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Offingen: Wirtschaftstitan mit weichem Herz

Offingen

Wirtschaftstitan mit weichem Herz

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    Johann Offermann (geboren am 17. März 1855, gestorben am 6. April 1926) ist eine prägende Gestalt der heimischen Wirtschaftsgeschichte.
    Johann Offermann (geboren am 17. März 1855, gestorben am 6. April 1926) ist eine prägende Gestalt der heimischen Wirtschaftsgeschichte. Foto: BWF-Group

    Die Schwiegertochter von Kommerzienrat Johann Offermann urteilte treffend: „Er hatte zweifellos die Allüren eines Titanen, war kein bequemer Zeitgenosse, aber er hat es auch sich selbst nicht bequem gemacht. Seine weniger erfreulichen Eigenschaften machten nur einen kleinen Teil des Mannes aus, der Großes geschaffen hat und im Grunde sogar ein weiches Herz besaß.“ Diese Aussage machte Heidi Offermann, Gattin seines ältesten Sohnes August in einem Brief aus dem Jahre 1910, über den acht Jahre vorher vom königlich bayerischen Staatsministerium mit dem Titel „

    Wer war dieser Johann Offermann? Er ist als ältester Sohn eines Webermeisters am 17. März 1855 im westfälischen Eupen geboren, besuchte die Bürgerschule, absolvierte in einer Filzfabrik die Kaufmannslehre und beschäftigte sich in der Freizeit mit Fremdsprachen, von denen er schon als Kind sieben lesen und schreiben konnte. Zur großen Stütze seiner Mutter und der vier Geschwister wurde er mit 15 Jahren nach dem Tod des Vaters. Am 9. Mai 1883 heiratet er die gleichfalls in

    „Könner mit Weitblick und kühler Rechner“, aber auch „kluger Kopf mit der Tugend zur Einsicht“ waren nur einige Bewertungen, die Johann Offermann schon Jahre vorher als Unternehmer mit dem Spitznamen „Nehli“ bekannt machten. Besonders nach seiner Ernennung zum Kommerzienrat wollte er auch seine Würde nach außen dokumentieren. 1898 kaufte er sich für seine Familie an der heutigen Dillinger Straße in Günzburg ein „romanisch-neugotisch-romantisches Anwesen mit zwölf Zimmern“, das 1955 verkauft, 1976 abgebrochen und durch das spätere Woolworth-Kaufhaus ersetzt wurde. Von dieser Offermann-Villa aus ließ er sich täglich in gestreifter Hose und mit hellgrauem Filzhut bekleidet in der Equipage-Kutsche oder mit dem Schlitten zur „Fabrik“ in Wasserburg fahren.

    Das Verhältnis zu seinen Arbeitnehmern und sein Spendenverhalten nach der Ernennung zum Kommerzienrat charakterisiert eine Beschreibung aus dieser Zeit: „Offermann ist um seine Leute treu besorgt, hat auch seinen Gemeinsinn in schönster Weise bekundet, insbesondere durch die Spende von 1500 Mark zum Grundkapital der Zuchttier-Genossenschaft Wasserburg und 10000 Mark für ein Stipendium am Gymnasium in Günzburg.“ Seine Frau Henriette hatte es mit ihm nicht immer leicht, wie es aus der Familiengeschichte hervorgeht: Ihr Mann sei ernst, cholerisch, ein Arbeitstier und wenig ausgeglichen. Auf eines aber legte er wert: Beide wollten gute Eltern sein und ihre Kinder zu eigenständigen Menschen erziehen. Dass ihnen dies gelungen ist, beweisen die Nachfolger. Das Zweigwerk in Wasserburg erreichte bis zur Jahrhundertwende „eine hohe Blüte“, auch wenn es später verkauft wurde. Heute befindet sich dort Evoqua Water Technologies, ein weltweit führendes Unternehmen im Bereich Wasseraufbereitung, Desinfektion und Entsalzung. Einen Aufschwung besonderer Art erlebte ebenso die damalige Offinger Wollfilzfabrik und heutige BWF-Group, die in den Sparten Umwelt- und Kunststofftechnologie, Textile Filtermedien sowie Nadel- und Wollfilze weltweit eine Spitzenstellung einnimmt, was beweist, dass der Filz auch heute noch eine entscheidende Rolle spielt.

    Das Unternehmen mit weltweit rund 1400 Mitarbeitern befindet sich noch immer im Besitz der Familien Offermann, Schmid und Silbermann. Letztere besitzt Anteile, war aber in der Firma nie aktiv. Der Kommerzienrat übergab den Betrieb seinem Sohn August, dieser wieder an den Sohn Helmut und seit 1983 ist dessen Sohn Stefan Offermann geschäftsführender Gesellschafter. Sein Sohn Maximilian wiederum ist bereits als fünfte Generation im Unternehmen tätig und wird in absehbarer Zeit in die Geschäftsleitung eintreten.

    Übrigens waren auch zwei Vorfahren der Familie Schmid, nämlich der Urgroßvater Theodor Wilhelm Schmid (1859 bis 1925), von Stefan Offermanns Gattin Gisela und ihres Bruders Wolfgang (er war bis vor kurzem Mitglied der BWF-Geschäftsleitung) sowie deren Ur-Urgroßvater Johannes Konrad Theodor Haßler (1828 bis 1901) Träger dieser Auszeichnung. Sie stammten aus Ulm und Augsburg.

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