Rund 100 Mitarbeiter der Firma Lingl versammelten sich am Mittwoch vor dem Krumbacher Rathaus, um für den Erhalt der Arbeitsplätze bei Lingl zu demonstrieren. Im Rathaus kamen derweil Vertreter aus Politik, Gewerkschaft und der Firma zusammen, um über die Zukunft des Krumbacher Traditionsunternehmens zu beraten. Schon jetzt ist laut dem vorläufigen Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz eines klar: Es wird wohl „nicht ohne Arbeitsplatzabbau“ gehen.
All dies zeigt, wie ernst die Lage bei der Krumbacher Traditionsfirma Lingl ist, die einen Insolvenzantrag gestellt hat. Doch nach dem Runden Tisch gab es auch „vorsichtigen Optimismus“, wie dies der CSU-Bundestagsabgeordnete Georg Nüßlein formulierte.
Die Krumbach Firma Hans Lingl Anlagenbau und Verfahrenstechnik GmbH & Co. KG, die offensichtlich in tiefe finanzielle Schwierigkeiten geraten ist, musste vor Kurzem einen Insolvenzantrag stellen. Zunächst wurde ein vorläufiges Insolvenzverfahren eröffnet. Damit beauftragt ist die bekannte Kanzlei Schneider, Geiwitz & Partner mit Mutterhaus in Neu-Ulm und einem weiteren Sitz unter anderem in Augsburg. Vorläufiger Insolvenzverwalter ist Arndt Geiwitz (Geschäftsführender Gesellschafter), in Krumbach kümmert sich Christian Plail (der 57-jährige Leiter der Augsburger Niederlassung der Kanzlei stammt aus Krumbach) um das Verfahren.
Lingl: Bis Dezember muss geklärt sein, wie es mit der Firma weitergeht
Dabei geht es um eine Bestandsaufnahme der aktuellen Situation bei Lingl. Und dann muss, wie dies Geiwitz im Rathaus erläuterte, bis zum 1. Dezember ein Konzept erstellt werden, wie es mit der Firma weitergeht. Dabei spielt der in solchen Fällen oft schwierige Ausgleich zwischen Gläubigerinteressen und Arbeitnehmeranliegen eine bedeutende Rolle. Die Mitarbeiter erhalten für einen Zeitraum von drei Monaten Insolvenzgeld von der Bundesagentur für Arbeit.
Die 1938 gegründete Firma Lingl ist einer der bedeutendesten Arbeitgeber im südlichen Landkreis Günzburg. Am Standort Krumbach sind rund 400 Mitarbeiter beschäftigt. Circa 30 weitere Niederlassungen gibt es in Deutschland, an verschiedenen europäischen Standorten, in den USA, Australien, Asien und Nordafrika. So kommen zu den 400 Mitarbeitern in Krumbach weitere etwa 150 Mitarbeiter hinzu. Lingl ist unter anderem Ausrüster von Ziegeleien, zuletzt kam auch der Maschinenbau für die holzverarbeitende Industrie hinzu. Die Bedeutung der Firma für den Kreis Günzburg hob am Mittwoch auch Landrat Hans Reichhart mit Nachdruck hervor. Er hatte zum Runden Tisch ins Krumbacher Rathaus geladen, um gemeinsam mit weiteren Politikern aus der Region, Vertretern von Gewerkschaft, Betriebsrat, der Geschäftsführung und Insolvenzverwaltung eine bestmögliche Lösung für die Beschäftigen auf den Weg zu bringen.
Lingl hat seit Jahren immer wieder mit finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen. Dies gipfelte in ein sogenanntes Schutzschirmverfahren im Jahr 2013, 172 Mitarbeiter verloren damals ihren Arbeitsplatz.
Krumbach: Lingl braucht einen Investor
Und nun der neue Rückschlag. Wer in diesen Tagen mit Lingl-Mitarbeitern spricht, der spürt eine tiefe Angst. Groß ist in der Belegschaft die Befürchtung, dass im Zuge eines Insolvenzverfahrens ein Großteil der Arbeitsplätze verloren gehen könnte.
Er habe Verständnis für die Sorgen der Mitarbeiter, sagte der vorläufige Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz. Ziel sei es, möglichst viele Arbeitsplätze zu erhalten. Aber er räumte auch ein, dass es „nicht ohne Arbeitsplatzabbau“ gehen werde. „So offen und ehrlich muss man sein“ und man müsse dies „offen mit dem Betriebsrat diskutieren.“ Christian Plail betonte aber auch, dass es vonseiten der Kunden und Lieferanten Zuspruch gebe. Lingl-Produkte hätten „einen guten Ruf“, fügte Arndt Geiwitz hinzu.
Wie Geiwitz andeutete, bereitet Lingl die Entwicklung im Baustoffbereich hin zu Beton offenbar Probleme. Ein zentrales Thema ist offensichtlich auch der über einen Pensionssicherungsverein abgesicherte Betriebsrentenanspruch in einer Größenordnung von rund 20 Millionen Euro. Die insgesamt ungünstig veränderte Weltmarktsituation kommt hinzu. Das Unternehmen habe sich zuletzt nicht so gut entwickelt wie erwartet. Wird es gelingen, für Lingl einen neuen Investor zu finden? Nicht zuletzt diese Frage wird in den kommenden Wochen im Vordergrund stehen.
Bei der Kundgebung vor dem Rathaus, an der nach Auskunft des Betriebsrats rund 100 Mitarbeiter teilnahmen, erneuerte der Betriebsrat seine Kritik an der Lingl-Geschäftsführung. In einer schriftlichen Erklärung heißt es, dass „durch den ständigen Richtungswechsel der Gesellschafter das Verhältnis und das Vertrauen auf einem Tiefpunkt“ sei. Neuer Geschäftsführer ist seit September Alexander Kögel. „Der neue Geschäftsführer ist nicht lange im Amt und sein Vorgehen bei der Antragstellung der Insolvenz hat uns als Betriebsräte außen vorgelassen“, schreibt der Betriebsrat – der die Initiative von Landrat Hans Reichhart gleichermaßen begrüßt.
Landrat Reichhart lobt Insolvenzverwalter von Lingl
Reichhart betonte, dass dass Insovenzverfahren bei Schneider, Geiwitz & Partner in guten Händen sei. Man wisse, dass die Kanzlei mit Augenmaß vorgehe. Bundestagsabgeordneter Georg Nüßlein unterstrich, wie wichtig jetzt ein „Miteinander“ sei, dies sei auch beim Runden Tisch spürbar gewesen. „Insolvenz ist Insolvenz“ sagte Alfred Sauter. Da sei ein Ausgang stets ungewiss. Aber er sei auch zuversichtlich, wichtig sei es, den Standort zu erhalten. Bereits im Vorfeld des Runden Tisches hatte der 1. IG-Metallbevollmächtigte Günter Frey erklärt, dass die Arbeitnehmer darauf setzen, dass erfahrene Politiker wie etwa Alfred Sauter für Lingl in dieser schwierigen Zeit ein wichtiger Rückhalt seien. Die Gewerkschaft werde „alles tun, was in unserer Macht steht“, damit die Arbeitsplätze erhalten bleiben.
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