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Landkreis Günzburg: Missbrauch: „Ersatz-Großvater“ überredete Zwölfjährige zum Ausziehen

Landkreis Günzburg

Missbrauch: „Ersatz-Großvater“ überredete Zwölfjährige zum Ausziehen

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    Ein Rentner stand in Günzburg wegen Missbrauchs vor Gericht.
    Ein Rentner stand in Günzburg wegen Missbrauchs vor Gericht. Foto: Bernhard Weizenegger

    Es war durchaus ein besonderes Verhältnis, das die beiden Schülerinnen und den Rentner aus dem südlichen Landkreis verband. So besonders, dass die Mädchen den eigentlich fremden Mann irgendwann „Opa“ nannten. Diese Beziehung hat jetzt ihr Ende vor dem Günzburger Amtsgericht gefunden: Der ehemalige Ersatz-Großvater wurde wegen Kindesmissbrauchs zu fünf Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt. Richter Walter Henle sah es als erwiesen an, dass der Rentner das jüngere der beiden Mädchen aufgefordert hatte, sich vor ihm auszuziehen und sich zu präsentieren – was der Angeklagte bestreitet.

    Der Mann soll die Mädchen gefragt haben, ob er sie aufklären solle

    Kennengelernt hatten sich die Kinder und der ältere Mann in der Kirche: Die Mädchen dienten als Ministrantinnen, der Rentner war oft im Gottesdienst, übernahm Lesungen. Es entwickelte sich eine Freundschaft, die Mädchen wurden zu Chips und Cola eingeladen. Doch neben den Nettigkeiten kam es auch zu ersten Übergriffen.

    Der Angeklagte habe sie beide gefragt, ob sie schon aufgeklärt seien und ob er das nicht tun solle, berichtete die ältere der Schwestern vor Gericht. Außerdem habe der Mann sie beide am Rücken massiert, ihre Schwester habe sich dazu auch bis auf die Unterhose ausgezogen. Und bei Umarmungen zur Begrüßung und Verabschiedung habe der Mann ihrer Schwester mehrmals an den Po gefasst. Auch die jüngste Schwester bestätigte solche Grapscher: „Aber meine Schwester sagte, der Mann sei schon in Ordnung.“

    Das Mädchen vertraute sich der Mesnerin an

    Zum Thema für das Gericht wurde der Fall, als das damals zwölfjährige Mädchen einmal ohne die ältere Schwester zu Besuch bei ihrem „Opa“ war. Unstreitig ist, dass der Angeklagte dem Kind erzählte, dass sich seine (tatsächliche) Enkelin ihm nackt gezeigt habe und dass er das sehr mutig fand. Das Mädchen ging daraufhin zur Gästetoilette, zog sich aus und ließ sich von dem Mann von allen Seiten begutachten.

    Hier gehen die Geschichten auseinander: Der Angeklagte sagt, das Mädchen habe das von sich aus getan. Das Kind sagt, der Mann habe es dazu überredet. Und genau das ist gesetzlich der Knackpunkt zwischen einem unglücklichen Missverständnis und einer Straftat. Das Mädchen vertraute sich bei einem Ministrantendienst der Mesnerin an, mit der sie sich gut versteht. Über die Eltern, den Pfarrer und das Bistum Augsburg landete der Fall schließlich bei der Polizei.

    Es sei einiges falsch gelaufen, räumte der Angeklagte in seinem letzten Wort vor dem Urteil ein. Er habe aus der ganzen Sache gelernt. „Ich werde nicht mehr den Opa spielen. Ich sehe die Gefahr auch ein, dass man eventuell gelinkt wird“, sagte er. Dieser Satz ärgerte wiederum Richter Henle: „Sie wollen das Opfer zum Täter stempeln.“ Bei der Aussage des Mädchens habe es zwar bei Zeitabläufen ein paar Ungereimtheiten gegeben. Zum Vorfall selbst sei die Aussage aber immer die selbe. Einen Grund, warum das Kind lügen solle, sah der Richter nicht. Oberstaatsanwalt Markus Schroth hatte zuvor gesagt, es sei absurd, dass ein fremder alter Mann zwei Mädchen aufklären wolle und es gegenüber einem als Mutprobe darstelle, sich ihm nackt zu zeigen. „Schon das, was sie eingeräumt haben, hat ein Gschmäckle“, sagte Schroth.

    Der Angeklagte beklagt ein „Fehlurteil“

    Er forderte eine Verurteilung zu acht Monaten mit Bewährung für den bislang nicht vorbestraften Mann. Richter Henle verhängte fünf Monate, wollte dem Angeklagten jedoch keine Bewährungschance geben. „Sie arbeiten die Sache überhaupt nicht auf. Daher sehe ich bei Ihnen Wiederholungsgefahr“, hielt er dem Rentner vor. Somit müsste der Mann ins Gefängnis, falls man nicht in Berufung geht. Dies scheint wahrscheinlich, da er lautstark ein „Fehlurteil“ beklagte.

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