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Landkreis Günzburg: Richterin ist schockiert: Schwestern betrügen und misshandeln behindertes Ehepaar

Landkreis Günzburg

Richterin ist schockiert: Schwestern betrügen und misshandeln behindertes Ehepaar

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    Ein Ehepaar mit geistiger Behinderung aus dem südlichen Landkreis litt fast fünf Jahre lang unter der Behandlung von zwei Frauen. Nun wurden die Schwestern am Amtsgericht in Günzburg verurteilt.
    Ein Ehepaar mit geistiger Behinderung aus dem südlichen Landkreis litt fast fünf Jahre lang unter der Behandlung von zwei Frauen. Nun wurden die Schwestern am Amtsgericht in Günzburg verurteilt.

    Fast fünf Jahre lang haben zwei Frauen ein Ehepaar mit geistiger Behinderung aus dem südlichen Landkreis Günzburg misshandelt und betrogen. Daran bestand schon zum Auftakt des Prozesses am Amtsgericht vergangene Woche kein Zweifel, denn die zwei Schwestern waren geständig. Nun sind sie verurteilt. „Sie haben das Ehepaar systematisch ausgebeutet und misshandelt, die Hilflosigkeit der beiden schamlos ausgenutzt und kein Mitgefühl gezeigt. Das hat uns schockiert“, sagt Schöffenrichterin Daniela König in der Urteilsverkündung. Doch trotz dieser deutlichen Worte bleibt den Frauen eine Gefängnisstrafe erspart. Ein Täter-Opfer-Ausgleich spielt hierfür eine entscheidende Rolle.

    Angefangen hat alles als Nachbarschaftshilfe, die beiden Angeklagten hatten schon lange neben dem geschädigten Ehepaar im südlichen Landkreis gewohnt. Als gerichtlich bestellte Betreuerin hat eine der Angeklagten dann im Herbst 2013 die Vermögensverwaltung des Ehepaares übernommen. Bis 2018 hat die 41-Jährige so rund 43.000 Euro des Ehepaares veruntreut. Die Pflege hat sie in dieser Zeit an ihre Schwester übertragen. Die 47-Jährige hat in der Folge die Ehefrau, die neben einer mittelgradigen geistigen Behinderung auch an Multipler Sklerose leidet, jahrelang gegen ihren Willen regelmäßig mit einer Intensiv-Wärmesalbe im Schambereich eingecremt – und das, obwohl ihr bewusst war, dass schwere Hautverletzungen die Folge waren. Diese Vorwürfe räumten die Angeklagten schon zu Beginn der Verhandlung vollständig ein – und sie entschuldigten sich, bereuten das Geschehene zutiefst, sagten beide.

    Behindertes Ehepaar misshandelt: Schwestern müssen 36.000 Euro zahlen

    Die Verletzungen, die durch diese jahrelange Behandlung der Pflegerin entstanden, schockierten auch die aktuelle Betreuerin des Ehepaares, die an diesem zweiten Verhandlungstag vor Gericht als Zeugin aussagt: „Ich bin wahnsinnig erschrocken, über das, was ich am Tag der Übernahme am 16. März 2018 gesehen habe. Solche Rötungen hatte ich noch nie gesehen. Sie muss wahnsinnige Schmerzen gehabt haben.“ Die Ehefrau habe es dennoch all die Jahre demütig ertragen. „Weil sie Angst hatte, wenn sie darüber redet, müssen sie beide ins Heim“, berichtet die Betreuerin. Heute gehe es den beiden zwar gut, aber sie litten noch immer psychisch unter dem Geschehenen.

    Die Betreuerin war auch Teil der Verhandlungen um den Täter-Opfer-Ausgleich, der für das Urteil so entscheidend war. Sie musste diesem Zustimmen. „Das ist kein kompletter Ausgleich, ist nur ein Entgegenkommen für fast fünf Jahre voller Entbehrungen und psychischer Schäden“, sagt sie vor Gericht. Insgesamt rund 36.000 Euro müssen die beiden Schwestern dem geschädigten Ehepaar demnach zahlen – als Schmerzensgeld und Schadensersatz. Dieser Täter-Opfer-Ausgleich ist Teil einer Verständigung, die die beiden Verteidiger, der Anwalt der Geschädigten als Nebenkläger, sowie die Staatsanwältin, bereits am ersten Verhandlungstag fassten. Sie einigten sich darauf, es bei einer Zahlung des genannten Betrages bei einer Bewährungsstrafe zu belassen.

    Urteil in Günzburg: Schwestern bekommen Bewährungsstrafe

    Diese Verständigung samt der Zahlung der Angeklagten „ist okay“ – so beschreibt es der Anwalt der Nebenklage. Ihn bedrücke allerdings der Umstand, dass in der Mitte der Gesellschaft eine solche Tat über so langen Zeitraum unbemerkt bleiben konnte. „Das macht mir sehr zu schaffen.“ Es fehle die Kontrolle durch Unabhängige. So, lauten die Worte des Anwalts, hätte man es wohl verhindern können.

    In ihrem Urteil schloss sich auch das Schöffengericht der Verständigung an. Die 41-Jährige, die als gerichtlich bestellte Betreuerin das Geld des Ehepaars veruntreut hatte, ist wegen Untreue, Betrug, Misshandlung von Schutzbefohlenen und gefährlicher Körperverletzung wegen Unterlassung zu zwei Jahren auf Bewährung verurteilt. Die Strafe für ihre Schwester, die die Ehefrau mit der Wärmesalbe eingecremt hatte, lautet in der Urteilsverkündung ein Jahr und neun Monate wegen Misshandlung und gefährlicher Körperverletzung, ebenfalls auf Bewährung.

    „Dieses Urteil ist uns aber nicht einfach gefallen. Unter normalen Umständen wäre eine Gefängnisstrafe angebracht“, betont Richterin Daniela König allerdings. Als Begründung für das Urteil nennt sie den Täter-Opfer-Ausgleich. „Alle Parteien haben sich abschließend über den Betrag geeinigt, die rund 36.000 Euro, davon rund 20.000 Euro Schmerzensgeld, sind gezahlt – durch einen solchen Täter-Opfer-Ausgleich lässt sich der Strafrahmen verschieben“, sagt die Richterin. Das Gericht nehme dafür die Gesamtheit des Falls in den Blick, denn, und das betont König: „Die Täter sollen sich nicht freikaufen können.“ Stattdessen begründet sie das verhältnismäßig milde Urteil anhand von drei Punkten.

    Betreuerin und Pflegerin müssen 200 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten

    Zum einen seien die Geständnisse der beiden Schwestern werthaltig gewesen. Das bedeutet, es wäre schwierig gewesen, die Vorwürfe entsprechend auch beweisen zu können. Beim veruntreuten Geld hätte jede Überweisung und Zahlung einzeln überprüft werden müssen und auch die Körperverletzung sei nicht dokumentiert. Hier wäre ein Gutachten notwendig gewesen. Zum Zweiten seien die Folgen der Taten so, dass dieses Urteil gerechtfertigt erscheint, so die Richterin. Und zum Dritten wolle das Gericht den Täter-Opfer-Ausgleich nicht „torpedieren“, weil alle Beteiligten zugestimmt hatten. „Somit ist bereits ein Rechtsfrieden hergestellt und die Strafverfolgung gemildert.“

    Des Weiteren sei die Bewährungsstrafe legitim, weil es für beide Angeklagten die erste Strafe in diesem Maß sei. Lediglich die 41-Jährige ist bereits wegen Betrugs und wegen einer Alkoholfahrt zu zwei Geldstrafen verurteilt worden. „Sie müssen sich nun in den vier Jahren Bewährungszeit bewähren“, richtete sich König an die zwei Frauen. Beide müssen zudem 200 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten und es wurde ein Kontaktverbot zu betreuungsbedürftigen Personen ausgesprochen. Das Urteil ist – da es auf einer Verständigung beruht – bereits rechtskräftig.

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