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Ziemetshausen: Corona: So schätzt die Jugendbeauftragte die Lage ein

Ziemetshausen

Corona: So schätzt die Jugendbeauftragte die Lage ein

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    Canan Nagl aus Ziemetshausen hat in der Coronazeit zwei Bücher geschrieben, 
eines trägt den Titel Mama-Fitness. Freude für Dich und Dein Kind. Canan Nagl ist seit 2020 Ziemetshauser Jugendbeauftragte.
    Canan Nagl aus Ziemetshausen hat in der Coronazeit zwei Bücher geschrieben, eines trägt den Titel Mama-Fitness. Freude für Dich und Dein Kind. Canan Nagl ist seit 2020 Ziemetshauser Jugendbeauftragte. Foto: Peter Bauer

    Im März 2020 wurde Canan Nagl erstmals in den Ziemetshauser Marktrat gewählt, sie wurde Jugendbeauftragte. Wohl kaum einer ahnte damals, in den Anfangszeiten der Corona-Pandemie, welche Bedeutung dieser Tätigkeit zukommen würde. Jetzt, 14 Monate später, wird in Ziemetshausen wie in vielen anderen Orten das Ausmaß sichtbar, wie sehr die Corona-Krise Kinder und Jugendliche belastet. Im Rahmen ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit steht die 41-Jährige in engem Kontakt mit vielen Familien. Die Entwicklung sei bedenklich, sagt sie.

    Die Belastungen für viele Familien und die möglicherweise langfristigen Auswirkungen der Krise werden allmählich sichtbar. In vielen Orten in der Region ist das mittlerweile ein zentrales Thema der ehrenamtlichen Jugendarbeit.

    Ziemetshausen plant eine Umfrage unter Jugendlichen

    In Stadtbergen beispielsweise befragte das Jugendpflegeteam 50 Kinder und Jugendliche direkt zu ihren Gefühlen und Wünschen. Gesprochen wurde mit Eltern und Betreuungseinrichtungen. Die Ergebnisse der Befragung seien teilweise „erschreckend“. Wenig Kontakte mit Freunden, Wegfall des Schulbesuchs, „Dauersitzungen“ vor dem Handy oder dem Fernseher, Homeschooling und Homeoffice in beengten Wohnverhältnissen, die gravierende Erfahrung, dass Kinder und Jugendliche massiv mit den Themen Krankheit und Tod konfrontiert sind: All das führt offensichtlich zu einer massiven Häufung von psychischen Problemen. Wie Canan Nagl berichtet, plant die Marktgemeinde Ziemetshausen eine Umfrage, in der es darum geht, was sich junge Menschen wünschen.

    Sie geht davon aus, dass es für Ferien- und Freizeitprogramme mit Blick auf die Corona-Krise neue Ansätze geben muss. Sie selbst ist Mutter zweier Söhne (Can, sieben Jahre, und Matteo, vier Jahre). In den vergangenen Jahren hat sie ein spezielles Sport- und Fitnessprogramm für Schwangere und Mütter nach der Geburt entwickelt und 2019 in Ziemetshausen die Einrichtung Mamafreunde Fitness eröffnet. Seit Beginn der Corona-Krise musste sie das Kursangebot teilweise auf Online-Formate umstellen oder auch ins Pfarrheim ausweichen.

    Canan Nagl: "Die Vereine haben doch Konzepte"

    Homeoffice, das ist auch für Canan Nagl, ihren Mann und die beiden Kinder der Alltag geworden. Aber anders als viele Berufstätige sei sie selbstständig und habe daher bessere Möglichkeiten der Zeiteinteilung. Durch ihre Kontakte erfahre sie immer wieder, wie angespannt die Situation in vielen Familien sei. Sie betont auch: „Jeder Tag in der Schule ist ein Gewinn für die Kinder.“ Immer wieder spüre sie bei Kindern ein Gefühl der „Ohnmacht“, die Situation sei für Kinder „nicht greifbar“. Sie erzählt, wie sie vor einigen Tagen mit ihren Kindern nach langer Zeit wieder einmal ins Deutsche Museum nach München fahren konnte. Dieses besondere Erlebnis habe auch klar vor Augen geführt, was Kindern und Jugendlichen im Corona-Alltag fehle.

    Sie wünscht sich, dass den Vereinen und ihren Aktivitäten von der Politik mehr Vertrauen entgegengebracht werde: „Die Vereine haben doch Konzepte.“ Im Rahmen ihrer ehrenamtlichen Arbeit möchte sie dazu beitragen, die Freizeitaktivitäten für Kinder und Jugendliche weiterzuentwickeln. Canan Nagl spricht unter anderem von verschiedenen Angeboten in der freien Natur, die in unserer schönen Region möglich seien. Sie hofft auf schlüssige politische Konzepte für Schulen, Kitas und Familien. Vor allem im Sommer 2020 sei hier viel versäumt worden.

    Viele geimpfte ältere Menschen auf der einen Seite, viele nicht geimpfte junge Menschen auf der anderen Seite: So mancher schließt nicht aus, dass es in den nächsten Monaten gar zu einer Art Generationenkonflikt kommen könnte. Canan Nagl spricht von einer hohen gesamtgesellschaftlichen Erwartungshaltung mit Blick auf die Familien. „Da ist Druck da, das ist für viele doch wie im Hamsterrad.“ Und viele hätten nicht den Mut, offen über die Belastungen zu sprechen, weil dies als Schwäche ausgelegt werden könne.

    Canan Nagls Vater stammt aus Istanbul

    Wenn Canan Nagl über das Thema Familie spricht, dann wird immer wieder spürbar, wie wichtig familiärer Zusammenhalt auch für sie selbst ist. Sie erzählt von ihrem Vater, Jahrgang 1954, gelernter Sattler aus Istanbul, der nach Deutschland kam, um für eine Frankfurter Messebaufirma zu arbeiten. Der Vornahme Canan deutet auf diese besondere Familiengeschichte hin. Ihre Mutter stammt aus dem Spessart, Canan Nagl ist in der rund 19.000 Einwohner zählenden Stadt Alzenau in Unterfranken/Spessart unweit von Hanau geboren. Durch die Verbindung mit ihrem Mann kam sie 2014 nach Ziemetshausen.

    Die Corona-Zeit hat die Familienbegleiterin der Gesellschaft für Geburtsvorbereitung genutzt, um zwei Bücher zu schreiben: „Mama-Fitness. Freude für dich und dein Kind“ sowie „Fit mit dem Balance Board. Wackelwippen“, die beide im Aachener Meyer & Meyer-Verlag (Auflage jeweils 2000 Stück) erschienen sind. Das Buch „Fit mit dem Balance Board“ erscheint im Herbst. Das Schreiben habe ihr in der Krisenzeit sehr gutgetan, berichtet sie, es sei auch eine Botschaft der Zuversicht. Die sei gerade jetzt wichtig, wie sie betont. Denn „Angst ist ein schlechter Ratgeber.“

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