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Ziemetshausen: Mitarbeiter bei Geiger Automotive in Ziemetshausen wollen Taten statt Worte

Ziemetshausen

Mitarbeiter bei Geiger Automotive in Ziemetshausen wollen Taten statt Worte

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    Beim Automobilzulieferer Geiger Automotive in Ziemetshausen kamen die Mitarbeiter in ihrer Pause auf Einladung der Gewerkschaft BCE und dem Betriebsrat bei Grillhähnchen zusammen, um der Geschäftsführung zu vermitteln: Wir lassen uns nicht verkohlen.
    Beim Automobilzulieferer Geiger Automotive in Ziemetshausen kamen die Mitarbeiter in ihrer Pause auf Einladung der Gewerkschaft BCE und dem Betriebsrat bei Grillhähnchen zusammen, um der Geschäftsführung zu vermitteln: Wir lassen uns nicht verkohlen. Foto: Nadine Rau

    Montagmorgen, kurz nach zehn, die Sonne brennt schon fast auf der Haut - und im Grillwagen drehen sich die Hähnchen in der Hitze. Die Bierbänke stehen bereit, die Getränke auch, dann kommen die Mitarbeiter aus allen Richtungen. "Fehlt nur noch die Blasmusik", ruft einer lachend, und tatsächlich könnte das hier ein kleines Dorffest sein. Der Anlass fürs gemeinsame Grillhähnchen-Essen bei der Firma Geiger Automotive in Ziemetshausen aber ist ein sehr viel ernsterer.

    Torsten Falke von der IG BCE: "Erwarten eine Antwort der Geschäftsführung"

    "Wir wollen heute darauf aufmerksam machen, dass wir von der Konzernleitung eine Antwort erwarten auf die Frage, wie es mit diesem Standort weitergeht. Wir werden seit ein paar Wochen vertröstet, aber wir lassen uns nicht verkohlen", sagt Torsten Falke, Bezirksleiter der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie ins Mikrofon. Betriebsratsvorsitzender Erwin Wucherer ist mit den Informationen, die die Belegschaft von der Geschäftsführung bekommt, ebenfalls unzufrieden: "Die Aussagen sind oft widersprüchlich oder nicht so, dass wir damit etwas anfangen können."

    Torsten Falke, Bezirksleiter der Industriegewerkschaft  Bergbau, Chemie, Energie links und Erwin Wucherer, Betriebsratsvorsitzender der Firma Geiger Automotive, wollen jetzt Taten statt Worte.
    Torsten Falke, Bezirksleiter der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie links und Erwin Wucherer, Betriebsratsvorsitzender der Firma Geiger Automotive, wollen jetzt Taten statt Worte. Foto: Nadine Rau

    Beiden geht es darum, dass es das Geiger-Werk in Ziemetshausen, in dem Kunststofferzeugnisse für sämtliche Mobilitätsbereiche gefertigt werden, in absehbarer Zeit nicht mehr geben soll. Zur Erinnerung: Im September 2020 hatte sich die Geiger Automotive GmbH, eine Tochter der in Japan beheimateten Sanoh-Gruppe, dazu entschieden, mit den beiden Standorten in Murnau und Ziemetshausen an einen neuen Standort nach Penzberg umzuziehen. Dort hätten die Mitarbeiter dann auf dem ehemaligen Gelände der Firma Hörmann gearbeitet, sofern sie den Umzug mitgemacht hätten. Arbeitsplätze wären dadurch wohl nicht verlorengegangen, doch Betriebsrat und Gewerkschaft waren sich einig, dass der Erhalt des Standorts Ziemetshausen forciert werden müsse, zum Beispiel, indem er an einen Investor verkauft wird.

    Geiger Automotive: Eine Hiobsbotschaft nach der anderen in Ziemetshausen

    Neuigkeiten diesbezüglich gab es bis Juni des laufenden Jahres nicht, stattdessen gab der Konzern bekannt, dass der Umzug nach Penzberg ins Wasser fällt. Martin Thorbjörnson von der Geiger-Geschäftsführung in Ziemetshausen teilte dies nach einer detaillierten Prüfung der dortigen Anlage von externen Fachkräften mit. Wucherer und Falke wissen etwas über Asbestreste und Brandschutzprobleme. So oder so war es auf einmal Fakt, dass die Ausgangslage wieder eine ganz neue werden würde - allerdings erneut nicht zu Gunsten des Werkes in Ziemetshausen.

    Denn der ursprüngliche Plan, die beiden bayerischen Standorte auf einen zu reduzieren, besteht noch immer - und die Wahl fiel auf Murnau, nicht auf Ziemetshausen. Im Gegensatz zu Penzberg, sagt Wucherer, können nach Murnau aber nicht alle Mitarbeiter mitgenommen werden. "Wir kommen uns veralbert vor, weil wir die Verlierer sind. Dabei sind wir nicht schlechter, wir machen genauso gute Arbeit", beklagt eine Mitarbeiterin beim Hähnchen-Essen. Immerhin freut sie sich heute am Austausch unter den Kollegen. "Ich finde es sinnvoll, dass mal etwas getan wird."

    Klare Botschaft an die Geschäftsführung: Wir wehren uns.
    Klare Botschaft an die Geschäftsführung: Wir wehren uns. Foto: Nadine Rau

    Normalerweise übliche Betriebsversammlungen gibt es wegen der Pandemie schon lange keine mehr, weshalb es dem Betriebsrat erst recht wichtig war, wenigstens einmal unter freiem Himmel zusammenzukommen und zu zeigen, dass die Mitarbeiter um ihre Arbeitsplätze kämpfen wollen. Angekündigt hat die Geschäftsleitung jüngst eine Belegschaftsversammlung, eine konkrete Einladung gibt es dazu aber noch nicht. Auch in der Hähnchenpause war kein Vertreter der Geschäftsführung dabei, für eine Aussage über den aktuellen Stand war am Montag ebenfalls niemand zu erreichen. "Die Motivation geht immer weiter runter und unsere Kollegen schauen sich leider wo anders um", bedauert Faruk Dalkiran, Mitglied des Betriebsrates. "Gerade die Mitarbeiter auf den Spitzenpositionen finden einfach schnell etwas anderes", ergänzt Betriebsratskollege Maximilian Schäffler.

    Unsicherheit in der Belegschaft: Die ersten drei Mitarbeiter sind weg

    Tatsächlich brechen dem Werk derzeit, wie Wucherer weiß, die ersten drei Leistungsträger weg. Ein Handwerker, der sich überall bestens ausgekannt habe, eine Einkaufsdisponentin, die bei Geiger gelernt und schon seit 24 Jahren dort gearbeitet hat, außerdem ein Logistikleiter. "Manchmal wundert es mich, dass überhaupt noch ein bisschen Motivation da ist", sagt Wucherer.

    Was ihn am meisten stört, und da ist er sich mit Falke von der Gewerkschaft einig, sind die fehlenden Taten der Geschäftsführung. Was die beiden in den vergangenen Monaten erlebt haben, sei nichts als heiße Luft gewesen, dabei habe es durchaus Anregungen gegeben. Nach einem Gespräch mit Landrat Hans Reichhart zum Beispiel habe es den Tipp gegeben, das Unternehmen auf einer speziellen Plattform einzustellen, um mehr Interessenten zu gewinnen. Das sei aber nie passiert. Die Geschäftsführung ihrerseits hätte angegeben, mit einem professionellen Makler nach einem Investor zu suchen, doch Wucherer weiß nicht, ob das genau so stimmt. Eine Art der Zusammenarbeit, die für Wucherer so nicht akzeptabel ist, geht es doch immerhin um rund 140 Arbeitsplätze. Und vor allem geht es ihm um eine Lösung für alle Mitarbeiter, nicht nur für manche davon.

    Beim Automobilzulieferer Geiger Automotive in Ziemetshausen kamen die Mitarbeiter in ihrer Pause auf Einladung der Gewerkschaft BCE und dem Betriebsrat bei Grillhähnchen zusammen.
    Beim Automobilzulieferer Geiger Automotive in Ziemetshausen kamen die Mitarbeiter in ihrer Pause auf Einladung der Gewerkschaft BCE und dem Betriebsrat bei Grillhähnchen zusammen. Foto: Nadine Rau

    Kein Wunder also, dass der Ton langsam rauer wird. Falke von der Gewerkschaft spricht bereits von Streiks, allerdings sind bislang erst 60 Prozent der Belegschaft in der Gewerkschaft. Zuletzt hat Falke besonders geärgert, dass die Geschäftsführung manchen Mitarbeitern bereits Aufhebungsverträge angeboten und ihnen damit "das Messer auf die Brust gesetzt hat". "Die können doch nicht herkommen und sagen, dass es jetzt noch eher eine Abfindung geben könnte als dann, wenn das Werk dichtmachen muss. Das ist keine Fairness, das sind Taschenspielertricks. Schließlich sind nicht alle Mitarbeiter hier Verhandlungsgenies", so Falke. Auf Aushängen im Werk hat er deshalb versucht, jedem Mitarbeiter von Aufhebungsverträgen abzuraten.

    Rechtlich abgesichert: Erwin Wucherer hat sich informiert

    Momentan wartet die Belegschaft auf Antworten vom Wirtschaftsausschuss des Unternehmens. Wucherer erklärt, dass man nach dem aktuellen Stand gefragt und sämtliche Unterlagen angefordert hätte. Vor Kurzem habe er sich außerdem von einem Anwalt informieren lassen, um in rechtlichen Fragen gut vorbereitet zu sein.

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