Es sind schlimme Bilder, die eine Ärztin als Zeugin vor dem Schöffengericht beschreibt: Ihre Patientin aus dem südlichen Landkreis Günzburg habe Verbrennungen ersten, vielleicht sogar zweiten Grades im Schambereich und an den Oberschenkeln gehabt, als sie im April 2018 erstmals zu ihr in Behandlung kam. „Sie war in keinem guten Zustand“, erinnert sich die Hausärztin, „das Gewebe war schwer entzündet – das ist extrem schmerzhaft.“ Die Ursache war schnell gefunden, als sie mit der Patientin, die eine mittelgradige geistige Behinderung hat und zudem an Multipler Sklerose leidet, ins Gespräch kam.
Ihre Pflegerin habe sie dort regelmäßig mit einer Intensiv-Wärmesalbe eingeschmiert, berichtete die Frau der Ärztin damals. „Diese Salbe war völlig fehl am Platz und hat die starken Verbrennungen verursacht“, lautete die Einschätzung der Hausärztin zu der Salben-Behandlung. Die Pflegerin hatte sie offenbar aufgetragen, obwohl sie wusste, dass die Salbe nicht für empfindliche Hautstellen geeignet ist und dort schwere Hautverletzungen hervorrufen kann. Hinter dieser regelmäßigen Behandlung steckte offenbar eine perfide Methode, das Ehepaar einzuschüchtern, vermutet ein Beamter der Kripo, der ebenfalls vor Gericht als Zeuge aussagt. „Das sind natürlich nur Spekulationen. Aber es gab keinen medizinischen Grund für die Nutzung der Salbe und die Frau hatte mehrfach betont, dass sie Schmerzen habe, hatte die Creme sogar einmal aus dem Fenster geworfen – und wegen des langen Zeitraums, sowie der sichtlichen Schäden müssen wir von Vorsatz ausgehen“, berichtet der Polizist.
46-Jährige soll Frau aus Landkreis Günzburg misshandelt haben
Nun, fast zwei Jahre nach der ersten Behandlung bei der Hausärztin, müssen sich die Pflegerin und ihre Schwester vor dem Amtsgericht in Günzburg verantworten – wegen Untreue, Betrugs, Misshandlung von Schutzbefohlenen und gefährlicher Körperverletzung. Die beiden Schwestern, 41 und 46 Jahre alt, hatten die Frau und ihren Ehemann, der ebenfalls an einer mittelgradigen geistigen Behinderung leidet, von 2013 bis 2018 betreut. Die 46-Jährige als Pflegerin – sie soll die Frau gegen ihren Willen regelmäßig mit der Wärmesalbe eingerieben haben – und die 41-Jährige als gerichtlich bestellte Betreuerin – sie war unter anderem für die Finanzen des Ehepaars zuständig, hatte Zugriff auf sämtliche Konten und soll die Geschädigten um viel Geld betrogen haben, lautet hier der Vorwurf.
Die 41-Jährige habe dem Ehepaar mit der Begründung, dass sie verschuldet seien, monatlich lediglich 380 Euro gegeben – das reichte gerade so für die Lebensmittel. In ihre eigene Tasche wirtschaftete sie hingegen das restliche Geld – unter anderem aus einem neu aufgenommen Kredit, geliehenem Geld der Familie der Geschädigten, dem Lohn des Mannes, der zeitweise als Zeitungsausträger arbeitete und dem Kindergeld, das das Ehepaar erhielt. Insgesamt rund 43.000 Euro seien dadurch zusammengekommen, die die 41-Jährige für sich behielt.
Das Urteil am Amtsgericht in Günzburg ist noch nicht gefallen
Diese Vorwürfe der Staatsanwaltschaft räumten die beiden Schwestern vor Gericht vollständig ein. Wenn auch nicht selbst – die umfassenden Geständnisse übernahmen die beiden Verteidiger für sie. Das war Teil einer Verständigung, die beide Verteidiger, der Anwalt der Geschädigten als Nebenkläger, sowie die Staatsanwältin, unter Ausschluss der Öffentlichkeit in einem Rechtsgespräch fassten. Demnach verständigten sich die Beteiligten, es für beide Angeklagten bei einer Schadensersatzzahlung sowie einer Bewährungsstrafe zu belassen. Das Urteil des Schöffengerichts um Richterin Daniela König steht indes noch aus. Es soll am Dienstag, 2. Februar, gesprochen werden.
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