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Landkreis Günzburg: Mehr Fahrräder, mehr Unfälle? So verlief 2020 auf den Straßen im Landkreis

Landkreis Günzburg

Mehr Fahrräder, mehr Unfälle? So verlief 2020 auf den Straßen im Landkreis

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    Bitte anhalten! Im Mai kontrollieren die Beamten, hier Claudia Wecker von der Günzburger Polizeiinspektion sowie Marcus Praschivka von der Krumbacher Inspektion, verstärkt Radfahrer. Nicht, um sie zu gängeln, sondern zur Sicherheit.
    Bitte anhalten! Im Mai kontrollieren die Beamten, hier Claudia Wecker von der Günzburger Polizeiinspektion sowie Marcus Praschivka von der Krumbacher Inspektion, verstärkt Radfahrer. Nicht, um sie zu gängeln, sondern zur Sicherheit. Foto: Nadine Rau

    Wenn uns die Pandemie eines gebracht hat, dann sind es Fahrräder. Alternativen für die Freizeitgestaltung gab es nicht mehr viele, mit öffentlichen Verkehrsmitteln wollte und will auch nicht mehr jeder fahren. In den Fahrradgeschäften standen die Kunden also Schlange und kauften, neben Stadträdern, Mountainbikes und Rennrädern, vor allem eines: E-Bikes - bei der Polizei als Pedelecs registriert.

    Jetzt im Mai werfen die Polizisten in ganz Deutschland vermehrt ein Auge auf die Radfahrer und den Radverkehr. Am Mittwoch fand dazu ein bundesweiter Aktionstag statt, an dem Beamte in vielen Städten, auch im Landkreis, Zweiradfahrer kontrolliert haben. Zwar waren wegen des Regens nur wenige Radfahrer unterwegs, doch ging es auch darum, zu prüfen, ob etwa Autofahrer verbotenerweise auf Radstreifen parken. Kontrollen, ja, das hört sich so geißelnd an, doch die Polizei hat andere Beweggründe. Das erklären Marcus Praschivka, der bei der Krumbacher Polizeiinspektion für den Verkehr zuständig ist, und seine Kollegin Claudia Wecker aus Günzburg, Verkehrsbeauftragte für den

    Radunfälle im Landkreis Günzburg: Oft fehlte der Helm

    Unfälle vermeiden, schwere Verletzungen verhindern: Jetzt, da so viele Radfahrer unterwegs sind, ist es auch naheliegend, dass noch mehr auf den Straßen passiert. Tatsächlich aber hält sich das bei den Radfahrern alles noch in Grenzen. "Wir haben uns die Zahlen angesehen", erklärt Wecker. "Die Radunfälle von 2015 bis jetzt halten sich eigentlich auf einem stabilen Niveau."

    Im gesamten Landkreis verzeichnete die Polizei im vergangenen Jahr 163 gemeldete Radunfälle. Schwer verletzt wurden dabei 35 Radler, leicht verletzt 107. Todesfälle ereigneten sich 2020 nicht, in den vergangenen fünf Jahren kam das insgesamt vier Mal vor. Auffallend: Bei 83 der Unfälle in 2020 hatten die Radfahrer keinen Helm auf. Kein Wunder also, welchen Appell die Polizisten an die Radfahrer herausgeben: Helm aufsetzen, auch wenn es keine Pflicht ist.

    Bei ihren Kontrollen weisen die Beamten auch immer auf den Helm hin, erklären außerdem oft, wie schnell Radfahrer im toten Winkel verschwinden und dass sie nur so laut Musik hören dürfen, dass sie die Außengeräusche auch noch wahrnehmen können. Zudem achten die Polizisten insgesamt auf den Zustand des Rades und darauf, ob die Radfahrer, sollten sie in die Dämmerung kommen, funktionierende Lichter bei sich haben.

    Und, natürlich entscheidend: Kann der Radfahrer vernünftig fahren, oder ist er dafür zu betrunken? Die Grenze liegt momentan bei 1,6 Promille, sollten der Polizei jedoch Ausfallerscheinungen auffallen, verhält es sich genau wie bei Autofahrern: Dann kann der Wert für eine Verwarnung oder Strafe auch darunter liegen. Bei weniger dramatischen Tatbeständen und je nach Situation, reicht es oft aus, wenn die Polizisten mit den Radfahrern sprechen, hier stoßen sie in vielen Fällen auch auf Verständnis.

    E-Bikes werden durch Tuning noch schneller gemacht

    Manchmal aber geht es doch über kleine Vergehen hinaus, etwa, wenn E-Bike-Fahrer plötzlich mit 45 Kilometern pro Stunde auf der Straße unterwegs sind. "Dann ist klar, dass da etwas nicht stimmt", sagt Praschivka. Das Tuning von E-Bikes, dass sie schneller fahren als eigentlich erlaubt, komme jetzt immer häufiger vor. Manchmal deutlich sichtbar, mit Sensoren am Fahrzeug, manchmal unauffällig und nur über die Geschwindigkeit überhaupt erkennbar. Praschivka spricht von "Edeltuning".

    Dabei häufen sich die Unfälle mit E-Bikes ohnehin schon, weil sie eben doch nicht so leicht zu bedienen sind, wie man vielleicht glauben mag. Während es 2015 im gesamten Landkreis gerade einmal zwei registrierte Unfälle mit Pedelecs bei der Polizei gab, waren es im vergangenen Jahr schon 32. Natürlich liegt es nahe, dass mit mehr Fahrzeugen auch mehr Unfälle passieren, und gerade deshalb würde sich die Polizei hier etwas mehr Eigenverantwortung seitens der Radler wünschen. "Ein Führerschein wäre übertrieben, aber die Radfahrer bräuchten eine bessere Einweisung", sagt Praschivka.

    Verkehrswachten würden zum Beispiel Fahrtrainings anbieten, eventuell könnten Radhändler solche Einweisungen geben, letztlich würde es auch reichen, wenn sich die Radfahrer an einem Sonntagmittag auf einem Parkplatz am Fahrzeug versuchen, um ein besseres Gefühl dafür zu bekommen. Viele Unfälle ereigneten sich ohne Beteiligung eines Autos, dann krachen Radfahrer selbst ineinander oder sind alleine unterwegs, fallen aber trotzdem. "Manche beherrschen das Tempo nicht oder fliegen über den Lenker, wenn sie bremsen", beschreibt Praschivka.

    Radfahrer zwischen 51 und 64 Jahren sind oft gestürzt

    In den Statistiken schlägt sich dabei ganz deutlich nieder, welche Altersgruppe vermehr mit den E-Bikes unterwegs ist. Sowohl bei den Schwerverletzten als auch bei den Personenschäden insgesamt waren die Beteiligten im vergangenen Jahr oft zwischen 51 und 64 Jahren alt. "In unserer Vorstellung sind das Leute, die früher auch gern Rad gefahren sind und jetzt wieder gerne fahren, nur eben mit Motor. Und dafür fehlt oft die Schulung", schildert Praschivka.

    Soviel zum "wie" der Unfälle, und die Polizei weiß auch etwas zum "wo" zu sagen: Die meisten der registrierten Radunfälle ereigneten sich auf Gemeindestraßen. Wie schätzen Praschivka und Wecker denn hier die Rahmenbedingungen für die Radfahrer ein? "Für Krumbach kann ich sagen, dass es schon noch Defizite gibt. Wenn ich mich hier als Radfahrer nicht gut auskenne, muss ich auf gefährlichen Straßen fahren, auf der Bahnhofstraße zum Beispiel", gibt er einen Einblick. Als Ortskundiger sei es da schon wesentlich einfacher. Eine bessere Ausschilderung würde bereits Abhilfe schaffen.

    Die Städte, das bestätigen beide Beamte, wollen jetzt etwas tun, das Problem sei mittlerweile erkannt. Auf der Lichtensteinstraße in Krumbach zum Beispiel gibt es jetzt Schutzstreifen für Radler. Auch wenn diese Lösung nicht immer optimal ist - ein Schritt in die richtige Richtung ist es allemal. Praschivka fällt auch das Beispiel Edenhausen an der B 300 ein, wo derzeit eine Unterführung gebaut wird. Und Wecker erklärt, dass sich auch Günzburg verstärkt mit dem Thema auseinandersetzt.

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