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Memmingen: Prozess um zehn Kilo Marihuana: Lange Haftstrafen für Drogentrio

Memmingen

Prozess um zehn Kilo Marihuana: Lange Haftstrafen für Drogentrio

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    Sie wurden am Landgericht Memmingen zu Haftstrafen verurteilt: Gabriel M. (links) mit Verteidiger Thorsten Hauck, Kevin U. (hintere Reihe links) mit den Verteidigern Steffen Kalauch und Klaus Knopf, sowie Wolfgang W. (rechts) mit Verteidiger Alexander Kühne. Im Vordergrund Polizisten, die die Angeklagten aus dem Gefängnis zum Prozess gebracht hatten.
    Sie wurden am Landgericht Memmingen zu Haftstrafen verurteilt: Gabriel M. (links) mit Verteidiger Thorsten Hauck, Kevin U. (hintere Reihe links) mit den Verteidigern Steffen Kalauch und Klaus Knopf, sowie Wolfgang W. (rechts) mit Verteidiger Alexander Kühne. Im Vordergrund Polizisten, die die Angeklagten aus dem Gefängnis zum Prozess gebracht hatten. Foto: Alexander Sing

    Als der Vorsitzende Richter Christian Liebhart das Urteil verkündet, geht der Blick von Wolfgang W. ins Leere. Kevin U. ist kurz wie versteinert, dann beugt er sich zu seinem Rechtsanwalt und beginnt, mit ihm zu tuscheln. Die beiden Männer hatten offenkundig auf ein milderes Urteil gehofft. Jetzt müssen sie, nach nur wenigen Monaten in Freiheit, erneut für lange Zeit ins Gefängnis.

    W. soll für sieben Jahre hinter Gitter, U. für sieben Jahre und neun Monate. Für die beiden ist die Verurteilung ein weiterer Tiefpunkt in einer kriminellen Lebenslauf. Die Männer aus dem Raum Berlin/Brandenburg waren nach langen Haftstrafen erst wenige Monate aus dem Gefängnis entlassen, als sie vor einem Jahr auf dem Pendlerparkplatz in Deffingen bei Günzburg zehn Kilogramm Marihuana von einem Unbekannten abholten. In seinem Geständnis hatte Wolfgang W. als Initiator des Deals angegeben, dass zwei Kilogramm für ihn zum Weiterverkauf bestimmt waren. Sein Freund U. begleitete ihn als „Qualitätskontrolleur“ und sollte dafür 800 Euro bekommen. Weil das Rauschgift aber schlecht verpackt gewesen sei, zerschlug sich der Plan, die Drogen direkt mit der Post weiterzuschicken. Zusammen mit ihrem Fahrer Gabriel M., der erst bei der Übergabe erfahren hatte, in was er da hineingeraten war, nahmen sie sich eine Ferienwohnung. Dort wurden sie beim Verpacken des Marihuanas von der Polizei erwischt.

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    In ihren Plädoyers versuchen die Verteidiger, die beiden 30 und 31 Jahre alten Männer als Opfer eines Justizsystems darzustellen, das sie nicht auf die Zeit nach der langen Haft vorbereitet hatte. Rechtsanwalt Steffen Kalauch aus Berlin nennt die Tat seines Mandanten U. einen „Ausdruck von Hilflosigkeit“. Pflichtverteidiger Klaus Knopf fordert, seinen Mandanten nur wegen Beihilfe statt Mittäterschaft zu verurteilen, weil er in die Planung und Durchführung der Drogenübergabe nicht involviert gewesen sei. Das hätte eine mildere Strafe ermöglicht.

    Am Landgericht Memmingen fand der Prozess gegen drei Männer aus dem Raum Berlin/Brandenburg statt.
    Am Landgericht Memmingen fand der Prozess gegen drei Männer aus dem Raum Berlin/Brandenburg statt. Foto: Kramer

    In eine ähnliche Kerbe schlägt Wolfgang W.s Pflichtverteidiger Alexander Kühne. Er führt zugunsten seines Mandanten an, dass acht seiner neun Vorstrafen nach Jugendstrafrecht verhängt worden waren. Zudem habe ihm die Untersuchungshaft so weit weg von seiner Heimat zugesetzt. Und Kühne zieht eine Parallele zu einem Drogenprozess, der aktuell vor derselben Kammer in Memmingen verhandelt wird. Hier geht es um eine wesentlich größere Menge, nämlich 500 Kilogramm Kokain, die in Bananenkisten aus Ecuador nach Neu-Ulm geschmuggelt worden waren. Hier habe man den Angeklagten im Rahmen einer Verständigung kürzere Haftstrafen angeboten, als sie jetzt wegen zehn Kilogramm von der Staatsanwaltschaft beantragt worden seien. Daneben bittet er das Gericht, weder eine verminderte Schuldfähigkeit aufgrund des Drogenkonsums seines Mandanten auszuschließen, noch einen minderschweren Fall, weil das beschlagnahmte Marihuana von äußerst minderwertiger Qualität gewesen sei.

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    Davon will Staatsanwältin Ramona Haupt nichts wissen. Zwar sei das Gras nicht in Umlauf gekommen, dennoch handle es sich um eine enorme Menge – ungeachtet des geringen Anteils von THC, dem Wirkstoff, der für den Rauschzustand verantwortlich ist. Zudem halte sie alle Angeklagten für voll schuldfähig, so Haupt. Angesichts der hohen Rückfallgeschwindigkeit beantragt sie neun Jahre Haft für Kevin U. und sieben Jahre und sechs Monate für Wolfgang W. Fahrer Gabriel M. soll wegen Beihilfe und Drogenbesitz für drei Jahre in Haft.

    Dem folgt die Kammer in ihrem Urteil nicht. Wie von Verteidiger Thorsten Hauck gefordert, wird M. nur wegen Beihilfe verurteilt. Einen Großteil seiner Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten wird er in einer Entziehungsanstalt zubringen. Auch Wolfgang W. soll eine Drogentherapie machen. Kevin U. legt Richter Christian Liebhart dagegen eine Sozialtherapie nahe. Während M. sein Urteil akzeptiert, halten sich U. und W. einen Gang zum Bundesgerichtshof noch offen.

    Eine Entgegnung auf den Vergleich zum Kokain-Prozess kann sich der Richter zum Schluss nicht verkneifen: „Vor allem die Verteidiger werden nicht müde zu betonen, dass die Menge bei Betäubungsmittel-Straftaten nicht alles ist. Zu diesem Prozess gibt es vielleicht zeitlich eine Parallele. Aber inhaltlich nicht.“

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