Einer der Teilnehmer habe sogar geweint, berichtet Georg Schwarz, der jetzt im CSU-Kreisverband Günzburg maßgeblich die Geschäfte führt. Videokonferenz mit rund 130 Teilnehmern der Kreis-CSU am Sonntagabend – und Alfred Sauter ist zugeschaltet. Es war offensichtlich trotz „digitaler Distanz“ eine sehr emotionale Begegnung. Schwarz spricht sich klar dafür aus, dass Sauter sein Landtagsmandat beibehält. „Er ist unser gewählter Abgeordneter“, betont er im Gespräch mit unserer Redaktion. In einem Schreiben an den CSU-Fraktionsvorsitzenden Kreuzer hat Alfred Sauter seine Mitgliedschaft in der CSU-Fraktion am Montagnachmittag gekündigt.
Alfred Sauter stand seit 25 Jahren an der Spitze der Kreis-CSU
Sauter schreibt weiter: "Ich bin überzeugt davon, dass sich die Vorwürfe als haltlos erweisen werden und halte schon jetzt fest, dass ich nach Abschluss des Verfahrens wieder in die Fraktion aufgenommen werden möchte." Der 62-jährige Georg Schwarz ist neben Stephanie Denzler (Bezirksrätin aus Günzburg), Roland Kempfle (Burtenbacher Bürgermeister) und Christa Wenninger (Krumbach, Vorsitzende der Kreis-Frauenunion) einer der stellvertretenden Vorsitzenden der Kreis-CSU. Am vergangenen Samstag hätte er, was dieses Amt angeht, „in Pension“ gehen wollen. Neuwahlen des Kreisvorstandes wären angestanden.
Doch die Corona-Krise und die turbulenten Ereignisse rund um den Bundestagsabgeordneten Georg Nüßlein und den Landtagsabgeordneten und bisherigen Kreisvorsitzenden Alfred Sauter haben alles verändert. Schwarz koordiniert jetzt im CSU-Kreisverband Günzburg maßgeblich die Aktivitäten. Und das ist eine ganze Menge. Da ist zusammen mit den Kreisverbänden der CSU in Neu-Ulm und im Unterallgäu ein Nachfolger für Georg Nüßlein zu suchen. Und da ist die Frage, wie sich die Kreis-CSU positionieren soll, nachdem Alfred Sauter alle Parteiämter, auch den CSU-Kreisvorsitz, niedergelegt hat.
Die Tatsache, dass der 70-jährige Alfred Sauter seit 25 Jahren an der Spitze der Kreis-CSU stand, lässt ahnen, welche Bedeutung die jüngste Video-Konferenz für viele Teilnehmer hatte. Zugeschaltet waren, wie Schwarz berichtet, die Mitglieder des Kreisvorstandes, Ortsverbandsvorsitzende, Kreisräte und Delegierte der jüngsten Kreisvertreterversammlung (wir berichteten). Genutzt wurde die Online Plattform Webex, die in Corona-Zeiten bekanntlich unter anderem auch von verschiedenen Vereinen für digitale Konferenzen verwendet wird. Dabei waren am Sonntagabend insgesamt rund 130 Teilnehmer. Sauter habe, so Schwarz, ein kurzes Statement abgegeben und seine Position, die auch in jüngsten Pressemitteilungen zum Ausdruck kam, nochmals dargelegt. Mehr könne Sauter angesichts der laufenden Ermittlungen nicht sagen. Sauter sei gefasst gewesen.
Georg Schwarz bedauert Söders Verzicht auf ein persönliches Gespräch mit Sauter
„Manchmal ist das bei Alfred Sauter wohl auch eine Art Schutzfunktion“, meint Schwarz. „Er ist kein kalter Typ, ich kenne ihn gut.“ Rund zwei Stunden sei dann über die Lage im Kreisverband debattiert worden. Dabei sei auch zum Ausdruck gekommen, wie viel Sauter in den vergangenen Jahrzehnten für die Region geleistet habe. Schwarz, von 2008 bis 2020 Bürgermeister in Thannhausen, sagt, dass beispielsweise der Hochwasserschutz im gesamten Mindeltal durch den Einsatz von Sauter entscheidend vorangekommen sei und hier „Millionen gespart“ worden seien. Welche Rolle Sauter konkret in den Masken-Geschäften gespielt habe, sei nun juristisch zu klären. Aber wie auch viele Menschen müsse man in diesem Fall eben auch die moralische Dimension sehen. Viele würden zu Recht sagen: „So etwas macht man nicht.“
In den letzten Tagen wurde klar, mit welcher Entschiedenheit die Münchner Parteispitze um den Vorsitzenden und Ministerpräsidenten Söder und Generalsekretär Markus Blume auf Distanz zu Sauter geht. So mancher erinnert sich in diesem Zusammenhang möglicherweise an einen Wahlkampf-Auftritt Söders (damals noch als Finanz- und Heimatminister) im Breitenthaler Festzelt im August 2017. Sichtbar wurde an diesem Abend des Jahres 2017 das geradezu herzliche Verhältnis zwischen Söder und Sauter, die jahrzehntelang politische Weggefährten – waren. Auch mit Blick darauf bedauert es Schwarz, dass Söder mit Sauter in dieser jetzt so schwierigen Lage nicht das persönliche Gespräch gesucht habe. Es wäre „schön gewesen“, wenn Söder Sauter auch Gelegenheit zu einer persönlichen Aussprache gegeben hätte.
Nachfolge von Georg Nüßlein soll am 29. April in Weißenhorn bestimmt werden
Der CSU-Bezirksverband hat sowohl Nüßlein als auch Sauter bekanntlich aufgefordert, ihre Mandate niederzulegen. Selbst ein Parteiausschlussverfahren gegen Sauter (Nüßlein ist inzwischen aus der Partei ausgetreten) steht offensichtlich im Raum. Welche Schritte jetzt auch immer von der CSU in München kommen – Schwarz plädiert auch mit Blick auf den Ablauf der jüngsten Kreis-Videokonferenz dafür, dass Sauter sein Landtagsmandat (die aktuelle Periode endet im Jahr 2023) auf alle Fälle beibehält. Er sei im Kreis Günzburg gewählt, „er ist unser Abgeordneter.“ Seine Präsenz im Landtag sei für den Kreis Günzburg wichtig. Ein Parteiausschlussverfahren? „Einfach ist das nicht“, betont Schwarz.
Aktuell steht auch die Frage im Raum, wer die Nachfolge von Georg Nüßlein antreten kann. Bekanntlich soll der Nachfolger am 29. April in Weißenhorn bestimmt werden. Der heimische Wahlkreis 255 umfasst die Landkreise Neu-Ulm und Günzburg sowie Teile des Landkreises Unterallgäu. Bei der Nominierungsversammlung stellt der CSU-Kreisverband Neu-Ulm 78 Delegierte, 61 kommen aus dem Kreis Günzburg und 21 aus dem Unterallgäu. Die Günzburger Delegierten wurden vor einigen Tagen bei einer Kreisvertreterversammlung in Günzburg gewählt (wir berichteten).
Schwarz hat sich inzwischen mit den CSU-Kreisvorsitzenden aus Neu-Ulm (Thorsten Freudenberger) und Franz Pschierer (Unterallgäu) getroffen. Geplant war am Sonntag zunächst eine Konferenz im Unterallgäu. Mit Blick auf die Corona-Lage fand die Zusammenkunft dann digital statt. Schwarz sagt, dass es in allen drei Kreisverbänden mehrere Bewerber für die Nachfolge von Nüßlein gebe. Namen könnten derzeit aber nicht genannt werden. Nach unseren Informationen tut sich die CSU bei der Suche nach einem geeigneten Kandidaten durchaus schwer. Der Leipheimer Bürgermeister Christian Konrad sagte vor Kurzem, dass es für die CSU schwierig sein könnte, das Direktmandat erneut zu erringen. „Wir müssen um jede Stimme kämpfen“, betont auch Schwarz.
Bürgerstiftung soll 470.000 Euro von Sauter erhalten haben
Wird sich die CSU bewusst für einen jungen Kandidaten entscheiden? Oder wird es ein Übergangskandidat sein? Aber welchen Sinn würde das machen mit Blick darauf, dass man im Grunde zwei Wahlperioden (acht Jahre) braucht, um im Bundestag „richtig angekommen“ zu sein? Und werden die aktuellen politischen Turbulenzen mögliche Kandidaten gar vor einer Kandidatur abschrecken? Andererseits: Ist die derzeitige Situation auch die Chance für jemanden, der „von außen“ kommt? Und soll die CSU diesmal bewusst auf eine Bewerberin setzen?
Es sind viele Fragen für die CSU zu klären. Klar ist für Schwarz, dass die regionale Herkunft bei der Auswahl keine Rolle spielen solle. Es gelte, einen qualifizierten Kandidaten/Kandidatin zu wählen. Und Georg Schwarz ist zuversichtlich, dass es bereits im Vorfeld der Wahl am 29. April eine Klärung der Lage geben wird.
Offensichtlich in Zusammenhang mit der Maskenaffäre war zuletzt bei der „Bürgerstiftung Landkreis Günzburg“ ein Betrag von 470.000 Euro eingegangen (wir berichteten). „Da kann die Stiftung ja nichts dafür, das ist eine andere Ebene“, sagt Schwarz. Er ist zuversichtlich, dass die Stiftung (Vorsitzender ist Heinrich Lindenmayr) das Erforderliche tun wird, um die Dinge lückenlos zu klären.
Lesen Sie auch:
- Alfred Sauter tritt aus CSU-Fraktion aus - will aber bald zurückkommen
- Wird der CSU ihre Nähe zur Wirtschaft jetzt gefährlich?
- Michael Kraess: Wer ist der dritte Beschuldigte im Fall Nüßlein?
- Masken-Affäre: Welche Rolle spielt die Bürgerstiftung, an die offenbar Sauters Geld ging?