Groß war das Medieninteresse, als sich der frühere Bundesfinanzminister Dr. Theo Waigel vor einigen Tagen in Krumbach impfen ließ. Und massiv waren die Reaktionen, die danach kamen. Leserzuschriften, Anrufe im Landratsamt und in der Redaktion: Hat Waigel bei der Terminvergabe gar von einem Promi-Bonus profitiert? Waigel weist dies entschieden zurück, er habe sich nicht vorgedrängt. Doch auch Tage nach dem Impftermin gehen die Wogen hoch und die Debatten reißen nicht ab.
"Ich fühle mich gut und ich möchte die Impfung noch einmal mit Nachdruck empfehlen", sagt Theo Waigel nach seiner Impfung gegen Corona vor einigen Tagen. Es es gebe keinerlei körperliche Gegenreaktionen. Doch Reaktionen gab es nach Waigels Impftermin in Krumbach eine ganze Menge. In Leserbriefen, Anrufen im Landratsamt, in mitunter regelrecht erhitzten Gesprächen. Waigel habe seinen Promi-Status genutzt, um früher geimpft zu werden, ist einer der wiederholt geäußerten Vorwürfe. Waigel und Landrat Hans Reichhart weisen dies entschieden zurück. Er sei in der Reihenfolge nicht bevorzugt worden, betont Waigel. Und er möchte mit seiner Impfung Menschen, die der Corona-Impfung skeptisch gegenüberstehen, bewegen, sich impfen zu lassen. Die Argumentation Waigel stieß mittlerweile wiederum mitunter auf massive Kritik. "Feingefühl? Unrechtsbewusstsein? Fehlanzeige!", heißt es beispielsweise in einer Zuschrift an unsere Redaktion.
Viele, die sich impfen lassen wollen – aber es ist kaum Impfstoff da: Das ist derzeit das große Thema. Doch der 81-Jährige weist darauf hin, dass das im Dezember noch etwas anders aussah. Die Skepsis gegenüber Impfungen sei bei vielen groß gewesen. Er habe sich "nicht vorgedrängt", er sei aber vom Landkreis Günzburg gefragt worden, ob er dessen Werbekampagne für Impfungen gegen Corona unterstütze. "Ich habe zugesagt, denn in dieser sehr schwierigen Lage ist es sehr wichtig, dass sich viele impfen lassen." Ganz klar habe er aber unterstrichen, dass er keinerlei bevorzugte Behandlung wolle, er lasse sich impfen, wenn er "an der Reihe" sei. Da er nach wie vor einen Wohnsitz in seinem Heimatort Oberrohr habe, sei, auch mit Blick auf die Unterstützung der Impfaktion in seiner Heimat, eine Anmeldung im Kreis Günzburg möglich gewesen. "Theo Waigel hat sich ganz regulär angemeldet" hebt auch Jenny Schack, Pressesprecherin des Landratsamtes, im Gespräch mit unserer Redaktion hervor.
Theo Waigel wird in Krumbach geimpft: "Ich habe mich nicht in die Öffentlichkeit gedrängt"
Zunächst sei unklar gewesen, ob der persönliche Impftermin für Waigel überhaupt Anlass für eine Berichterstattung sein solle. Doch es habe sich dann doch herumgesprochen, dass Theo Waigel komme. So habe sich das Landratsamt entschlossen, auch Vertreter der Medien für eine Berichterstattung einzuladen. "Ich habe mich nicht in die Öffentlichkeit gedrängt, aber dann auch gesagt, dass ich nichts dagegen habe, wenn Pressevertreter kommen", erklärt Waigel.
Die Reaktionen in der Öffentlichkeit auf den Impftermin für Theo Waigel im Krumbacher Impfzentrum fielen dann teilweise heftig aus. Sein Vater sei 98 Jahre alt, "wo werden hier die Unterschiede gemacht? Und wer macht diese?", heißt es in einer Zuschrift an unsere Redaktion. In einer weiteren Mail heißt es, dass "mein Vater 90 Jahre alt ist und immer noch nicht geimpft" sei. Menschen berichten aus ihrem privaten Umfeld, ein Mann von seiner 82-jährigen Frau, die einen schweren Schlaganfall erlitten habe, bereits im Dezember im Günzburger Impfzentrum zur Impfung angemeldet worden sei und immer noch keinen Termin habe. Andere mutmaßen, Waigel habe seinen Promistatus genutzt, um sich beim Impfen vorzudrängen. Kritisiert wird auch, dass sich Waigel nicht an seinem Hauptwohnsitz in Seeg im Allgäu habe impfen lassen, sondern in Krumbach. Er habe in Oberrohr einen Wohnsitz und bei der Impfung habe er in seiner Heimat ein Signal setzen wollen, sagt Waigel.
Jenny Schack bestätigt, dass es etliche Anrufe verärgerter Bürger im Landratsamt gegeben habe. Hermann Keller, der die Impfungen im Landkreis organisiert, berichtet, dass auch bei der Impf-Hotline phasenweise rund die Hälfte der Anrufe Beschwerden über den Waigel-Impftermin waren. Er fügt aber auch hinzu, dass es keinerlei Bevorzugung von Theo Waigel gegeben habe. Mit annähernd 82 Jahren gehöre er der Gruppe 80 plus an. In dieser Gruppe spiele es keine Rolle, ob jemand 82 oder 92 sei, ergänzt Dr. Volker Rehbein, Vorstand der Kliniken in Günzburg und Krumbach. Eine wichtige Rolle spiele das Anmeldedatum.
Landrat Hans Reichhart wird bisweilen massiv kritisiert, er habe aus dem Impftermin quasi eine PR-Veranstaltung in eigener Sache gemacht, während viele im Kreis Günzburg nach wie vor vergeblich auf ihre Impfung warten würden.
"Es war zunächst gar nicht geplant, dass der Landrat an diesem Tag nach Krumbach fährt", sagt Pressesprecherin Jenny Schack dazu. Hans Reichhart habe dann aber doch eine Stunde Zeit gehabt und sich spontan zur Fahrt nach Krumbach entschieden.
Impftermin von Theo Waigel in Krumbach löst heftige Diskussion aus
"Ich hatte ohnehin noch etwas mit Theo Waigel zu besprechen und bin dann gefahren", erklärt Reichhart. Er habe sich während des Termins in Krumbach aber nicht auf irgendwelche Fotos oder vor die Kameras gedrängt. Auch Reichhart sagt, dass es keinerlei Bevorzugung für Waigel gegeben habe. Jenny Schack weist darauf hin, dass für die Impftermine das Datum der Anmeldung wichtig sei. Mit Blick auf Erkrankungen von Personen gebe es dann eine Priorisierung gemäß den Richtlinien der Ständigen Impfkommission. Verständnis habe sie dafür, dass es in Einzelfällen immer wieder Diskussionen gebe, warum der eine früher, der andere später zur Impfung dran sei. Aber der Kreis halte sich an das vorgegebene Verfahren. In die Reihenfolge "mische ich mich nicht ein", sagt auch Reichhart. Die jetzt so heftige Diskussion um den Impftermin von Theo Waigel in Krumbach sei ein Spiegelbild der derzeit heiklen Stimmung in der Gesellschaft. Reichhart bedauert, dass der Impfstoff derzeit nicht in einer ausreichenden Menge zur Verfügung steht. "Ich hätte mich natürlich sehr gefreut, wenn mehr Impfstoff und dies früher zur Verfügung gestanden hätte." Jetzt sei nicht gänzlich auszuschließen, dass es gar zu einer Spaltung der Gesellschaft komme. Man habe das Gefühl, dass jeder auf den anderen schaue, ob der schon früher geimpft werde und dies berechtigt sei.
Dabei gebe es im Kreis wichtige Erfolge. Beispielsweise in den Seniorenheimen des Kreises. Dort seien bereits alle impfbereiten Bewohner geimpft worden und hätten auch die zweite Impfung erhalten. Gute Fortschritte gebe es im Dominikus-Ringeisen-Werk in Ursberg. Reichhart und Pressesprecherin Jenny Schack sagen, dass es viele positive Rückmeldungen von Bürgern gebe. Mit Blick auf die schwierige Lage bei der Impfstofflieferung könne er, so Reichhart, aktuell aber keine Prognose abgeben, wann alle Bürger der 80-plus-Gruppe im Landkreis, die geimpft werden möchten, geimpft werden können.
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