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Krumbach: So wurde Krumbach zur Behördenstadt

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So wurde Krumbach zur Behördenstadt

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    Von der Baugenehmigung im April bis zum Rohbau des neuen Landratsamts in Krumbachs Westen vergingen nur acht Monate.
    Von der Baugenehmigung im April bis zum Rohbau des neuen Landratsamts in Krumbachs Westen vergingen nur acht Monate. Foto: Hans Bosch

    Krumbach sollte 1970 seien Status als Kreisstadt verlieren. Aber das wollte man in der Kammelstadt nicht einfach so hinnehmen - und beschloss den Bau eines neuen

    „Faustpfand“? Das bedeutete: Eile ist geboten. Der Krumbacher Landrat Karl Graf und seine Kreisräte im damals noch eigenständigen Landkreis Krumbach entscheiden sich einmütig für „rasches Handeln“. Am 25. April 1970 billigen sie den Bau eines neuen Verwaltungsgebäudes für die Kreisbehörde im Westen der Stadt. Das sollte für die weitere Entwicklung der Stadt Krumbach wegweisend sein.

    Die Krumbacher Kirche St. Michael: Unser Bild zeigt sie vor der umfassenden Renovierung im Jahr 1970.
    Die Krumbacher Kirche St. Michael: Unser Bild zeigt sie vor der umfassenden Renovierung im Jahr 1970. Foto: Stadtarchiv Krumbach

    Baubeginn ist schon zwei Wochen später. Der Rohbau ist für Herbst terminiert und wird dann am 4. Dezember im Rahmen einer Kreistagssitzung mit Grundsteinlegung und Richtfest gefeiert. Schon vorher zeigt sich jedoch, dass in Krumbach ein neues Gebäude entsteht, das als Landratsamt keine Zukunft hat.

    Deutlich wird dies bei einem Treffen der vier Landräte aus Krumbach, Mindelheim, Memmingen und Kaufbeuren, die sich für eine Region Mittelschwaben stark machen. Sie gilt bereits Monate später für „gestorben“, da sich die Kreise Günzburg, Illertissen und Neu-Ulm dafür nicht anfreunden können.

    Neues Wahrzeichen im mittleren Mindeltal ist die weltgrößte Traglufthalle der Münsterhauser Firma Schwarzkopf zur Fertigung und Montage von Vergnügungsanlagen. Sie ist 120 Meter lang, 25 Meter breit und 22 Meter hoch.
    Neues Wahrzeichen im mittleren Mindeltal ist die weltgrößte Traglufthalle der Münsterhauser Firma Schwarzkopf zur Fertigung und Montage von Vergnügungsanlagen. Sie ist 120 Meter lang, 25 Meter breit und 22 Meter hoch. Foto: Hans Bosch

    Selbst der östliche Landkreis Krumbach plädiert für den Anschluss an die Region Augsburg. Hinzu kommt die beginnende Diskussion der von Innenminister Dr. Bruno Merk initiierten Kreis- und Gemeindereform mit dem Ziel, durch freiwillige Zusammenschlüsse leistungsfähige Kreise und Gemeinden zu schaffen. Erstmals bekannt werden Details dieser die nächsten Jahre beherrschenden Reform in einem Merkblatt des heimischen Landtagsabgeordneten Ende des Monats Mai. In Krumbach wird trotzdem weiter gebaut. In den Neubau zog später das Wasserwirtschaftsamt ein und heute nutzt es das Staatliche Bauamt. Die damaligen Kreisräte hatten also recht: Ein Faustpfand mit großem Wert für den südlichen Landkreis ist es geblieben.

    Eine riesige Halle in Münsterhausen

    Es tut sich aber noch einiges andere in diesem Frühsommer vor 50 Jahren: In Münsterhausen baut die Firma Schwarzkopf die bisher weltgrößte Traglufthalle und fertigt darin Teile für die unterschiedlichsten Fahrgeschäfte, was bisher im Freien geschah. Sie ist 22 Meter hoch, 120 Meter lang und 25 Meter breit. Ihre lichtdurchlässige weiße Kunststoffhaut mit 6600 Quadratmeter Oberfläche umspannt 70 000 Kubikmeter Rauminhalt. Der Überdruck in der Halle ist für die Arbeiter nicht spürbar, sie müssen jedoch beim Ein- und Austritt durch eine Schleuse mit zwei Türen. Jahrelang war die Halle ein modernes Wahrzeichen für das mittlere Mindeltal.

    Träger der Goldenen Bürgermedaille: Karl Kling sen. (links) mit Bürgermeister Ludwig Mayer.
    Träger der Goldenen Bürgermedaille: Karl Kling sen. (links) mit Bürgermeister Ludwig Mayer. Foto: Foto-Weiß

    Auf Expansionskurs ist ebenso das Dämmstoffwerk Ludwig Faist (heute Borgers) am Krumbacher Bahnhof, das am Ellzeer Bahnhof ein Zweigwerk errichtet. Ähnliches hat die Kerzenfabrik Steinhart vor, die in Niederraunau ein großes Lager baut und die Firma Neodon fertigt künftig zusätzlich Teppichböden in der Schweizer Stadt Chur. Die Sparkasse will ihre Hauptstelle am Marktplatz verlassen und zeigt erstmals die Entwürfe für ihren Neubau in der Nattenhauser Straße, in dem sich heute das Rathaus befindet. Ein weiteres Großprojekt steht in der Brühlstraße mit dem Allkauf vor der Eröffnung, dem ersten Krumbacher Großgeschäftshaus mit sechs unterschiedlichen Firmen in einem Gebäude (heute Kaufland).

    Ein „Sonderflugplatz“ in Thannhausen

    Zum Feiern besteht ebenfalls Anlass. Da ist für den Mittelschwäbischen Luftsportverein die offizielle Anerkennung des bisherigen Landeplatzes als „Thannhauser Sonderflugplatz“, verbunden mit der Eröffnung des Fliegerheims und der Flugzeughalle. Die Raiffeisenkasse Edelstetten begeht ihr 75-jähriges Bestehen und das gleiche Geldinstitut zieht in Hasberg (damals noch im Landkreis Krumbach) in ihr neues Geschäftshaus ein. Was die Vereine betrifft, so gibt es die Fahnenweihen der Feuerwehr Wattenweiler/Höselhurst und beim Schützenverein Ebershausen/Seifertshofen. 650 Schützen beteiligen sich am Gauschießen in Unterbleichen.

    Den Titel „Sonderflugplatz“ erhält die Landebahn im Thannhauser Mindelried. Gefeiert wird dies zusammen mit der Einweihung des Fliegerheims und der Flugzeughalle.
    Den Titel „Sonderflugplatz“ erhält die Landebahn im Thannhauser Mindelried. Gefeiert wird dies zusammen mit der Einweihung des Fliegerheims und der Flugzeughalle. Foto: Hans Bosch

    Mehr persönlichen Charakter haben einige Besuche, Geburtstage und Ehrungen. Der Baumeister Karl Kling erhält von Bürgermeister Ludwig Mayer für die Verdienste um seine Heimatstadt die Goldene Bürgermedaille und ist damit vierter Träger dieser Auszeichnung. Seine Vorgänger sind Bürgermeister Franz Aletsee, Landesökonomierat Anton Munding und Stadtpfarrer Karl Weiß, der Anfang Juni den 80. Geburtstag feiern kann. Zum Ehrenbürger ernennt die Gemeinde Memmenhausen ihren langjährigen Bürgermeister Jakob Meitinger, der auch viele Jahre stellvertretender Landrat ist und in dieser Eigenschaft namens des Kreistags Landrat Karl Graf zu dessen 50. Geburtstag gratuliert. Große Trauer herrscht in Thannhausen über den Tod von Altbürgermeister Wilhelm Donderer, der im Alter von 77 Jahren starb und in der schweren Nachkriegszeit 14 Jahre die Geschicke der Stadt geleitet hat.

    Der Bischof kommt nach Edelstetten

    Einen besonderen Tag erlebt die Gemeinde Edelstetten mit dem Besuch des Diözesanbischofs Dr. Josef Stimpfle, der zum Abschluss des Dekanats-Priestertages in der barocken Pfarrkirche einen Gottesdienst feiert. Nicht groß begangen wird das Jubiläum „75 Jahre Stadt Krumbach“, was auch heuer nicht der Fall sein wird, obwohl die Ernennung 125 Jahre zurückliegt. Interessant aber der Wortlaut der Beförderung, von der die Bevölkerung erst Tage später aus dem Krumbacher Boten erfährt.

    Die kurze Notiz: „Seine königliche Hoheit, der Prinzregent Luitpold, haben allergnädigst genehmigt, dass der Markt Krumbach in die Klasse der Städte des Königreiches Bayern eingereiht werde.“

    Nikolausbesuch vor dem Krumbacher Allkauf 1970.
    Nikolausbesuch vor dem Krumbacher Allkauf 1970. Foto: Edwin Selzer

    Baumaßnahmen bilden in diesem Frühsommer 1970 gleichfalls Gesprächsthema. Für Krumbach von erheblicher Bedeutung ist es, dass die Lichtensteinstraße erstmals vom Bahnhof bis zur Burgauer Straße für Fahrzeuge aller Gewichtsklassen befahrbar ist. Allerdings befindet sich nahe der Kammel noch immer ein Betonmischwerk, das wegen Lärmbelästigung großen Ärger verursacht und jetzt endlich stillgelegt wird. Vom östlichen Landkreis besonders begrüßt wird der Ausbau der Staatsstraße zwischen Thannhausen und Münsterhausen und auch die Bahnhofstraße in der Mindelstadt bleibt wegen Kanalarbeiten für Monate gesperrt. Für die Verbesserung der künftigen Wasserversorgung ist zeitgleich östlich des Schlossbergs eine neue Hochreserve mit einem Fassungsvermögen von 1200 Kubikmetern im Bau. Bisher standen lediglich 200 Kubikmeter zur Verfügung.

    Abgerissen wird 1970 dieses Fachwerkgebäude in der Nassauer Straße in Krumbach. In ihm befand sich die Kerzenfabrik Moritz Sallinger.
    Abgerissen wird 1970 dieses Fachwerkgebäude in der Nassauer Straße in Krumbach. In ihm befand sich die Kerzenfabrik Moritz Sallinger. Foto: Hans Bosch

    Bleibt zu erwähnen, dass nordwestlich des Krumbads ein Schlepplift errichtet wird, der den Skifahrern im nächsten Winter die Abfahrt auf einer 140 Meter langen Piste ermöglicht. Vorerst wünschen sich die Sportler allerdings mehr Sonnenschein und warme Tage. Der Grund: Bis Mitte Juni hat das Krumbacher Freibad noch kaum einen Badegast gesehen. Die Wassertemperatur liegt bei zwölf Grad. Die Günz dagegen ist noch kälter und so spielt es keine Rolle, dass der Flusskanal zwischen Oberegger Weiher und dem Kraftwerk als beliebtes Badeziel nicht mehr zur Verfügung steht und die Wasserwacht ihre Einsätze an den Wochenenden eingestellt hat.

    Wahlkampf: Der bayerische Innenminister Bruno Merk beim Gespräch in der Krumbacher Innenstadt.
    Wahlkampf: Der bayerische Innenminister Bruno Merk beim Gespräch in der Krumbacher Innenstadt. Foto: Edwin Selzer

    Der nasse Sommer sollte eigentlich den Störchen zugutekommen. Die Vogel- und Naturfreunde beklagen nämlich lautstark, dass es immer weniger Nester auf den Kirchendächern gibt und befürchten sein Aussterben in unserem Bereich. Heute zeigt sich, dass sich der Storch wieder sehr heimisch fühlt.

    Sorgen um die Mittelschwabenbahn

    Sorgen bereitet auch die Mittelschwabenbahn zwischen Günzburg – Krumbach – Mindelheim, die noch immer von der Stilllegung bedroht ist. Es besteht die Befürchtung, dass der inzwischen jahrelange Kampf um den Erhalt letztlich doch verloren geht.

    Die Widerstandskraft der Stadt-, Gemeinde- und Kreisräte sei inzwischen erlahmt und die Bevölkerung habe sich damit abgefunden, auf die Bahn zumindest im Teilbereich Krumbach – Mindelheim verzichten zu müssen.

    Szene aus dem Krumbacher Freibad im August 1970.
    Szene aus dem Krumbacher Freibad im August 1970. Foto: Edwin Selzer

    Da gibt der damalige Bahnhofsvorstand Krause Anfang Juli bekannt, dass er von der Bundesbahnhauptverwaltung in Frankfurt die offizielle Mitteilung erhalten habe, der Teilbereich bis Mindelheim sei aus dem 2. Stilllegungsstufenplan herausgenommen worden. Der Grund: Die Bundesbahndirektion Augsburg hat in

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