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Landkreis Günzburg: Corona: So helfen sich Menschen in Mittelschwaben

Landkreis Günzburg

Corona: So helfen sich Menschen in Mittelschwaben

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    Am Wallfahrtsort Maria Vesperbild haben Gläubige Kerzen aufgestellt, um den Beistand der Gottesmutter zu erbitten. In der Region gibt es mit Blick auf die Corona-Krise mittlerweile eine Reihe von Hilfsangeboten.
    Am Wallfahrtsort Maria Vesperbild haben Gläubige Kerzen aufgestellt, um den Beistand der Gottesmutter zu erbitten. In der Region gibt es mit Blick auf die Corona-Krise mittlerweile eine Reihe von Hilfsangeboten. Foto: Marcus Merk

    In Krisenzeiten gerät eine Gesellschaft in die Bewährungsprobe. Doch die aktuelle Corona-Krise zeigt, wie gut das Zusammenleben in unserer Region funktioniert. Zahlreiche verantwortungsbewusste Bürger haben sich inzwischen bei sozial engagierten Stellen gemeldet und ihre Hilfe angeboten. In Balzhausen beispielsweise sind es die Helfer der Nachbarschaftshilfe, in Thannhausen hat sich eine ökumenische Aktionsgruppe zusammengefunden, die katholische Pfarrgemeinde St. Michael in Krumbach hat spontan eine Helfergruppe gegründet.

    Und der evangelische Pfarrer in Krumbach, Eugen Ritter, hat mit Andreas Reinert von der Diakonie ein systematisiertes Hilfsprogramm aufgelegt. Sie alle setzten auf die Einsatzbereitschaft ehrenamtlicher Helfer. Sie alle wissen, dass es mit ein paar Aktionen nicht getan ist, sondern die Hilfe über Wochen, vielleicht Monate zu leisten ist.

    Auch im Freiwilligenzentrum Stellwerk, der Anlaufstelle für alle Belange rund um bürgerschaftliches Engagement und Freiwilligenarbeit, klingelt laufend das Telefon. „Sehr viele Menschen und Organisationen melden sich, um ihre Bereitschaft zur Hilfe anzumelden. Wir haben inzwischen einen Organisationsplan entwickelt, und können Ehrenamtliche mit allen notwendigen Informationen versorgen, etwa dem sicheren Infektionsschutz“, erklärt Inge Schmidt, die Leiterin der vom Landkreis, der Caritas und dem Diakonischen Werk gemeinsam getragenen Einrichtung.

    Eugen Ritter hat schon am Wochenende die Schlagworte des Hilfsprogramms samt Telefonnummern auf die Website der Pfarrgemeinde gestellt.

    „Dass wir so früh handeln konnten, hat sich über einige Anfragen in der letzten Woche entwickelt. Nachdem die Kirchen für gemeinschaftliche Gottesdienste geschlossen worden waren, kam bei einigen Gemeindegliedern die Idee auf, den Gottesdienst per Video in die Häuser zu schicken. Aber das ist für unsere kleine Gemeinde viel zu aufwendig. Dafür haben wir nicht die technische Ausrüstung.“

    Suche nach Alternativen

    Um einen Ausgleich zu schaffen, suchte Eugen Ritter nach Alternativen. „Ich weiß von 40 bis 50 älteren Personen in der Gemeinde, die allein leben und jetzt stärker als je von Isolation bedroht sind. Mein erster Schritt war deshalb das persönliche seelsorgerische Telefonat. Ich möchte diese Menschen ein- bis zweimal in der Woche anrufen, um den Kontakt mit ihnen zu pflegen, Ansprechpartner für ihre Sorgen und Hoffnungen zu sein. Darüber hinaus können natürlich alle Menschen anrufen, die den Wunsch haben, sich auszusprechen, oder jemanden brauchen, der sich Zeit nimmt für ihr Ängste und Nöte.“

    Neben der seelsorgerischen Arbeit von Pfarrer Ritter wird auch die telefonische Beratungsstelle vor Ort verstärkt eingesetzt. Anette Plepa von der evangelischen Diakonie, die für die Ehe-, Familien- und Lebensberatung zuständig ist, nimmt sich Zeit für ihre Anrufer, denn mit zunehmender Dauer der Ausgangsbeschränkung werden die psychischen Belastungen für Singles, aber auch für Familien steigen.

    Ganz konkret wird die Arbeit der Diakonie bei der Einkaufshilfe, die von Koordinator Andreas Reinert gemanagt wird. Bereits Mitte der vergangnen Woche begannen die organisatorischen Vorbereitungen, nachdem intern die Entscheidung für ein Krisenprogramm gefallen war.

    Helfer nehmen Bestellungen entgegen

    Der Einkaufs- und Besorgungsservice kann täglich von neun bis zwölf Uhr telefonisch erreicht werden. Die Helfer nehmen die Einkaufsbestellungen entgegen. „Wir stellen klar, dass wir nur Wocheneinkäufe annehmen, uns für die Grundversorgung verantwortlich fühlen und keine besonders ausgefallenen Dinge besorgen können. Aber was eine Person an Grundnahrungsmitteln, Hygiene- und Sanitärartikeln benötigt, werden wir einkaufen. Die Bestellung wird am nächsten, spätestens übernächsten Tag geliefert. So bleibt den Helfern genügend Zeit, die Einkaufslisten zu bündeln und alles zu besorgen.“ Beim Service der Diakonie fließt kein Geld. Die Kunden erhalten einmal im Monat eine Rechnung, die dann per Banküberweisung beglichen werden kann.

    Bei den Initiativen in Pfarrgemeinden in Krumbach und Thannhausen haben die Räte die Initiative ergriffen. Johanna Schwarzmann und Alexandra Eheim von St. Michael in Krumbach haben schon seit dem Wochenende den Freiwilligendienst aufgenommen.

    Für die engagierten Katholikinnen war klar, dass sie niemanden alleine lassen wollen, der durch die Corona-Krise in Bedrängnis geraten ist. Und wenn schon keine Gottesdienste mehr möglich sind, dann sollte sich die Gemeinschaft auf andere Weise zusammenfinden. Die Hilfsbereitschaft ist groß, spontan haben sich 18 Helfer zur Verfügung gestellt.

    Das Team Schwarzmann/Eheim macht den Telefondienst und vermittelt die Aufgaben an die Helfer weiter. „Es ist aber noch sehr ruhig. Es ist wohl noch nicht bekannt, dass wir den Service bieten. Wir haben aber von Kassiererinnen gehört, dass schon Kunden in Supermärkten nachgefragt haben. Wir wollen deshalb an den Kassen Infos auslegen mit unserer Telefonnummer.“

    Und die findigen Damen haben noch viel mehr in Planung. So sollen außer den Hol- und Bringdiensten von Produkten und Mahlzeiten auch Gespräche per Telefon angeboten werden, um die Einsamkeit zu vertreiben. „Wir planen auch einen Austausch von Büchern und Filmen. Ältere Menschen haben ja oft keinen E-Book-Reader und die Büchereien sind geschlossen. Aber ein gutes Buch, ein Gute-Laune-Film können isolierten Menschen durch den Alltag helfen.“ Natürlich müssen bei allen Aktionen die Auflagen des Gesundheitsamtes und der Ausgangsbeschränkungen strengstens eingehalten werden. „Unsere Helfer erhalten Bescheinigungen, dass sie Hilfsdienste leisten und zunächst eine ausführliche Belehrung. Schließlich dürfen die Helfer nicht zum Risiko werden. Sie müssen sich und ihre Kunden schützen. Wie die Übergabe der Waren vollzogen werden soll, muss noch genau geklärt werden. Da werden wir uns an die Vorgaben des Stellwerks halten, nachdem unser Versuch, das Gesundheitsamt zu erreichen, fehlgeschlagen ist.“

    Kontakt mit dem Gesundheitsamt

    In Thannhausen hat Barbara Müller von der Pfarreiengemeinschaft Thannhausen/Burg die Leitung des ökumenischen Hilfsdienstes übernommen. Auch sie hatte zunächst versucht, Kontakt mit dem Gesundheitsamt aufzunehmen, sich dann aber an das Stellwerk gerichtet. Die Helfer haben eigene Richtlinien aufgestellt: Mindestens zwei Meter Abstand soll bei der Übergabe der Lieferungen eingehalten werden. Aber der persönliche Transfer soll grundsätzlich die Ausnahme sein. Die Thannhauser wollen die Bestellungen annehmen und dann innerhalb von zwei Tagen erledigen.

    Um die Hilfen zu strukturieren haben sich die Helferinnen darauf verständigt, Anrufe täglich von 10 bis 12 und von 17 bis 19 Uhr anzunehmen Die Lieferungen werden telefonisch angekündigt, dann vor der Haustüre abgestellt, wo das Geld in einem Umschlag bereitgelegt worden ist. Dahinein wird dann auch mögliches Wechselgeld gelegt. „Ich halte alle Kollegen außerdem an, eventuell Handschuhe zu tragen und sich regelmäßig die Hände zu waschen.“ Geboren wurde die Idee der tätigen Nächstenliebe nach Berichten aus Balzhausen und Krumbach. „Eine Pfarrei ist ja nicht nur für Gottesdienste und Seelsorge da, sondern auch für christliche Fürsorge. Wir wollen neben der Einkaufshilfe und den Botengängen auch die Möglichkeit zu Gesprächen und Gebeten per Telefon anbieten. Das Angebot richtet sich an alle Menschen, die aus unterschiedlichsten Gründen das Haus nicht mehr verlassen können oder wollen. Es soll ein solidarisches Zeichen der Ökumene sein, das zeigt, dass auch in schweren Zeiten niemand alleine gelassen wird.“

    Nachbarschaftshilfe in Krumbach und Balzhausen

    Die kommunalen Nachbarschaftshilfen in Krumbach und Balzhausen arbeiten weiter wie bisher. Balzhausens Bürgermeister Daniel Mayer und Hilfekoordinator Reinhard Horntrich würdigen die aktuelle Hilfsbereitschaft. „Bei uns auf dem Land funktionieren die familiären und nachbarschaftlichen Beziehungen noch sehr gut. Wir haben deshalb nur wenige Anfragen. Aber selbstverständlich stehen wir auch in Krisenzeiten zur Verfügung. Es haben sich bereits mehrere freiwillige Helfer gemeldet.“

    Die Krumbacher Nachbarschaftshilfe läuft vorerst weiter wie bisher. „Wir stehen ja nicht in dauerndem Kontakt zu den Helfern. Wir werden da ganz die Vorgaben des Freiwilligenzentrums Stellwerk übernehmen“, erklärt Sophia Schmid vom Krumbacher Bürgerbüro.

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