. Dann aber gleich ans Mittelmeer, darunter macht es die Mofa-Gang nicht mehr.

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