„Bergen“, erklärt Krameth, „ist die hauptsächliche Tätigkeit, der wir Rettungstaucher im Einsatz nachgehen.“ Christian Krameth ist der Erfahrene in dieser Runde, mit seinen 20 Jahren als Rettungstaucher. Hagen Rittirsch und Markus Klemmer sind neu im Team, haben in diesem Jahr ihre Zulassung als Rettungstaucher erhalten nach einem langwierigen mehrstufigen Verfahren.
Krameth: "Wir kommen leider fast immer zu spät"
„Wir kommen natürlich alle aus der Wasserwacht, haben uns zunächst als Rettungsschwimmer eingebracht“, erklärt Markus Klemmer seinen Werdegang. Was auf ihn zukommen wird als Rettungstaucher, war ihm klar. „Mein Vater macht das schon seit Jahren.“ Und als Wasserretter, einer Vorstufe zum Rettungstaucher, hat er bereits erlebt, was ihn erwarten kann. „Wir sind ausnehmend schnell: Nach der Alarmierung, die uns wie Feuerwehrleute irgendwo erreicht, müssen wir zur Wasserwachtstation und von dort mit der Ausrüstung starten. Dennoch kommt das Team aus fünf bis sechs Leuten schon nach rund vier Minuten mit dem Einsatzfahrzeug vom Hof.“
Alles Weitere, das Umkleiden, das Anlegen des Lungenautomats, und der Ausrüstung, zu der auch ein Wurfsack mit Rettungsleine gehört, die Kommunikation zum genauen Einsatzort und Umfang der Aktion wird unterwegs erledigt. „Wenn wir ankommen, kann der Taucher sofort ins Wasser gehen,“ erläutert er. „Trotzdem“, erklärt Christian Krameth, „kommen wir fast immer zu spät. Denn meist wird die Rettung erst alarmiert, wenn eine Person schon länger untergegangen ist. Uns bleibt dann nur, die ertrunkene Person zu bergen.“
In seinen 20 Jahren Rettungstaucher in Krumbach sei es ihm erst zwei Mal gelungen, Leben zu retten. „Wir waren im Schwimmbad beim Schwimmtraining, als wir eine leblos im Wasser treibende Person wahrgenommen haben. Wir konnten sie retten und wiederbeleben. Der Mann hat dann noch zehn Jahre gelebt. Und einmal haben wir ein Kälbchen aus der Günz gerettet.“ Da war auch Markus Klemmer dabei.
Manchmal ist das Wasser so trüb, dass man die Hand nicht vor den Augen sieht
Doch der Alltag sieht meist anders aus. Im Schnitt werden die Rettungstaucher rund acht Mal im Jahr angefordert, fast immer geht es um Personen, die vermisst werden. Sie erläutern den Einsatz: „Bei einem Taucheinsatz wird im Team gearbeitet, mindestens drei Personen müssen es sein. Zum Taucher kommen im Boot der Leinenführer, der die Verantwortung trägt und die Taucher dirigiert, und der Wasserretter, der das Geborgene entgegennehmen und an Land bringen muss, egal, um was es sich handelt. Beim Rettungseinsatz muss jeder Griff sitzen. Wir wissen nie, was uns erwartet, wir versuchen, möglichst schnell zu sein und trotzdem präzise.“ Da kann es auch schnell hektisch werden, doch es gelte, Ruhe und Übersicht zu wahren. Sie berichten weiter: „Manchmal ist das Wasser so trüb, dass man die Hand nicht vor den Augen sieht. Wir müssen dann, angeleint und vom Leinenführer dirigiert, mit den Händen tasten. Diese Suche im Halbkreis nennt man Pendelsuche. Verbindung zur Wasseroberfläche hat der Taucher dann nur über die Leine, mit der alle Signale gegeben werden. Die Leinensprache ist lebenswichtig für den Taucher.“ Nicht selten ist es dann eine Leiche, die geborgen werden muss. „Wir haben aber auch schon eine ganze Reihe von Autos aus einem Baggersee gezogen, die von Jugendlichen hineingeworfen worden waren.“
Neben dem trüben Wasser ist es auch die Strömung in Fließgewässern, die den Tauchern zu schaffen macht. Geschwindigkeit und Richtung müssen bei der Ortung stets berücksichtigt werden.
Warum sie trotz der oft schwierigen Bedingungen mit Leidenschaft dabei sind? „Tauchen ist wunderbar. Man wird schwerelos und fühlt sich losgelöst von der Erde. Das kann man wohl nur mit Fliegen vergleichen“, schwärmt Hagen Rittirsch. Und weiter: „Die Welt unter Wasser ist eine ganz Eigene. Sie hat ihre besonderen Geräusche, eine Fauna, die man sonst nicht vor Augen bekommt: Da kann man schon einmal einem Wels begegnen, der deutlich größer ist als man selbst.“
Ein ganz besonders Ereignis ist das Eistauchen
Solche eindrücklichen Gefühle und Erlebnisse gibt es beim Einsatz allerdings nicht. Aber um fit zu bleiben und notfalls schnell und sicher reagieren zu können, sind zehn Übungstauchengänge Pflicht – für die begeisterten Taucher nur die Untergrenze. Heimatgewässer ist der Oberrieder Weiher, doch der ist trübe. Da fahren die leidenschaftlichen Taucher schon lieber zu einem der Alpenseen mit ihrem eiskalten, aber glasklaren Wasser.
„Ein ganz besonders Ereignis ist das Eistauchen,“ verrät Christian Krameth und wird von seinen Kollegen begeistert bestätigt. Das Eistauchen ist durchaus tückisch und muss gut abgesichert sein. Natürlich wird nur an der Sicherungsleine getaucht. Die wird auf der Eisoberfläche mit einem Eisdübel fixiert und leitet den Taucher wieder an die Einstiegsstelle zurück. „Es gibt wohl kaum etwas Schöneres, als bei strahlendem Sonnenschein ein Loch ins Eis zu hacken und sich hineingleiten zu lassen, in diese unirdische Wasserwelt. Absolut klares Wasser, die gebrochenen Sonnenstrahlen von oben und völlige Stille in der Schwerelosigkeit.“
Solch überwältigende Erlebnisse mögen manchen Taucher zu Leichtsinn und Unachtsamkeit verleiten. Die Rettungstaucher wissen um die Macht des Wassers und bleiben bei aller Begeisterung nüchtern und überlegt, beim Eistauchen ebenso wie beim Tieftauchen bis 40 Meter, das nur all zu schnell in tödliche Gefahr münden kann. Christian Krameth hat das schon öfter mitgemacht, am Roten Meer, wo er im Urlaub unerfahrene Taucher retten musste. Ein Rettungstaucher ist nämlich immer einsatzbereit, im trüben wie im klaren, Süß- wie im Salzwasser und auch im Urlaub.