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Missbrauch in der Kirche: Nicht nur anderen den Spiegel vorhalten

Missbrauch in der Kirche

Nicht nur anderen den Spiegel vorhalten

Christian Gall
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    Eine Studie hat den sexuellen Missbrauch an Minderjährigen durch kirchliche Amtsträger untersucht. Über dieses Thema sprachen nun auch Geistliche im Landkreis Günzburg.
    Eine Studie hat den sexuellen Missbrauch an Minderjährigen durch kirchliche Amtsträger untersucht. Über dieses Thema sprachen nun auch Geistliche im Landkreis Günzburg. Foto: Arne Dedert, dpa

    Aufschlussreich kann man den Vortrag in Maria Vesperbild nennen. Um den Missbrauchsfällen auf den Grund zu gehen, haben die Kleriker der Gesellschaft den Spiegel vorgehalten. Aber sie verzichteten darauf, der Kirche den Spiegel vorzuhalten.

    Ein zentraler Punkt ist die Macht, die in der Kirche Einzelnen zukommt. Ein Priester kann einen gewaltigen Einfluss ausüben, gerade auf Kinder. Was ist im Vergleich dazu ein Lehrer, der schimpft und Nachsitzen aufbrummen kann? Ein Priester in seinem dunklen Gewand kann Kindern mit den ewigen Qualen der Hölle drohen, ohne dabei die Regeln seiner Institution zu verletzen. Die Strukturen, um diese Macht auszuüben, sind gegeben. Natürlich nutzt nicht jeder, der diese Macht besitzt, sie zur Erfüllung seiner sexuellen Fantasien ein. Aber gerade die moderne Untersuchung hat zahlreiche Fälle nachgewiesen – 4,4 Prozent aller Kleriker wurde mindestens einmal beschuldigt. Und kein Mensch kann sagen, um wie viel größer die Dunkelziffer ist. Nicht umsonst sprechen die Ersteller der Studie, die 1670 Priester des sexuellen Missbrauchs beschuldigt, bei ihren Zahlen von einer „unteren Schätzgröße“. Womöglich handelt es sich dabei nur um einen Bruchteil der tatsächlich stattgefundenen Missbrauchstaten. Von Einzelfällen kann also keine Rede sein.

    Mindestens 72 Jahre lang wurde vertuscht

    Die untersuchten Fälle blicken zurück auf die vergangenen 72 Jahre. In all diesen Jahren wurden Verbrechen unter den Tisch gekehrt – die Studien-Ersteller fanden deutliche Hinweise auf Aktenmanipulation. In vielen anderen Fällen hatte sich die Kirche nicht bemüht, Missbrauchsfälle aufzuklären. Erst unter extremem Druck hat diese Institution reagiert. Diesen Druck haben all jene aufgebaut, die sich überwunden haben, das ihnen widerfahrene Unrecht zu berichten. Und auch die Medien haben einen Teil dazu beigetragen, auf ein gewaltiges Problem hinzuweisen. Das ist keine Kampagne gegen die Kirche. Das war überfälliges Handeln.

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