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Silvester: Feuerwerk-Verbot: Hat’s was gebracht?

Silvester

Feuerwerk-Verbot: Hat’s was gebracht?

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    Wunderschöne Farbspiele gibt es überall in der Region an Silvester zu sehen. Die Stadt Günzburg hat in der Altstadt ein Abbrennverbot ausgesprochen – dies scheint einer ersten Einschätzung nach gewirkt zu haben.
    Wunderschöne Farbspiele gibt es überall in der Region an Silvester zu sehen. Die Stadt Günzburg hat in der Altstadt ein Abbrennverbot ausgesprochen – dies scheint einer ersten Einschätzung nach gewirkt zu haben. Foto: Erich Hermann

    Die Günzburger Altstadt ist voll von denkmalgeschützten Häusern und Kirchen. Um diese zu schützen, hat die Stadt

    Bunt, glitzernd und laut war es auch dieses Jahr am Himmel über Günzburg. Doch ein Blick an die Straßenränder am nächsten Morgen zeigt, dass die Überreste von Feuerwerksbatterien, Raketen und Co geringer ausgefallen sind als die Jahre zuvor. Diesen Eindruck bestätigt Julia Ehrlich, die Pressesprecherin der Stadt Günzburg: „Gemeinsam mit den Einsatzkräften der Feuerwehr sowie den Polizeibeamten ist unser Eindruck, dass unser Ziel, die Bevölkerung für den Brandschutz in der Altstadt zu sensibilisieren, erreicht wurde. Die ersten Rückmeldungen aus der Bevölkerung sind positiv.“ Am Neujahrstag lagen der Stadt weder Fremdanzeigen noch dokumentierte Verstöße gegen die erlassene Allgemeinverfügung vor. Das änderte sich jedoch gestern Mittag: Wie Stefan Müller, Leiter der Polizeiinspektion Günzburg, auf Nachfrage unserer Zeitung mitteilt, wurde ein denkmalgeschütztes Haus im Bereich des Marktplatzes rund um das Neujahrsfest beschädigt. Mehrere Rußflecken sind an der dortigen Hausfassade zu finden, zudem wurden einige Fensterbänke durch Brandflecken beschädigt. „Es ist anzunehmen, dass Raketen oder Böller dort abgeschossen wurden oder gelandet sind“, sagt Müller. Ersten Schätzungen zufolge entstand ein Schaden von rund 500 Euro.

    Laut Polizeichef wurden an Silvester sonst keine Verstöße gegen das Abbrennverbot festgestellt. „Das heißt aber nicht, dass sich alle an das Verbot gehalten haben.“ Seine Kollegen konnten den Bereich rund um den Marktplatz zeitlich nur stark eingeschränkt überwachen, da die Einsatzlage sehr üppig gewesen sei. Wenn die Polizei jemanden erwischt, der sich nicht an das Verbot hält, werden die Personalien aufgenommen und an die Stadt weitergegeben, so Müller. Diese sei für die Ordnungswidrigkeit zuständig und werde den Fall weiter verfolgen.

    Günzburg hat sich vor wenigen Wochen für ein solches Feuerwerksverbot entschieden, da in den vergangenen Jahren Besitzer denkmalgeschützter Gebäude vermehrt auf die Stadt zugegangen waren. Auch die Umwelt spiele eine Rolle. Und genau dieser Punkt ärgert Edgar Rohr – denn in der emotional geführten Diskussion halten sich seiner Meinung nach zu wenige an Fakten. Der 53-Jährige ist Sachverständiger für angewandte Pyrotechnik und hat in den vergangenen Jahren rund 4000 Feuerwerke abgebrannt. Unter anderem zeichnet er für die Feuerwerke im Legoland sowie auf dem Günzburger Volksfest verantwortlich.

    Rohr stellt eine einfache Rechnung auf: Bei einer großen Feuerwerksbatterie mit einer Nettoexplosionsmasse von 500 Gramm entstehen maximal 250 Gramm Kohlenstoffdioxid. Zum Vergleich: Ein Dieselauto, das 5,5 Liter auf 100 Kilometer verbraucht, stößt dieselbe Menge an CO2 auf rund 1,6 Kilometer aus. „Ich verstehe, dass der Umweltschutz ganz oben steht. Aber man muss sich schon die Frage stellen, ob der riesige Hype, der um ein Feuerwerk gemacht wird, gerechtfertigt ist“, sagt Rohr. Selbst das Umweltbundesamt schätzt die CO2-Emissionen aus Feuerwerkskörpern gering ein.

    Da die Planungen zum Volksfest 2020 gerade erst laufen, kann Pressesprecherin Ehrlich noch nicht sagen, ob es das traditionelle Feuerwerk wieder geben wird. Pyrotechniker Rohr versteht die Aufregung nicht und legt die Zahlen vom Günzburger Feuerwerk 2019 vor: Demnach wurden maximal 85 Kilogramm Kohlenstoffdioxid freigesetzt – das entspricht einer etwa 1200 Kilometer langen Autofahrt. „Diese Zahl ist vernachlässigbar gering. Sechs Kilogramm Rindfleisch setzen dieselbe Menge an CO2 frei – aber deswegen wird doch weiter Essen auf dem Volksfest verkauft und niemand beschwert sich hier über Umweltverschmutzung“, sagt Rohr. Auch der zu erwartende Feinstaub liege bei einem Feuerwerk deutlich unter dem zulässigen Richtwert. Zudem sei Pyro-Feinstaub anders als der von Autos, erklärt Rohr. Er sei mineralischer Natur und binde sich mit Wasser; er werde also schnell ausgespült.

    Eine Lasershow statt eines Feuerwerks hält Rohr für wenig sinnvoll. Die sei nämlich schädlicher als die Pyrotechnik, erklärt der Experte und legt verschiedene Messungen vor. Denn um die Lichtstreifen sichtbar zu machen, bedarf es einer großen Menge künstlichen Nebels, der wiederum von Generatoren mittels Chemikalien erzeugt werden müsste. „Man muss bei der Pyrotechnik und der Frage nach der Umweltverschmutzung schon die Kirche im Dorf lassen“, sagt Rohr. Er kenne die Zahlen und kann deswegen seinen Beruf und seine Produkte guten Gewissens vertreten. Das sehen offenbar auch seine Kunden so: Seit Jahren steigt sein Umsatz jeweils um rund zehn Prozent.

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