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Krumbach: Polizeischüsse in Krumbach: Video sorgt für heftige Diskussionen im Netz

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Polizeischüsse in Krumbach: Video sorgt für heftige Diskussionen im Netz

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    Besonders auf Facebook wurde der Polizeieinsatz in Krumbach kontrovers diskutiert.
    Besonders auf Facebook wurde der Polizeieinsatz in Krumbach kontrovers diskutiert. Foto: Daniel Reinhardt (dpa)

    Seit Tagen geistert ein in Krumbach aufgenommenes Video durchs Netz. Der fast sechs Minuten lange Clip zeigt einen Polizeieinsatz, bei dem am vergangenen Donnerstag ein Mann schwer verletzt wurde. Was dort zu sehen ist, sorgt für heftige Diskussionen in den sozialen Medien. Das Video zeigt, wie ein Polizist mehrfach auf einen offensichtlich geistig verwirrten, älteren Mann schießt. Der geht schwer verletzt zu Boden. Jetzt fragen sich viele: War diese Reaktion angemessen?

    Für die Streife der Polizeiinspektion Krumbach klang der Einsatz am Gründonnerstag zunächst nach Routine: Ein Mann hält sich unerlaubt auf einem Grundstück auf, Anwohner rufen die Polizei. Die beiden Beamten gehen in den Garten des Anwesens in der Robert-Steiger-Straße. Dort sitzt der 63-Jährige auf der Terrasse. In dem Video, das Nachbarn aufgenommen haben, ist zu sehen und zu hören, wie die Streifenpolizisten mehrere Minuten lang auf den Mann einreden, ihn immer wieder auffordern, das Grundstück zu verlassen. Außerdem weisen sie ihn an, einen Schraubenzieher, den er bei sich trägt, wegzulegen.

    Erst nach mehreren Warnschüssen schießt die Polizei auf den 63-Jährigen

    Doch die Botschaft scheint bei dem Mann nicht anzukommen, er gibt wirre, unzusammenhängende Sätze von sich, spricht von organisierter Kriminalität, wirft den Beamten Lügen vor. Als die Polizisten näherkommen, eskaliert die Situation. Der 63-Jährige steht auf und geht mit dem Schraubenzieher in der Hand auf sie zu. Durch Pfefferspray lässt er sich nicht aufhalten. Die Polizisten rennen zurück Richtung Straße, der Mann setzt ihnen nach, in der Hand einen Spielzeuglaster aus Plastik, der in dem Garten stand.

    Erst kracht ein Warnschuss in die Luft, der Mann rennt weiter. Die Polizisten weichen zurück, schreien den Mann an, er solle stehenbleiben. Es gibt weitere Warnschüsse. Schließlich fordern sie auf den 63-Jährigen, der mit dem Spielzeug nach einem Beamten schlägt. Der stolpert rückwärts über eine Hecke, noch im Fallen feuert er weiter auf den Mann. Unter Schmerzensschreien geht der Mann zu Boden, über Funk feuern die Beamten einen Rettungswagen an. Damit endet das Video.

    Polizeieinsatz in Krumbach wird im Netz heftig diskutiert

    Wie ein Lauffeuer verbreitet sich der Clip in Krumbach und darüber hinaus. In den sozialen Medien wird heftig über den Einsatz gestritten. Allein auf der Facebook-Seite der Mittelschwäbischen Nachrichten gibt es mehr als 300 Kommentare. Viele davon muss unsere Redaktion wieder löschen. Denn sie enthalten teils offene Beleidigungen und Anfeindungen gegen die Polizisten.

    Es ist ein Phänomen, das für Peter Pytlik nicht neu ist. Der Krumbacher ist Landesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP) in Bayern. Er sagt zu dem Vorfall in seiner Heimatstadt: "Wir als GdP Bayern finden es sehr bedauerlich und wenig hilfreich, sich an solch unüberlegter und ungefilterter Hetze in den sozialen Netzwerken zu beteiligen. Die Erfahrungen aus der Vergangenheit zeigen, dass Veröffentlichungen solcher Filme in den sozialen Medien genutzt werden, um ganz gezielt Stimmung zu machen oder emotional völlig disqualifizierende Meinungen abzugeben."

    Schüsse in Krumbach sind auch in der Türkei ein Thema

    Das passiert auch jetzt. Sogar ein bekannter türkischer Politiker der Erdogan-Partei AKP hat einen Ausschnitt aus dem Video über den Kurznachrichtendienst Twitter geteilt. In der Nachricht stellt der Politiker Metin Külünk den Einsatz als unverhältnismäßig dar und fordert die deutschen Behörden auf, "das Notwendige zu tun." Angeblich sei der Angreifer Türke und leide an Alzheimer. Von offizieller Seite heißt es nur, dass es sich um einen deutschen Staatsbürger handelt. Ob der Mann an einer Erkrankung leidet, sei Gegenstand der Ermittlung.

    In der Krumbacher Robert-Steiger-Straße hat am Gründonnerstag ein Polizist auf einen 63-Jährigen geschossen. Der Mann musste schwerverletzt in Krankenhaus.
    In der Krumbacher Robert-Steiger-Straße hat am Gründonnerstag ein Polizist auf einen 63-Jährigen geschossen. Der Mann musste schwerverletzt in Krankenhaus. Foto: Peter Bauer

    Viele stellen sich in den sozialen Medien auf diese Seite, andere verteidigen die Polizisten. "Es muss für Polizisten erlaubt sein, das eigene Leben zu schützen", schreibt einer auf Facebook. "Wenn ihr angegriffen werdet, hättet ihr sicher auch Angst, und dann müssen Polizisten in Sekundenbruchteilen entscheiden", argumentiert ein weiterer Nutzer. So sieht es auch Gewerkschaftschef Pytlik, der selbst viele Jahre im Streifendienst tätig war: "Die Polizei hat sehr oft mit Menschen zu tun die sich in psychischen Ausnahmesituationen befinden. Leider kann man in vielen Fällen nicht mit vorhersehbaren Reaktionen psychisch auffälliger Personen rechnen, weshalb die Einschätzung, wie sich solche Menschen verhalten, sehr schwierig ist."

    Staatsanwaltschaft geht von rechtmäßigem Handeln der Polizisten aus

    Wenn zudem jemand eine potenziell gefährliche Waffe, wie einen Schraubenzieher, habe und sich völlig uneinsichtig und aggressiv zeige, sei es auch sehr schwierig, jemanden mit körperlicher Gewalt zu überwältigen. Nach dem Vorfall in Krumbach gelte es nun, so Pytlik, die Ermittlungen abzuwarten, die derzeit sowohl gegen den 63-Jährigen als auch gegen den Polizisten nach den Schüssen laufen.

    Die Ermittlungen der Polizei dauern derweil noch an. Wie eine Sprecherin des Polizeipräsidiums Kempten schriftlich mitteilt, geht die zuständige Staatsanwaltschaft Memmingen aktuell von einem rechtmäßigen Handeln der Polizeibeamten aus. Auskünfte zum Gesundheitszustand und Aufenthaltsorts des Angreifers, zur Verfassung der beiden Beamten, zu möglichen Hintergründen und zu den polizeitaktischen Maßnahmen will man derzeit aber nicht geben. Auch das in den sozialen Medien verbreitete Video wird von der Polizei geprüft.

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