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Krumbach/Könghausen: Wie „Klaro“ aus Könghausen in Krumbach zur Marke wurde

Krumbach/Könghausen

Wie „Klaro“ aus Könghausen in Krumbach zur Marke wurde

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    Roman Klarmann ist wohl Krumbachs ältester Akkordeonvirtuose.
    Roman Klarmann ist wohl Krumbachs ältester Akkordeonvirtuose. Foto: Manuela Rapp

    Alle Tage wieder – und das seit März – schafft sich Roman Klarmann seine eigene Bühne: Auf seiner Terrasse gibt er ab 17.15 Uhr ein etwa 45-minütiges Konzert. Mit seinem Akkordeon natürlich. So kennt man ihn in Krumbach und nicht nur dort. „Ich habe ein paar treue Fans“, schmunzelt er. „Es scheint ihnen zu gefallen. Sie kommen öfters.“ Dass er dabei den Geschmack seines Publikums trifft, das spürt er. Warum würde er wohl sonst immer mal wieder kleine Gaben und Geschenke erhalten? Ganz abgesehen vom Applaus. Was ihn sehr gefreut hat: Die Werbegemeinschaft Krumbach hat ihm für sein unermüdliches Engagement, gerade auch in Corona-Zeiten, ihren jährlich vergebenen Ehrenpreis, der an Bürger verliehen wird, die sich für die Allgemeinheit und die Stadt Krumbach einsetzen, zuerkannt.

    „Klaro“, das ist so eine Art Künstlername Klarmanns, lässt seine Finger wie ein Akrobat über die Tastatur gleiten. Leicht, elegant, gefühlvoll, fast fliegend. Das Instrument beherrscht er blind. „Im Grunde genommen lassen sich damit die Leute ganz einfach unterhalten“, findet er.

    Wenn er zu seinem Akkordeon greift, spielt er nicht irgendwas, nein, der gebürtige Münchner hat ein Archiv, aus dem er sich täglich bedient. „Ich schaffe zwischen zwölf bis 15 Stücke in der Stunde“, schätzt er. Dass die Konvolute an Texten schon ziemlich oft gebraucht worden sind, sieht man ihnen an. Etwa alle fünf Wochen sei er durch und beginne dann von Neuem. Wer darauf freilich Noten vermutet, liegt falsch.

    Krumbachs bekanntester Akkordeonspieler hatte 1000 Lieder im Kopf

    „Ich spiele nicht vom Blatt, das kann ich nicht, weil ich es nie tue.“ Er verlasse sich lieber auf seine Ohren. „Früher habe ich ein neues Stück drei oder vier Mal gehört, dann konnte ich es nachspielen.“ Jetzt, im Alter, höre er es halt öfter an. Denn Roman Klarmann mag’s auch modern. Kein Wunder, wenn er sagt: „Wenn mir ein Stück gefällt, nehme ich es in mein Repertoire auf.“ Was für ihn dabei zählt: „Es ist ein Unterschied, ob man’s kennt oder kann.“

    Die stattliche Anzahl von 1000 Liedern hatte Krumbachs wohl bekanntester Akkordeonspieler zu seinen besten Zeiten mal im Kopf, wie er erzählt. Schlager, Spitzbübisches, Evergreens, Ohrwürmer Operettenmelodien, Volkslieder spielt er, erfüllt stets Wünsche, und dann improvisiert er einfach gerne mal: „Was mir gerade so einfällt.“ Doch Klarmann komponiert auch. Zum Beispiel stammt die „Bayerisch-Schwaben-Hymne“ aus seiner Feder.

    In die Wiege gelegt wurde ihm sein Talent nicht: „Meine Eltern waren nicht schuld“, witzelt Klarmann und wird dann ernst. „Meine Mutter starb, als ich fünf Jahre alt war.“ Den Vater kannte der Bub, Jahrgang 1931, kaum, denn der musste an die Front. Die Großeltern väterlicherseits, die ihn aufzogen, drängten ihn, ein Instrument zu erlernen.

    Roman Klarmann (rechts) als ganz junger Musiker mit Zigarette. Damals spielte er im Duo mit einem Gitarrenspieler. „Der Beste, den ich je hatte“, sagt „Klaro“ rückblickend.
    Roman Klarmann (rechts) als ganz junger Musiker mit Zigarette. Damals spielte er im Duo mit einem Gitarrenspieler. „Der Beste, den ich je hatte“, sagt „Klaro“ rückblickend. Foto: Manuela Rapp

    Angefangen hat jedenfalls alles mit einer diatonischen zweireihigen Ziehharmonika, „aber die reichte bald nicht mehr aus“, erzählt er. 1940 habe er sein erstes Akkordeon bekommen. Damals hat der heute 89-Jährige noch in München gewohnt. „Da bin ich bis zu meinem 13. Lebensjahr aufgewachsen.“ Doch Luftangriffe und Zerstörungen verschlugen den Jungen nach Boos, zur Großmutter mütterlicherseits, womit ein neuer Lebensabschnitt begann.

    Um den Bauch voll zu bekommen, wie er es nennt, verdingte sich Klarmann zunächst als „Deascht-Bua“, half dann auch in der Landwirtschaft als Knecht. Wenn er so zurückblickt, ist das aber nur der Auftakt zu seinem beruflichen Repertoire, das ein wenig seinem breit gefächerten Spielplan auf dem Akkordeon gleicht. Gelernt hat „Klaro“ Schreiner, arbeitete dann in einer Möbelfabrik, half beim Vater mit, der sich nach dem Krieg in Könghausen niederließ und von 1950 bis 1960 eine Gastwirtschaft, die „Alpenrose“, betrieb.

    Als „Schuh-Onkel“, ein Begriff, den Kinder für ihn prägten, kennen ihn ebenfalls noch einige Leute: „Wir hatten einen mobilen Handel mit Schuhen“, löst Klarmann das Rätsel auf. In der Nachkriegszeit bereisten er und sein Vater, jeweils getrennt, die Dörfer und verkauften dringend benötigtes Laufwerk. Das Geschäft, das er 1965 übernahm, stellte er erst zwölf Jahre später ein. Doch der Tätigkeiten noch nicht genug. Die Poststelle in Könghausen, die seine Eltern 1949 bekommen hatten, übernahm dann der Junior und wurde 1966 zum Posthalter ernannt. In diesem Jahr heiratete er auch, baute ein Haus, zog mit seiner Frau zwei Töchter groß.

    In Krumbach kennt man Roman Klarmann auch wegen eines Rituals

    Fast immer war Roman Klarmann ab 1963 im Schwabmünchner Postamt und in vielen Poststellen am Schalter und als Posthalter tätig – als Urlaubs- oder Krankheitsvertretung. In Könghausen wiederum stand dann seine Frau ihren Mann. So habe er das Postwesen von der Pike auf gelernt, ohne je eine Prüfung abgelegt zu haben, meint er. Die holte er erst in reiferen Jahren nach. „Im Juli 1975 wurde ich zum Beamten ernannt.“ Ende März 1974 schloss die Poststelle in Könghausen und so arbeitete Klarmann ab 1. April zuletzt 21 Jahre als Paket- und Landzusteller in Pfaffenhausen und Springer für Eppishausen, bis ihn der Postarzt 1995 in Pension schickte.

    Mit dieser Zeit aufs Engste verbunden, ist ein Ritual: „Von März bis Oktober fuhr ich nach dem Dienst nach Salgen zum Schwimmen im Kaiserweiher.“ Die Lust am Wasser ist übrigens bis heute sein Ding. Nicht zuletzt daher kennt man ihn in Krumbach: Unvergessen sein Abschiedsständchen im März im Hallenbad am letzten Tag vor der coronakrisenbedingten Schließung.

    Sechs Jahre ist es nun her, dass der Tausendsassa, der dichtet, singt, fotografiert, malt, spielt und sogar Erfindungen, wie sich automatisch drehende Transportplatten, gemacht hat, nach Krumbach ins betreute Wohnen am Marktplatz umzog. Unter anderem deshalb, weil eine seiner Töchter hier lebt.

    Selbst mit der Nase macht Roman Klarmann Musik. Die Musik ist sein Leben.
    Selbst mit der Nase macht Roman Klarmann Musik. Die Musik ist sein Leben. Foto: Manuela Rapp

    Längst hat er einen Namen in der Stadt. Bei der Faschingsgilde „Schlorper“ erhielt er sogar eine „Nottaufe“ und wurde sofort in deren Reihen aufgenommen, wie er stolz erzählt. Was Klarmann besonders am Herzen liegt, ist sein wöchentlicher Auftritt im BRK-Seniorenzentrum St. Michael: „Jetzt spiele ich coronabedingt im Hof“, berichtet er.

    Bis zu 40 Bewohner hörten ihm dabei, natürlich unter Beibehaltung der Abstandsregeln, auf den drei Balkonen und im Hof zu. Ob Auftritte in Kirchengemeinden, als Sänger bei „PopChorn“, in der Tagespflege, bei Geburtstagen, Ausflügen oder Festen: „Wo Musik gebraucht wird, da bin ich.“

    Dieses Motto hat „Klaros“ ganzes Leben geprägt. Jahrzehntelang hat er als Alleinunterhalter oder mit musikalischen Begleitern den Menschen Freude bereitet, sie unterhalten.

    „Ein Musiker steht immer im Vordergrund, eben weil er Musik macht“, konstatiert er. Er genieße das, es sei eine Genugtuung. „Für mich ist das keine Arbeit.“ Auch nicht mit „88 plus“, wie er voller Humor über sein Alter sagt.

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