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Krumbach: Lingl in Krumbach: Warum nach der Übernahme viele erleichtert sind

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Lingl in Krumbach: Warum nach der Übernahme viele erleichtert sind

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    Eine gute Perspektive für die Firma Lingl: Sowohl Insolvenzverwalter Plail als auch die Arbeitnehmervertreter sind nach der Übernahme durch die Unternehmerfamilie Schug aus der Oberpfalz optimistisch. Übernommen werden alle Mitarbeiter.
    Eine gute Perspektive für die Firma Lingl: Sowohl Insolvenzverwalter Plail als auch die Arbeitnehmervertreter sind nach der Übernahme durch die Unternehmerfamilie Schug aus der Oberpfalz optimistisch. Übernommen werden alle Mitarbeiter. Foto: Peter Bauer

    „Das lässt uns alle hoffen“, erklärt die stellvertretende Lingl-Betriebsratsvorsitzende Brigitte Altstetter. Auch der Betriebsrat begrüßt díe Übernahme der insolventen Firma Lingl durch die Unternehmerfamilie Schug aus der Oberpfalz. Wie Insolvenzverwalter Christian Plail mitteilte, habe mittlerweile auch der Gläubigerausschuss seine Zustimmung zum Kauf durch die Familie Schug gegeben. Eine wichtige Abstimmung steht aber noch bevor.

    Die Unternehmerfamilie Schug aus der 4300-Einwohner-Stadt Pressath ist unter anderem Inhaber der Lippert GmbH & Co. KG, einem Oberpfälzer Maschinenbauunternehmen. Lippert stellt Anlagen/Maschinen für die Porzellanindustrie her. Das Familienunternehmen beschäftigt rund 370 Mitarbeiter. Vor einigen Tagen hat sich Unternehmer Hubert Schug in einer Versammlung der Lingl-Belegschaft vorgestellt. Nun stand noch die Zustimmung des Gläubigerausschusses zur Lingl-Übernahme aus. Nach Auskunft von Plail gehören diesem fünf Mitglieder (vier Gläubiger und Günter Frey, 1. IG-Metallbevollmächtigter für die Region) an. Es habe schon noch die eine oder andere Diskussionen gegeben, aber der Gläubigerausschuss habe der Lingl-Übernahme durch die Familie Schug zugestimmt. Diese wird, wie bereits berichtet, zum 1. Mai stattfinden.

    Insolvenzverwalter Christian Plail von der Kanzlei Schneider, Geiwitz & Partner.
    Insolvenzverwalter Christian Plail von der Kanzlei Schneider, Geiwitz & Partner. Foto: Ulrich Wagner

    Eine weitere Entscheidung steht, wie die stellvertretende Betriebsratsvorsitzende Brigitte Altstetter erläutert, am Mittwoch, 28. April an. Arbeitnehmer stimmen dann ab über die Zugeständnisse, die vonseiten der Arbeitnehmerschaft kamen, um die Lingl-Übernahme zu ermöglichen. Dazu gehören eine 38-Stunden-Woche statt 35-Stunden-Woche, der Verzicht auf Teile des Weihnachts- und Urlaubsgelds sowie eine zeitlich verschobene Weitergabe von tariflich ausgehandelten Lohnerhöhungen. Abstimmen werden darüber, so Brigitte Altstetter, die gewerkschaftlich organisierten Arbeitnehmer. Laut stellvertretender Betriebsratsvorsitzenden ist dies ein Großteil.

    Wie die Abstimmung der Arbeitnehmer bei Lingl abläuft

    Der Ablauf der Abstimmung sei mit einer klassischen Wahl vergleichbar. Brigitte Altstetter rechnet damit, dass es unter den Arbeitnehmern einen hohen Grad an Zustimmung zu den ausgehandelten Vereinbarungen geben wird. Es gebe jetzt wieder eine große Hoffnung auf sichere Arbeitsplätze, sagt sie. Hubert Schug sei schon öfter vor Ort in der Firma gewesen, auch dies sei ein gutes Zeichen. In der Belegschaft hatte es, wie sie bestätigt, durchaus Befürchtungen gegeben, dass Lingl von einem Finanzinvestor übernommen wird, der die Firma nach kurzer Zeit wieder möglichst gewinnbringend verkauft. Mit der Übernahme durch die Unternehmerfamilie Schug gebe es für Lingl nun eine langfristige und gute Perspektive. Hubert Schug habe auch davon gesprochen, wie wichtig ihm zufriedene Mitarbeiter seien.

    Die Mitarbeiter haben in den vergangenen Monaten ein mitunter turbulentes Auf und Ab erlebt. Nach dem Insolvenzantrag Anfang Oktober 2020 erhielten die Lingl-Mitarbeiter bis Ende November 2020 Insolvenzgeld (100 Prozent des regulären Einkommens) von der Bundesagentur für Arbeit. Danach übernahm die Zahlung der Löhne wieder die Firma selbst. Im Insolvenzverfahren ging es maßgeblich auch um das Thema Betriebsrenten. Wie Christian Plail wiederholt erläuterte, musste Lingl als Sicherheit für die Betriebsrenten einen Betrag von rund 20 Millionen Euro bereitstellen. Dies habe die Bilanz der Firma stark belastet.

    Was die Betriebsrenten für Lingl bedeuten

    Durch die Insolvenz übernimmt die Sicherung der Betriebsrenten der Pensionssicherungsverein. Der „Pensions-Sicherungs-Verein Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit (PSVaG)“ ist, so ist auf der Internetseite zu erfahren, die „Selbsthilfeeinrichtung der deutschen Wirtschaft zum gesetzlichen Schutz der betrieblichen Altersversorgung bei der Insolvenz des Arbeitgebers.“ Arbeitgeber zahlen dort Beträge ein. Der Verein übernimmt dann wie etwa eine Versicherung in Insolvenzfällen die Pensionslasten. Lingl ist damit, so hat Plail mehrfach erklärt, in diesem Bereich dann „lastenfrei“.

    Lingl insolvent: Mit schwarzen Kreuzen machten vor Kurzem Betriebsrat, IG Metall und Belegschaft auf die schwierige Lage der Krumbacher Traditionsfirma aufmerksam.
    Lingl insolvent: Mit schwarzen Kreuzen machten vor Kurzem Betriebsrat, IG Metall und Belegschaft auf die schwierige Lage der Krumbacher Traditionsfirma aufmerksam. Foto: pb

    Der Insolvenzverwalter hat aber auch wiederholt hervorgehoben, dass es neben dem Thema Betriebsrenten aber auch noch andere Gründe gegeben habe, die zur Insolvenz von Lingl geführt hätten. Im Baustoffbereich war die Entwicklung hin zu Beton für Lingl offenbar ungünstig, im Bereich Anlagenbau sei das Auftragsvolumen gesunken. Lingl hatte bekanntlich in den letzten Jahren versucht, sich auf neuen Geschäftsfeldern (Maschinenbau für die holzverarbeitende Industrie, Trockner für Sanitärkeramik und Katalysatortechnik) zu etablieren. Im Jahr 2019 hatte die Firma nach eigenen Angaben etwa 72 Millionen Euro Umsatz erwirtschaftet.

    Viele Betroffene wechselten in die Transfergesellschaft

    Der Maschinenbau für die holzverarbeitende Industrie (Tochtergesellschaft SMB) existiert mittlerweile nicht mehr, da die 14 Mitarbeiter im Lauf des Insolvenzverfahrens von sich aus gekündigt hatten. In den vergangenen Monaten hatten etliche qualifizierte Mitarbeiter die Firma verlassen. Zum Jahreswechsel waren bei Lingl 393 Mitarbeiter (davon 43 Auszubildende) beschäftigt. 138 verloren ihren Arbeitsplatz. Viele von ihnen waren in die Transfergesellschaft Quali Plus gewechselt. Dort werden sie auf der Suche nach einem neuen Arbeitsplatz unterstützt.

    Insolvenzverwalter Plail erklärt, dass es bei Lingl derzeit noch insgesamt etwa 230 Mitarbeiter sind. Die stellvertretende Betriebsratsvorsitzende Brigitte Altstetter spricht von insgesamt 192 Mitarbeiten und ferner gut 30 Auszubildenden. Plail betont, dass keiner der Auszubildenden „auf der Strecke“ geblieben sei. Einige hätten weitervermittelt werden können, einige hätten sich auch selbst neu orientiert.

    Die Firma Lingl wurde 1938 gegründet. Sie rüstet unter anderem Ziegeleien aus und ist auch Hersteller von Maschinen und Anlagen in den Bereich Grobkeramik, Sanitär- und Technische Keramik. Der Bereich Keramik ist demnach eine Art „Brücke“ zur Lippert GmbH & Co. KG. Wie Plail erklärt, werde der bisherige Geschäftsführer Alexander Kögel im Dienst bleiben, die Dauer sei aber noch offen. Lingl sei durch die Lingl Holding GmbH und die Lingl Anlagenbau GmbH übernommen worden. Beide Gesellschaften seien von Hubert Schug gegründet worden, er sei auch der Geschäftsführer. Bestehen bleiben soll der Firmenname Lingl, der auch auf den Märkten weltweit bekannt ist.

    Der Lingl-Tunnelofen wurde 1958 erstmals gebaut. Diese Technik war später auch in den USA sehr gefragt. Dieses in den USA aufgenommenes Bild zeigt Max Müller mit einem Lingl-Tunnelofen.
    Der Lingl-Tunnelofen wurde 1958 erstmals gebaut. Diese Technik war später auch in den USA sehr gefragt. Dieses in den USA aufgenommenes Bild zeigt Max Müller mit einem Lingl-Tunnelofen. Foto: Firma Lingl

    Doch wie wird sich die Firma künftig ausrichten? Deutlich zeichnet sich ab, dass der Schwerpunkt stärker auf der Konstruktion und weniger auf der Produktion liegen wird. Offenbar ist derzeit noch rund ein Viertel der Belegschaft in der Produktion beschäftigt.

    Plail sagt dazu, dass die Firma während des Insolvenzverfahrens restrukturiert worden sei. Bei Lingl seien bis zuletzt viele kleine Teile selbst gefertigt worden. Dies sei wirtschaftlich nicht rentabel. Die Firma werde daher weit mehr als bisher auf Zulieferer setzen. Dies könnten Zulieferer aus dem Inland, aber auch aus dem Ausland sein. Es gelte hier auf den Preis zu achten. Er selbst werde mit Blick auf die zahlreichen Details, die jetzt noch im Zuge der Übernahme zu klären sind, wohl noch Monate für Lingl tätig sein.

    Plail bedauert, dass viele Menschen bei Lingl ihren Arbeitsplatz verloren haben, doch dies sei leider nicht zu vermeiden gewesen. Glücklicherweise sei die Situation auf dem Arbeitsmarkt insgesamt gut. Und jetzt gebe es für Lingl wieder eine gute Perspektive.

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