Geistlicher aus Thannhausen tritt in die Fußstapfen des "Staudenbischofs"
Ein Blick auf das Leben des Geistlichen Rates Franz Sales Baur (1852-1942), der für die Landschaft "Stauden" prägend wurde. Einen speziellen Draht gab es zu Sebastian Kneipp.
Mit der Berufung des aus Thannhausen stammenden Geistlichen Andreas Schmid als Leiter der Pfarreiengemeinschaft „Stauden“ tritt er in die Fußstapfen des legendären „Staudenbischofs“ Franz Sales Baur, der 1942 an seinem 90. Geburtstag in Mickhausen starb. Der Pfarrer von Walkertshofen Anselm Mayer erhielt dann in der Nachfolge im Volksmund ebenfalls den Titel eines "Staudenbischofs". Es ist eine Bezeichnung, die auf ihre Weise für die Faszination der besonderen Landschaft namens "Stauden" steht.
Mayer folgte 1969 Geistlicher Rat Heribert Gropper, der 1996 als Ruhestandspfarrer in Wollmetshofen starb. Auch er wurde 90 Jahre alt. Mit ihm endete die Reihe der „Staudenbischöfe“, priesterlichen Persönlichkeiten von Format.
Es waren wohl die lieben Mitbrüder, die dem Pfarrer von Mickhausen den Titel eines „Staudenbischofs“ gaben. Das hatte einen spöttischen Beigeschmack, denn die Pfründe der 700-Seelen-Pfarrei waren eher armselig. Franz Sales Baur stammte aus der Mühle in Spöck bei Kirchheim, wo er am 14. Januar 1852 geboren wurde. Das Gymnasium besuchte er in Augsburg, St. Stephan. Diese Schule der Benediktiner gehörte zu den besten in ganz Bayern. Zum Studium der Philosophie und Theologie ging der Abiturient nach München. Unterkunft und Verpflegung fand er im Herzoglichen Georgianum. Am 2. August 1876 weihte ihn Bischof Pancratius von Dinkel zum Priester.
Franz Sales Baur wurde ein Fall für Sebastian Kneipp
Der Generalvikar schickte den schwächlichen Neupriester zu Pfarrer Dominikus Ringeisen nach Ursberg. Dem war schnell klar, dass dies ein Fall für Pfarrer Sebastian Kneipp war. Sehr rasch schlug die Behandlung an. Kaplan Baur erholte sich und konnte den Pfarrer von Ursberg unterstützen. 1879 wechselte er als Benefiziat nach Kirchhaslach. 1881 ging er als Frühmessbenefiziat nach Babenhausen, aber schon ein halbes Jahr später präsentierte ihn Graf Rechberg-Rotenlöwen als Pfarrer für Mickhausen.
Mickhausen gehörte damals zum Dekanat Kirchheim wie auch Balzhausen. Die volksnahen Predigten des jungen Pfarrers, in denen es nie an Beispielen fehlte, wurden allgemein gelobt. Zu festlichen Anlässen lud er auch Nachbarpfarrer zum Predigen ein. Eine Volksmission sollte dem religiösen Leben neuen Auftrieb geben. Einer der Prediger war der Wörishofer Pfarrer Sebastian Kneipp, dessen Wasserkur Pfarrer Baur viel zu verdanken hatte. Noch Jahre später schwärmten die Leute von den Predigten, die Pfarrer Kneipp bei der Volksmission gehalten hatte. Während in anderen Diözesen Ordensleute wie die Redemptoristen oder die Kapuziner die Volksmissionen als Prediger und Beichtväter bestritten, hat man in der Diözese Augsburg geeignete Weltpriester als Volksmissionare eingesetzt. Manche von ihnen hätten jeder Domkanzel zur Ehre gereicht.
Franz Sales Baur war als Beichtvater gefragt
Der Pfarrer von Mickhausen wurde gebeten, ebenfalls bei den Volksmissionen mitzuarbeiten. Er übernahm auch Exerzitienkurse im Krumbad. Vor allem als Beichtvater war er gefragt. Manchem, der schon lange nicht mehr beim Beichten war, nahm er die Furcht und half zu einem guten Bekenntnis. Alle rühmten seine Güte. Als Buße gab er gerne das Beten des Kreuzwegs auf.
Jede Woche trafen sich die Priester des Dekanates. Aus diesem Anlass gönnte sich der Pfarrer ein Glas Bier und eine schwarze Bismarck-Zigarre. Als er einmal fehlte, erreichte ihn wenige Tage später eine Karte, auf der zu lesen war. „Wo bist Du gestern geblieben? Es ist zwar ohne Dich gegangen, aber Deinen unverwüstlichen Humor haben wir vermisst“. Bischof Maximilian von Lingg hat die großen Dekanate wie Kirchheim oder Mindelheim verkleinert.
Walkertshofen wurde Sitz eines neuen Dekanats
Ein Dekanat sollte nicht viel mehr als zehn Pfarreien umfassen. So wurde Walkertshofen zum neuen Dekanat. Mehrfach wurde Pfarrer Baur angefragt, ob er nicht eine größere Pfarrei übernehmen wolle. Das lehnte er ab. Neben der Seelsorge war ihm die Gründung von Raiffeisenkassen in den Stauden ein großes Anliegen. Er konnte die Leute von der Wichtigkeit dieser Kassen überzeugen.
Eines Tages besuchte Bischof Maximilian von Lingg zusammen mit Weihbischof Karl Reth den Pfarrer von Mickhausen. Als sie gemütlich beisammensaßen, meinte der Bischof: „Jetzt sind drei Bischöfe am Tisch“, denn es war dem Bischof zugetragen worden, dass man von Pfarrer Baur, inzwischen Bischöflich Geistlicher Rat, als dem „Staudenbischof“ sprach. Auch Bischof Josef Kumpfmüller stattete dem Pfarrhaus in Mickhausen einen überraschenden Besuch ab. Der Pfarrer wollte dem hohen Gast ein Glas Wein servieren fand aber keine Weingläser, dann nahm er ganz einfach Kaffeetassen, an denen allerdings der Henkel fehlte. Das charakterisiert die Bescheidenheit, in der er lebte.
Im Jahr 1932 wurde sein 80. Geburtstag gefeiert
Der 80. Geburtstag 1932 wurde groß gefeiert und gleichzeitig sein 50 jähriges Pfarrjubiläum. Der Generalvikar schrieb ihm aus diesem Anlass. „50 Jahre auf der gleichen Pfarrei haben Sie sich als ein Felsen der Stabilität und Treue erwiesen, ein vorbildlicher Priester und Pfarrer, ein würdiger Seelenhirte“. Bis zum 85. Lebensjahr amtierte er als Pfarrer. Bis zuletzt erteilte er Religionsunterricht und besuchte die Kranken.
Als er 1938 das Diamantene Priesterjubiläum feiern konnte, durfte kein Kirchenzug mehr gemacht werden, das hatte die Nazipartei verboten. Der „Staudenbischof“ aber sang noch mit kräftiger Stimme die feierliche Präfation und die neuen Glocken erklangen beim Te Deum. Doch bald mussten auch sie schweigen. Vor Weihnachten 1941 hat man sie beschlagnahmt und abgenommen. Am 14. Januar 1942 starb der Staudenbischof, den viele nur als den „Sales“ kannten. Obwohl keine Glocken mehr läuteten, war die Beteiligung an der Beerdigung überwältigend. Dies ist umso bemerkenswerter, als es der kälteste Tag des Jahres war mit mehr als 30 Minusgraden. In Mickhausen ist der „Staudenbischof“ unvergessen und sein Grab wird bis heute liebevoll gepflegt.
Zahlreiche Anekdoten werden bis heute weitererzählt. Dass sie nicht ganz vergessen werden, verdanken wir dem Chronisten der Stauden, Walter Kleber. So die Bemerkung des Pfarrers am Grab zu einem untröstlichen Witwer. „Brauchst net so zu weinen. Du findest schon wieder eine“. Oder zu einem durstigen Beichtkind: „Gell, hoscht manchmal a Räuschle?“- „Ja, grad nächt han ich wieder eins ghät“. „Des isch halb so schlimm, der isch dir teuer gnua komma“. Als er beim Gang durch die Felder einer Bäuerin begegnet, die darüber jammert, dass ihr Hafer nicht wächst, meint der Pfarrer trocken: „Da hilft kein Beten. Da muss Mist hin“.
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