Zur Vorstellung des großen Lachmann-Projektes im Jüdischen Jubiläumsjahr waren drei der Enkelinnen von Franziska Lachmann gekommen und erhellten im kleinen Kreis die Geschichte durch persönliche Erinnerungen.
Die 80-jährige Veronika Schmidtke-Sieben, Tochter von Agathe Sieben, geborene Otto, hat ihre Großmutter in Argentinien nie gesehen. Als Franziska 1947 starb, war Veronika sechs. Doch kann sie sich noch gut an Briefe erinnern, die von ihr kamen. Sie verfüge über einen großen Stapel an Briefen ihrer Großmutter, erzählt sie im Gespräch. Allerdings seien die Schreiben nach 1941 immer seltener geworden, wohl eine Folge der zunehmenden Kontrolle und Zensur. Sie ist aber sicher, dass ihre Oma in Argentinien glückliche Jahre mit ihrer Tochter und deren Familie verbringen konnte.
Nach der Emigration findet Franziska Lachmann zum Glauben zurück
Elena Blum hat sie direkt miterlebt. Die Tochter von Ulrike, die mit ihrem Mann über Paris nach Argentinien emigriert war und Mutter Franziska aus den USA zu sich geholt hatte, war vier Jahre alt, als die Oma starb. Sie habe ihr viel Zeit gewidmet, gespielt, vorgelesen, deutsche Märchen erzählt, Gedichte und Lieder für sie geschrieben. Gesprochen wurde in der Familie Deutsch und Französisch. Ihre Eltern haben sie und ihre Schwester auf eine liberale deutsche Schule geschickt. Religiös wurde sie nicht erzogen. Ihre Großmutter aber habe nach ihrer Emigration durch einen Kantor zum jüdischen Glauben zurückgefunden.
Über die vielen Verwandten auch in Deutschland ist Elena Blum immer in engem Kontakt zu dem Land ihrer Vorfahren gestanden. Antisemitismus habe sie, auch seit ihrer Übersiedlung, zuerst in die USA und schließlich nach Berlin, nie erfahren.
Ihre Cousine Irene Sieben fühlt die Tradition zu ihren Vorfahren in ihrer künstlerischen, beruflichen und jüdischen Haltung. Die Tochter von Agathe und Richard Sieben wuchs in erzwungen unehelicher Beziehung auf. Denn der Wirtschaftswissenschaftler in einem Ministerium und die Halbjüdin und Tänzerin waren mit Berufsverbot belegt, sie durften während des NS-Regimes nicht heiraten. Irene ist davon überzeugt, dass das Leben im unübersichtlichen Künstlerhaus und Richards schützende Hand ihre Mutter vor Schlimmerem bewahrt hat. Obwohl die Eltern 1945 endlich heiraten konnten, hatte Agathe aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen ein schweres Leben, erinnert sich Irene. Oft sei ihre Cousine Gudula, die Tochter von Tante Hedwig, als Kindermädchen eingesprungen, weil es der Mutter so schlecht ging.
Franziska Lachmanns Enkelinnen haben ihre Großmutter nur teilweise miterlebt
Den Kontakt zu Franziska konnte Agathe über ihren Vater Adolf halten, als dieser in Paris war. Ihre Großmutter, weiß sie, habe sehr darunter gelitten, dass ihr geliebter Adolf in Gertrud Laupheimer eine neue Liebe gefunden hatte. Doch die daraus hervorgegangene Tochter Linde wurde auch von Franziska akzeptiert und ganz und gar in die Großfamilie Otto aufgenommen. Deshalb war die Verwunderung bei Veronika Schmidtke-Sieben groß, dass ihre Halbschwester Linde auf dem von der SKG Akademie erstellten Stammbaum fehlte.