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Landkreis Günzburg: Erziehungsberater im Kreis Günzburg: Das macht Corona mit den Familien

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Erziehungsberater im Kreis Günzburg: Das macht Corona mit den Familien

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    Das Gefühl, allein zu sein, nicht mehr weiter zu wissen, den Lebenspartner verloren zu haben: Auch diese Thematik spielt in der Arbeit der Erziehungs-, Jugend- und Familienberatung immer wieder eine Rolle.
    Das Gefühl, allein zu sein, nicht mehr weiter zu wissen, den Lebenspartner verloren zu haben: Auch diese Thematik spielt in der Arbeit der Erziehungs-, Jugend- und Familienberatung immer wieder eine Rolle. Foto: Julian Strate/Picture alliance

    „Hochstrittig“: So umschreiben Psychologen eine aufgeladene Gesprächsatmosphäre zwischen Menschen, in der regelrecht „die Fetzen fliegen“. Doch da sind auch die anderen Seiten des Daseins: Vereinsamung, gar das Gefühl der Isolation. In Deutschland erkranke mittlerweile jeder vierte Mensch in seinem Leben einmal psychisch, erklärt Artur Geis, Leiter der Erziehungs-, Jugend- und Familienberatung im Kreis Günzburg. Die Stichworte, die er nennt, lassen ahnen, welche Dimension die Arbeit in dieser Einrichtung mittlerweile erreicht hat. Und deutlich wird auch, wie die Corona-Krise die Situation zugespitzt hat.

    Artur Geis, Leiter der Erziehungs-, Jugend- und Familienberatung des Landkreises Günzburg.
    Artur Geis, Leiter der Erziehungs-, Jugend- und Familienberatung des Landkreises Günzburg. Foto: Peter Bauer

    Die Katholische Jugendfürsorge der Diözese Augsburg betreut für den Kreis Günzburg federführend den Bereich Erziehungs-, Jugend- und Familienberatung. Geis (seit 2006 Leiter der Einrichtung in Günzburg) steht seit einigen Monaten auch an der Spitze der Niederlassung in Krumbach. Der bisherige Krumbacher Leiter Dr. Burkhard Flosdorf ging in die Altersteilzeit. Vor seiner aktuellen Tätigkeit arbeitete Geis viele Jahre im St. Nikolauswerk in Dürrlauingen.

    Familienberater: Was den Alltag vieler Menschen belastet

    Auch mit Blick auf diese langjährige Erfahrung und Kenntnis spricht er immer wieder darüber, wie sich der Alltag und das Zusammenleben der Menschen verändert haben. Bei vielen alltäglichen Problemen des menschlichen Zusammenseins ist die Erziehungs-, Jugend und Familienberatung des Landkreises mit ihren elf Mitarbeitern für betroffene Menschen ein wichtiger Ansprechpartner. Allein die Flyer, die Geis auf den Tisch legt, deuten das breite Themenspektrum der Einrichtung an: „Kinder im Blick – wenn Eltern auseinandergehen“, „Sexuelle Gewalt – gemeinsam Auswege finden“, „Erziehungsberatung – damit der Familienalltag besser gelingt“, aber auch „Traumaberatung und -begleitung von Flüchtlingen.“ Der Blick auf die Flyer, er ist so etwas wie das Kaleidoskop der massiven gesellschaftlichen Veränderungen. Die Arbeitswelt, „das ist alles viel schneller geworden“, sagt Geis. Vielen würde dies große Schwierigkeiten bereiten, nicht wenige würden ihre Probleme aus der Arbeit mit nach Hause nehmen.

    Brigitte Maurer, Mitarbeiterin in der Erziehungs-, Jugend- und Familienberatung in  Krumbach.
    Brigitte Maurer, Mitarbeiterin in der Erziehungs-, Jugend- und Familienberatung in  Krumbach. Foto: Peter Bauer

    Und es deutet so manches darauf hin, dass die anhaltende Corona-Krise, deren Ende nicht absehbar ist, diese mitunter bedenklichen Veränderungen beschleunigt. „Diese Krise macht mit den Kindern etwas“, sagt Geis’ Kollegin Linda Markthaler. Bei so manchen stelle sich ein Gefühl der Vereinsamung ein. Und wenn es dann darum gehe, sich nur noch mit einem Freund treffen zu dürfen, dann könne der Zwang zu einer solchen Entscheidung auch zu einer menschlichen Tragödie führen.

    Wie sich die Arbeit in der Corona-Krise verändert hat

    Infolge der Krise hat sich der Arbeitsalltag in der Erziehungs-, Jugend- und Familienberatung massiv verändert. In der Phase des harten Lockdowns im Frühjahr war, wie Geiß und seine Kolleginnen berichten, nur eine telefonische Beratung möglich. Inzwischen gebe es auch die Möglichkeit von Videokonferenzen mit Menschen, die eine Beratung wünschen. Ähnlich wie Geiß ist auch seine Kollegin Brigitte Maurer schon lange, mittlerweile seit rund 25 Jahren, in diesem Beratungsbereich tätig. In den größeren Familien, die es früher noch gab, hätten Menschen das, was man mit „Erziehungsfähigkeit“ umschreiben könnte, oft intuitiv und durch das Sammeln persönlicher Erfahrungen in der Familie gelernt. Dies sei mit Blick auf die veränderten Gesellschaftsstrukturen oft nicht mehr möglich. Und das mache die Erziehungsberatung zu einem wichtigen Ansprechpartner. Nicht selten müssten grundlegende Dinge erklärt werden, etwa wie wichtig für ein harmonisches Zusammensein zum Beispiel ein gemeinsames Essen sein kann.

    Linda Markthaler, Mitarbeiterin in der Erziehungs-, Jugend- und Familienberatung in  Krumbach.
    Linda Markthaler, Mitarbeiterin in der Erziehungs-, Jugend- und Familienberatung in  Krumbach. Foto: Peter Bauer

    Scheidungen, Trennungen, häufig geprägt von einer Atmosphäre der Wut: All das hat sich in den vergangenen Jahren „zugespitzt“, wie Geis berichtet. Die Klärung des Sorgerechts – das ist oft eine Gerichtsentscheidung. Die Erziehungs-, Jugend- und Familienberatung arbeitet eng mit Gerichten und dem zuständigen Jugendamt zusammen. Ein Beratungsgespräch kann auch durch eine Gerichtsentscheidung für Eltern zur Auflage gemacht werden. Man ahnt, wie sich die Atmosphäre in solchen Gesprächen entwickeln kann, dass sie, wie das Fachleute umschreiben, „hochstrittig“ werden können, wenn sozusagen das „Feindbild am Tisch sitzt“. Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Fachstelle geht es in solchen Fällen auch darum, dass die Eltern, die sich getrennt haben, den Blick auf ihr Kind nicht verlieren. Mit Geduld, Einfühlsamkeit und Zielstrebigkeit gleichermaßen kann sich so manche Situation aber wieder zum besseren wenden.

    Immer mehr Mütter und Väter sind psychisch erkrankt

    Geis und seine Kolleginnen berichten, dass immer mehr Väter und Mütter psychisch erkrankt seien und unter Depressionen leiden würden. In der Fachstelle könne es keine medizinische Behandlung geben. Aber die kostenfreie Beratung, das Gefühl, dass da jemand ist, der lange und intensiv zuhört, auch Anregungen für eine Lebensveränderung geben kann, sei für viele schlichtweg wohltuend und wichtig.

    Zu Gast bei der Erziehungs-, Jugend- und Familienberatung des Landkreises Günzburg in Krumbach (Robert-Steiger-Straße): Unser Bild zeigt von links Leiter Artur Geis, Cornelia Mörz, Brigitte Maurer und Linda Markthaler.
    Zu Gast bei der Erziehungs-, Jugend- und Familienberatung des Landkreises Günzburg in Krumbach (Robert-Steiger-Straße): Unser Bild zeigt von links Leiter Artur Geis, Cornelia Mörz, Brigitte Maurer und Linda Markthaler. Foto: hinzemomo@gmail.com

    Bein den Beratungsformen hat die Fachstelle des Landkreises mittlerweile eine große Vielfalt entwickelt, die auch mit dem Stichwort „aufsuchende Erziehungsberatung“ umschrieben werden kann. Hausbesuche und Elterntreffs gehören dazu. Elterntreffs? Damit sind wir wieder bei den aktuellen krisenbedingten Einschränkungen und bei der Frage, wie diese Krise die Menschen verändern wird. Der Rat der Erziehungs-, Jugend- und Familienberatung – er wird wohl weiterhin sehr oft gefragt sein.

    Erziehungs-, Jugend- und Familienberatung:

    In Günzburg: Hofgartenweg 8, 08221/95401, eb.guenzburg@kjf-kjh.de.

    In Krumbach: Robert-Steiger-Straße 5, 08282/3936, eb.krumbach@kjf-kjh.de

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