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Offingen: Wo Radler im Kreis Günzburg auftanken

Offingen

Wo Radler im Kreis Günzburg auftanken

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    Radler und Russ sind die Renner. Bei der Radlergruppe auf dem Bild ist es ein alkoholfreies Weizenbier.
    Radler und Russ sind die Renner. Bei der Radlergruppe auf dem Bild ist es ein alkoholfreies Weizenbier. Foto: Peter Wieser

    Was tankt der Fahrradfahrer, wenn er zur Donau-Radler-Tankstelle nach Offingen kommt? Klar, ein Radler. Es ist tatsächlich so: Radler und Russ, dicht gefolgt vom alkoholfreien Weizenbier stehen bei Liane und Herbert Schwegler ganz weit oben. Seit 2010 betreibt das Ehepaar am Ortsausgang von

    Die Idee dazu entstand bereits knapp zehn Jahre vorher. Herbert Schwegler entdeckte bei seinen Bootstouren auf der Donau bei Regenburg etwas Ähnliches – speziell für Bootsfahrer. Die allerdings sind bei uns eher seltener. Dafür aber eine ganze Menge Fahrradfahrer, vor allem durch den Fahrradboom der vergangenen zehn Jahre. Und die kommen nicht nur aus der Umgebung, sondern so ziemlich aus der ganzen Welt. In unmittelbarer Nähe führt ja auch der Donauradweg vorbei, 2 850 Kilometer lang und von Donaueschingen zum Schwarzen Meer.

    Was mit fünf Biertischgarnituren und einem Imbisswagen begann, ist heute eine ansehnliche „Stelle zum Auftanken“ mit rund 100 Sitzplätzen, stets die Donau im Blick, geworden. Die Hütte, wo sich der Radler mit Speis und Trank versorgen kann, übrigens ziert – wie könnte es auch anders sein – ein Fahrrad. Sogar ein buntes „Kleidle“ hat es an. Das hat Liane Schwegler für das „Fahrrädle“ gestrickt.

    Für die Radwanderer aus aller Welt hält Liane Schwegler ein kleines „Büchle“ bereit. „Wer etwas hineinschreibt, bekommt a Schnäpsle“, erzählt sie schmunzelnd. Eingetragen haben sich zum Beispiel Trevor aus Nottingham. „A lovely spot for a cold beer after a lovely day cycling along the Donau“ – ein reizender Platz für ein kaltes Bier nach einem herrlichen Tag mit dem Fahrrad entlang der Donau. So hat sich der Engländer verewigt. Seine 1 100 Kilometer lange Tour begann in Konstanz. Entlang von Neckar, Rhein, Main, Altmühl und Donau und landete er schließlich im schwäbischen Offingen.

    Und der Australier mit seinem Uralt-Fahrrad mit Anhänger und Zelt auf dem Weg zum Schwarzen Meer hatte sein Didgeridoo dabei und damit gleich die Gäste unterhalten. Dem Chinesen wiederum schmeckte das, was sich auf dem Brotzeitbrettle befand, besonders gut. Logisch: „When you drink Bavarian beer, you must eat Bavarian food – Leberwurst und Pressack“, erzählt die Offingerin. Dann gab es noch die dreiköpfige Familie aus Zaragoza in Spanien: Miguel und Arancha waren samt der kleinen Candele im Fahrradanhänger mal gerade unterwegs nach Budapest. Natürlich gebe es auch solche, die den Donauradweg, andersherum, nämlich flussaufwärts befahren.

    Im Sommer, bei über 30 Grad, komme so mancher verschwitzt und abgekämpft daher. Da sei schnell vom „Paradies“ die Rede, vor allem bei einem kühlen Apfelschorle. Aber es gebe auch andere Tage, an denen es „gradaus herunterregnet“. „Dann gibt’s eben a warmes Süpple oder einen heißen Kakao“, schmunzelt Herbert Schwegler. Radler seien hartgesotten. Ein „Ich will heim“ habe es noch nie gegeben. Überhaupt wäre es für ihn das Schlimmste, wenn ein Fahrradfahrer vorbeikäme und die Donau-Radler-Tankstelle hätte nicht geöffnet. „Wenn überhaupt, dann macht höchsten der Petrus bei uns Ruhetag“, sagt Herbert Schwegler. Doch dazu müsse es schon ausgesprochen kalt und verregnet sein.

    Immer wieder gibt es auch Pannen. Die reichen vom klassischen Platten bis hin zu gebrochenen Speichen oder gerissenen Ketten. Schwegler erinnert sich an die Engländerin, die er wegen einer kaputten Radnabe an einem Sonntagvormittag in der ganzen Umgebung herumgefahren habe. Ansonsten stünden Flickzeug, Werkzeug, Fahrradschläuche, Luft und natürlich auch Strom für die E-Bikes zur Verfügung. Und notfalls verweist er an ein Fahrradgeschäft in der Umgebung. Apropos E-Bikes: Seit es diese gibt sind immer mehr Senioren unterwegs. Ansonsten sind die Fahrräder grundverschieden und reichen vom klapprigen Drahtesel über das High-Tech-Mountain-Bike bis hin solchen, auf denen man liegend die Landschaft vorbeiziehen lässt.

    Einen kleinen Unfall gab es übrigens auch schon einmal: Nicht am Bier habe es gelegen, er habe gar keines getrunken, nur dunkel sei es langsam geworden. Wohl mangels Orientierung habe der Gast die Rudolf-Nusser-Kurve unten an der Brücke etwas verfehlt und die Heimfahrt endete zunächst woanders, auf geradem Wege in der Donau. Das Fahrrad zog Herbert Schwegler persönlich heraus. Dank Batteriebetrieb – das Rücklicht verrichtete seinen Dienst auch unter Wasser noch zuverlässig – war es relativ leicht wiederzufinden.

    Die meisten der Radlergäste kommen jedoch aus der Region, oft ganz gezielt. Für viele aus der Umgebung ist die Donau-Radler-Tankstelle inzwischen ein fester Treffpunkt geworden: Senioren, Gruppen und am Wochenende vor allem Familien mit Kindern, die dort einkehren. Am ersten Mai hatte sich das Ganze auf den Sonntag zuvor verlagert. Klar, da herrschte noch bestes Radlerwetter, während für den Montag Regen angesagt war. Radler kamen trotzdem, wenn auch merklich weniger.

    Ach ja, nicht nur Radler, sondern auch Fußgänger kommen regelmäßig vorbei: Liane Schwegler berichtet von dem alten Mann mit weißem Haar, mit Rucksack und mit einem Stock, in den ein Kreuz geschnitzt war: Er komme von Spanien und laufe gerade nach Jerusalem, habe er gesagt. Dann gab es noch den Franzosen, der in Begleitung seiner Tochter unterwegs war. Er habe mit 70 Jahren noch nie ein Abenteuer erlebt. Jetzt begleite sie ihn vom Atlantik zum Schwarzen Meer, habe diese erzählt.

    Fahren den die Schweglers eigentlich auch selber Fahrrad? „Nein, dafür haben wir keine Zeit“, lachen sie. Der nächste Radler wartet bereits. Was darf’s denn sein? Ebenfalls wieder ein Radler, dieses Mal ist es allerdings ein alkoholfreies.

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