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Krumbach: Krumbacherin über Corona-Quarantäne: "Sie entrechten uns komplett"

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Krumbacherin über Corona-Quarantäne: "Sie entrechten uns komplett"

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    Der Mund-Nasen-Schutz ist aus unserem Alltag mittlerweile nicht mehr wegzudenken. Trotz der Schutzmaßnahmen nehmen die Corona-Fälle aktuell aber rasant zu – und mit ihnen auch die Quarantäne-Fälle.
    Der Mund-Nasen-Schutz ist aus unserem Alltag mittlerweile nicht mehr wegzudenken. Trotz der Schutzmaßnahmen nehmen die Corona-Fälle aktuell aber rasant zu – und mit ihnen auch die Quarantäne-Fälle.

    Corona und die Folgen der Pandemie sind in aller Munde. Schulunterricht findet zwar wieder als Präsenzunterricht statt – Schüler und Lehrer sind froh, sich wieder persönlich in der Schule begegnen zu können. Doch ist das System extrem anfällig. Immer wieder gibt es neue Mitteilungen, dass Klassen in Quarantäne geschickt werden und mit ihnen auch deren Lehrer, weil vereinzelt Schüler oder Lehrer ein positives

    „Wenn dieses Schuljahr so weitergeht, bricht das System in wenigen Wochen zusammen“, prophezeit sie. Richter ist Dozentin an der Fachakademie für Sozialpädagogik (FAKS) in Krumbach. Dort werden junge Menschen für den Beruf des Erziehers ausgebildet und können nebenbei die Hochschulreife erwerben.

    Sie persönlich ist das zweite Mal innerhalb von fünf Wochen von Quarantäne betroffen. Das erste Mal wurde sie nach einer Prüfung einer mit dem Coronavirus infizierten Schülerin zur Kontaktperson I erklärt, obwohl sie mit dieser weniger als fünf Minuten auf Abstand im selben Raum war. das jetzige zweite Mal wurde pauschal die gesamte Klasse und deren Lehrer zu Kontaktpersonen I erklärt, die mit einer infizierten Schülerin in einem Raum bei offenem Fenster waren, erklärt. Richter selber ging nicht im Raum umher und hatte zehn Meter Abstand zu der Schülerin während 90 Minuten Unterrichts. Bereits einen Tag nach der Information, Kontaktperson I zu sein, hatte Richter ein negatives Coronatestergebnis vorzuweisen. Doch trotzdem konnte sie nicht aus der Quarantäne entlassen werden, informierte das Gesundheitsamt am Telefon.

    Am Simpert-Kraemer-Gymnasium in Krumbach waren 154 Schüler und vier Lehrer in Quarantäne. Grund für die Maßnahme war ein positiver Corona-Test bei einer Lehrkraft.
    Am Simpert-Kraemer-Gymnasium in Krumbach waren 154 Schüler und vier Lehrer in Quarantäne. Grund für die Maßnahme war ein positiver Corona-Test bei einer Lehrkraft. Foto: Christoph Lotter

    Begründungen dazu gab es keine, schriftlich erhielt Richter gar nichts von der Behörde des Landratsamtes zu ihrer Situation. Auch alle Schüler aus der Klasse wurden negativ auf das Coronavirus getestet, doch auch sie mussten bis zum Ablauf der Quarantäne am Mittwoch daheim eingeschlossen bleiben. Einzig die erkrankte Schülerin, die wieder vollständig genesen ist, konnte bereits zwei Tage vor Richter und vor ihrer Schulklasse wieder am öffentlichen Leben teilnehmen. Niemand kann Richter diese Diskrepanz erklären.

    Zusätzlich tauchen bei dem Fall Fragen auf, warum verschiedene Landkreise vollkommen unterschiedlich verfahren bei der Kontakt- und Risikoermittlung in Sachen Corona. Der Freund des erkrankten Mädchens nämlich, der bei ihr übernachtet hatte, wurde vom für ihn zuständigen Gesundheitsamt im Unterallgäu nur zum Coronatest geschickt. Nachdem sein Ergebnis negativ war, hatte er keine weiteren Maßnahmen einzuhalten.

    Betroffene vergleicht Corona-Quarantäne mit Isolationshaft

    „Es kann doch nicht sein, dass mein Gesundheitsamt, ohne mich anzuhören über meine persönliche Freiheit entscheidet und mich in Isolationshaft schickt und mir das nur deswegen passiert, weil ich im falschen Landkreis wohne“, klagt Richter an. Richters Kritik betrifft zwei Ebenen: Die, des persönlich betroffenen Menschen, der sich in Isolation begeben muss, worüber anscheinend leichtfertig entschieden werde. Und jene des Schulsystems, das bei Präsenzunterricht immer wieder klassenweise in Lockdowns gesetzt wird, was einen Rattenschwanz an Organisationsproblemen für die Schulen nach sich zieht, angefangen von der Organisation von Distanzunterricht für die betroffenen Klassen bis hin zu Vertretungsstunden oder dem Behandeln von Unterrichtsausfall durch in Quarantäne gesetzte Lehrer, die eigentlich nicht erkrankt sind.

    Das Persönliche: Richter sagt, bei Inhaftierten muss eine Isolationshaft, wenn sie angeordnet werde, immer speziell genehmigt werden. In ihrer Quarantänesituation fragt sie drastisch, warum ein Gesundheitsamt ohne Anhörung der Betroffenen Menschen quasi leichtfertig in Isolationshaft setzen kann, ohne dass eine Kontrollinstanz diese harte Maßnahme nochmals prüft. Sie werde in diesem Fall mit Schwerverbrechern gleichgesetzt und habe noch nicht einmal eine Kontrollinstanz oder eine Beschwerdemöglichkeit. „Viele Leute glauben, dass Quarantäne angenehm ist, das Gesundheitsamt hat zynisch gesagt, ich solle mich doch erholen“, schildert Richter. Eine im Nachbarlandkreis in Quarantäne gesetzte Kollegin Richters bekräftigt dies: „Quarantäne ist wahrlich kein Spaß!“

    Lehrerin aus Landkreis Günzburg: "Quarantäne kann krank machen"

    Richter beschreibt auch, wie Quarantäne krank machen kann: „Man ist einer Depression sehr nahe und wird immer antriebsloser.“ Weiterhin sei sie der Überzeugung, dass diese Willkür der Festsetzung ihrer als Kontaktperson I auch nicht mit ihren Freiheitsrechten als Bürgerin zu vereinbaren ist. „Sie entrechten uns komplett!“, sagt Richter. Wenigstens müsse es ihr auch in der Quarantäne möglich sein, im Wald mit dem Hund spazieren zu gehen. Allerdings drohten hohe Geldbußen, sollte man dies als unter Quarantäne Stehender tun. Man fühle sich aber hilflos, da man sich nicht gegen die offenbar willkürliche Einstufung als Kontaktperson I wehren könne, obwohl die Richtlinien des Robert-Koch-Institutes (RKI) eine genaue Definition gäben, das Gesundheitsamt Günzburg aber einfach pauschal ohne Anhörung entscheide.

    Dazu komme, dass am Wochenende kein Ansprechpartner in dieser Sache zu erreichen sei, auch schon freitagnachmittags sei hier Fehlanzeige. Richters Kollegin wird täglich von ihrem Gesundheitsamt angerufen, war aber selber auch fassungslos, dass sie Kontaktperson I sei, obwohl in ihrem Klassen raum nicht nur sie selber, sonder auch die Schüler untereinander Tischabstände eingehalten hätten. Ihr wurde ein zweiter Coronatest angeboten, der auch negativ war, sie aber leider dennoch nicht von der Quarantäne entbinde.

    Schulen müssen wegen Corona strenge Auflagen einhalten

    Das Schulische: Die Schulen hätten strenge Hygienekonzepte, die sie einhalten würden. Von Maskenpflicht in den Gängen und Toiletten bis hin zu stetem Lüften der Räume und Abstandsregeln im Klassenraum. Wenn das Hygienekonzept aber nicht vor dem für Richter willkürlichen Setzen in Quarantäne schützen könne, bedeute das für Lehrer im Zweifelsfall ein Schuljahr, bei dem sich Präsenzunterricht und Quarantäne in schneller Folge abwechseln würden. Lehrer befänden sich dadurch in einer unhaltbaren Situation, da sie vom Arbeitgeber offenbar durch das Hygienekonzept nicht ausreichend geschützt werden könnten, dieser aber Präsenzunterricht fordere. Richter befürwortet den Präsenzunterricht unbedingt, doch müssten dann für Lehrer dieselben Regeln gelten, wie für das medizinische Personal oder in der Wirtschaft. Beide Bereiche könnten ihres Wissens nach nach einen negativen Test wieder aus der Quarantäne raus, Lehrer aber müssten in der Quarantäne verbleiben. Gehe sie nun wieder nach der Quarantäne zum Unterrichten, könne ihr bereits am nächsten Tag wieder die Quarantäne drohen, wenn sie auf eine positiv getestete Person treffe. Für das System Schule sei das extrem bedrohlich, weil anderen Lehrern an anderen Schulen ja das Gleiche widerfahre.

    Das Gesundheitsamt äußert sich folgendermaßen zu dem Thema: Die Quarantäne für Kontaktpersonen der Kategorie I beträgt regelhaft 14 Tage. Die Kontaktpersonen werden unter anderem über die Angaben der erkrankten Personen ermittelt. Kontaktperson ist, wer mit einer erkrankten Person länger Kontakt hatte, dies ermittelt das jeweils zuständige Landratsamt beziehungsweise Gesundheitsamt. Für Lehrer gälten auch keine strengeren

    Warum Personen trotz negativem Coronatest dennoch bis zum Ende der Quarantäne isoliert ausharren müssten im Landkreis Günzburg erklärt das Amt folgendermaßen: Nach derzeitiger Studienlage wisse man, dass Menschen vereinzelt nach einem negativem Test, der zu Zeitpunkt X vorgenommen wurde, zu einem späteren Zeitpunkt einen positiven Test vorweisen. Der Grund: Zum Zeitpunkt des ersten Tests war die Krankheit noch nicht nachweisbar. Das liege unter anderem an der Inkubationszeit. Gleiches gelte auch für andere Infektionskrankheiten. Vom Gesundheitsamt aus wolle man vermeiden, dass Menschen, die aus der Quarantäne entlassen werden, noch ansteckend seien. Der Zeitraum von 14 Tagen habe sich dabei bisher als belastbar erwiesen.

    Der Schulleiter der FAKS Krumbach, Helmut Stuber, hält die Situation auch für schwierig. Mit einer Klasse und drei Lehrkräften seiner Schule, die in Quarantäne sind, könne man die Situation gerade noch bewältigen, um Unterricht zu organisieren. So habe die Klasse in Quarantäne zum Beispiel Distanzunterricht erhalten. In diesem Schuljahr sei das an der FAKS erstmalig aufgetreten. Für Lehrer sei die Gefahr, in Quarantäne zu geraten, auch groß, weil sie eben mit vielen Menschen arbeiteten. Er überlege gerade, was die

    Die Coronalage an Schulen im Landkreis Günzburg

    Immer wieder hört man, dass erneut eine Klasse an einer Schule unter Quarantäne gestellt wird, andere

    werden aus der Quarantäne entlassen. Aktuell konnte die Redaktion unserer Zeitung Folgendes tagesaktuell recherchieren:

    Der Leiter des Schulamtes Krumbach, Thomas Schulze, berichtet von drei Schulklassen, die derzeit im Landkreis Günzburg unter Quarantäne stünden, sieben Lehrkräfte und eine Person vom nicht unterrichtenden Personal an einer Schule. Schulze hat allerdings nur Einblick auf die Zahlen der Grund- und Mittelschulen sowie der Förderschulen. In Ursberg ist die Fachschule für Heilerziehungspflege und -hilfe betroffen. Dazu erklärt der Pressesprecher des Dominikus-Ringeisen-Werks: es gab drei positive Corona-Fälle im Rahmen einer Reihentestung in den Fachschulen Ursberg. Die Schüler der betroffenen Kurse wurden gemäß den Vorgaben des zuständigen Gesundheitsamtes als Kontaktpersonen I beziehungsweise II eingestuft. Die Kontaktpersonen der Kategorie I sind in Quarantäne. Derzeit findet in den Fachschulen

    An der Fachakademie für Sozialpädagogik in Krumbach sind es eine Klasse und drei Lehrkräfte, die unter Quarantäne stehen. Dieses sind selbst recherchierte Zahlen. Das Landratsamt Günzburg gibt außerdem Folgendes für von Quarantäne betroffene weiterführende Schulen (für die das Schulamt nicht zuständig ist) bekannt: eine AG (statt einer Klasse) und ein Lehrer an einer weiterführenden

    Schulnamen werden im Landkreis Günzburg nicht veröffentlicht

    Das Landratsamt Günzburg bekräftigte auf Nachfrage nochmals seine Haltung zur nicht namentlichen Nennung von Schulen mit Quarantäneklassen aus datenschutzrechtlichen Gründen: Generell werden Eltern und Schüler von

    Im Unterschied dazu geht die Stadt Augsburg hier einen anderen Weg. In ihren Coronabulletins nennt die Stadt jedes Mal explizit die Namen der betroffenen Schulen, obwohl die Stadt datenschutzrechtliche Fragen sehr streng handhabe, wie eine Teamleiterin es gegenüber der Redaktion ausdrückte.

    Lesen Sie dazu auch:

    Negative Tests: Corona-Entwarnung am SKG in Krumbach

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