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Thannhausen: Als Briefe noch mit der Geschwindigkeit von Pferden reisten

Thannhausen

Als Briefe noch mit der Geschwindigkeit von Pferden reisten

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    Zwei Postillione. Zur Verpflegung dazu gab es täglich zwei Liter Bier.
    Zwei Postillione. Zur Verpflegung dazu gab es täglich zwei Liter Bier. Foto: Sammlung Goltermann

    Die Arbeiter staunten nicht schlecht, als sie beim Ausschachten im Zuge der Renovierung des Hotels Post auf ein großes Skelett stießen. Zuerst dachten sie es handle sich um einen fossilen Saurierfund, doch ganz so alt waren die Knochen dann doch nicht. Es handelte sich um ein Pferdeskelett. Etwa hundert Jahre hatten die Gebeine im Boden überdauert, bis die Arbeiter die Totenruhe störten. Hinter dem heutigen Hotel in der Thannhauser Bahnhofstraße befand sich einst der Pferdestall der dort angesiedelten königlich-bayerischen Posthalterei.

    Die "strenge Strecke" setzt den Pferden ziemlich zu

    Mit der Tierverwertung nahm man es damals noch nicht ganz so genau wie heute. Starb eines der Tiere, wurde der Kadaver meist in eine Grube im Hof geworfen und verscharrt. Offenbar kam es häufiger vor, dass Pferde der königlichen Posthalterei auf diese Weise ihr Ende fanden. Theodor Schreiegg, seit 1909 Pächter der Posthalterei, beklagt sich in einem Schreiben aus dem Jahre 1917 bei der Oberpostdirektion in Augsburg darüber, dass die Tiere, die ihm für den Postverkehr zur Verfügung gestellt werden, allesamt in einem beklagenswerten Zustand seien. Die „strenge Strecke“ zwischen Thannhausen und Jettingen, wo die nächste Posthalterei auf dem Weg nach Norden lag, setze den alten Kleppern offenbar ziemlich zu. Außerdem gab es Probleme mit der Fütterung. Schreiegg drohte sogar mit der Kündigung des Pachtverhältnisses, sollte sich die Situation nicht bald verbessern. Aufwand und Ertrag gerieten allmählich ins Missverhältnis. Woran nicht allein die klapprigen Mähren schuld waren.

    Mit der zunehmenden Motorisierung hatten die Pferde ohnehin bald ausgedient. Das Geschäft mit den Posthaltereien lohnte sich nicht mehr, und so war es nur folgerichtig, dass der Betrieb des Packwagenverkehrs im November 1922 eingestellt wurde. Damit endet nach gut 30 Jahren die Geschichte der Posthalterei im Besitz der Familie Schreiegg.

    Was hat es mit dem doppelten Grabstein auf sich?

    Die Schriftstücke und Archivalien, die Dr. Nils Goltermann, Schwiegersohn der letzten Posthalterin Anna Schreiegg, mühevoll im Staatsarchiv in München kopiert hat, füllen heute zwei moosgrüne Kartonkästchen. Anlass für seine Nachforschungen war ein Grabstein auf dem Thannhauser Friedhof. Goltermann fiel auf, dass auf der Rückseite des Epitaphs Bernhard Schreieggs ein weiterer Name stand: Julie Drexel. Er fragte sich, welche Verbindung diese

    Der Dienstsitz war in seinem Mietshaus in der damaligen Augsburger-Krumbacher Landstraße untergebracht. Als Friedrich Brandner 1870 das Zeitliche segnet, springt seine Witwe für ihn in die Bresche und führt die Geschäfte weiter. Offenbar sogar mit Expansionsabsichten. Denn schon im November 1871 setzte sich Bürgermeister Ignaz Prestele persönlich für die Witwe ein und sprach beim königlichen Oberpostamt in Augsburg wegen der Errichtung eines Poststalls vor. Im Dezember geht ein Gesuch an das Oberpost- und Bahnamt, eine Postomnibuslinie von Thannhausen nach Jettingen einzurichten.

    Damals selbstverständlich noch nicht motorisiert, sondern mit den eingangs erwähnten Pferden. Die Familie Drexel kommt 1887 ins Spiel, als dem Brauereibesitzer Johann Drexel der Poststall übertragen wird. Bereits fünf Jahre später stirbt

    Täglich zwei Liter Bier zur Verpflegung

    Kein einfaches Unterfangen. Um seinen guten Ruf zu belegen, musste Theodor Schreiegg sogar ein sogenanntes Leumundszeugnis vorweisen. Eine Art Führungszeugnis, in dem der Bürgermeister Albert Waltenberger mit seiner Unterschrift bezeugt, „dass gegen den Leumund [Schreieggs] nichts Nachteiliges bekannt ist“. Eine Art Inventar listet auf, was er im Dienst der Posthalterei „vorzuhalten“ hat: zwei Pferde, zwei Postillione und zwei „viersitzige Chaisen, welche gedeckt, von allen Seiten gut verschließbar und mit Laternen versehen sein müssen“.

    In den Unterlagen Goltermanns findet sich noch ein interessantes Schriftstück vom 1. Juni 1922, auf dem erfasst ist, welchen Lohn die beiden Postillione Wimmer und Gaßner erhielten. Monatlich gab es 500 Mark, davon wurden 45 Mark Einkommenssteuer und 71,60 Mark Invaliden- und Krankengeld abgeführt. Den größten Teil des Lohns machte jedoch die Verköstigung aus. Frühstück – 2 Mark, Vesper – 6 Mark, Mittagessen – 15 Mark, Vesper nachmittag – 6 Mark, Abendessen – 13 Mark, Brot – 6 Mark und täglich gingen zwei Liter Bier aufs Haus. Macht pro Tag 60 Mark. Als die Pläne für die Einstellung des Postkutschverkehrs von Thannhausen nach Jettingen bekannt wurden, beschwerte sich die Stettensche Gutsverwaltung in Burtenbach noch bitter. Doch das Problem hatte sich bald gelöst. Am 1. April 1923 startete der erste motorisierte Postomnibus auf der Linie Wettenhausen, Jettingen/

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