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Krumbach: Insolvenz-Fachmann: Krise könnte Betriebe im Kreis Günzburg hart treffen

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Insolvenz-Fachmann: Krise könnte Betriebe im Kreis Günzburg hart treffen

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    Als Rechtsanwalt und Fachanwalt für Insolvenzrecht glaubt Christian Plail, dass die Auswirkungen der Corona-Pandemie für die Wirtschaft in der Region erst zum Jahresende in ihrem ganzen Ausmaß abzusehen sind.
    Als Rechtsanwalt und Fachanwalt für Insolvenzrecht glaubt Christian Plail, dass die Auswirkungen der Corona-Pandemie für die Wirtschaft in der Region erst zum Jahresende in ihrem ganzen Ausmaß abzusehen sind. Foto: Hans Bosch

    Der Krumbacher Christian Plail ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Insolvenzrecht. Für ihn sind die Auswirkungen der Corona-Krise derzeit noch nicht absehbar. Der Stadt rät er, sich um einen Bundeszuschuss zu bemühen. Warum er mit einer Zunahme der Insolvenzanträge gegen Ende des Jahres rechnet und dennoch auch Gründe für Optimismus sieht.

    Wie sehen Sie die derzeitige wirtschaftliche Situation?

    Christian Plail: Wir erleben gegenwärtig eine Krise in einem bisher nicht bekannten Ausmaß. Die Auswirkungen erstrecken sich weltweit und praktisch über alle Branchen. Für eine Vielzahl von Unternehmen gibt es keine Möglichkeit, sich den Auswirkungen zu entziehen.

    Sehen Sie in der Region Westschwaben und damit im Landkreis Günzburg besondere Probleme?

    Plail: Unsere Region ist stark geprägt von mittelständischen Betrieben aus dem industriellen Umfeld. Ihr Erfolg beruht auch auf dem Export mit all seinen internationalen Verflechtungen. Die Corona-Krise führt unweigerlich zu Umsatzeinbußen, denn wie bereits geschildert sind praktisch alle Länder und Märkte berührt.

    Welche Bereiche trifft es bei uns besonders hart?

    Plail: Das ist eine der Besonderheiten der Krise. Es sind eigentlich alle Branchen in Mitleidenschaft gezogen. Spätestens mit den erlassenen Ausgangsbeschränkungen breiteten sich die Auswirkungen auf nahezu alle wirtschaftlichen Bereiche aus. Eine Ausnahme bildet lediglich der Lebensmittelhandel, der teilweise sogar starke Umsatzsteigerungen erlebte.

    Aktuell viele Anfragen von Firmen aus der Region

    Mit was und mit wem hat es Ihre Kanzlei besonders intensiv zu tun?

    Plail: Wir bekommen aktuell sehr viele Anfragen von Unternehmen aus der Region. Das bedeutet nicht, dass diese Betriebe schon insolvent sind oder in naher Zukunft Insolvenz anmelden müssen. Sie möchten sich vielmehr über die verschiedenen Handlungsoptionen informieren und wir helfen ihnen bei der Beantwortung ihrer speziellen Szenarien.

    Was sollen diese besonders hart betroffenen Firmen Ihrer Meinung nach tun?

    Plail: Es sollte geprüft werden, ob die staatlichen Fördergelder in Anspruch genommen werden können. Oberstes Gebot ist, sorgsam zu planen und permanent die Geschäftsentwicklung zu verfolgen. Ist die Zahlungsunfähigkeit eingetreten und kann diese nicht nachhaltig beseitigt werden, bleibt ein Insolvenzantrag unumgänglich. Wir zeigen Möglichkeiten auf, die Unternehmer entscheiden dann selbst.

    Die Corona-Krise trifft die heimische Wirtschaft hart. Wie bei vielen anderen Firmen in der Region Mittelschwaben ist auch beim Automobilzulieferer Borgers Süd mit Werken in Krumbach und Ellzee (Bild) Kurzarbeit angesetzt.
    Die Corona-Krise trifft die heimische Wirtschaft hart. Wie bei vielen anderen Firmen in der Region Mittelschwaben ist auch beim Automobilzulieferer Borgers Süd mit Werken in Krumbach und Ellzee (Bild) Kurzarbeit angesetzt. Foto: Hans Bosch

    Wird es in naher Zukunft verstärkt zu Insolvenzen kommen?

    Plail: Eine solche Krise kann nicht ohne Auswirkungen auf die Zahl der Insolvenzen bleiben. Der Zuwachs wird deutlich spürbar sein. Viele Unternehmen werden in einem Maße belastet, wie es bisher nicht vorstellbar war. Ein Betrieb hat ein eigentlich erfolgreiches Geschäftsmodell und dann fällt der Umsatz über mehrere Monate auf Null. Das kann nicht ohne Konsequenzen bleiben.

    Wann rechnen Sie konkret mit den ersten Fällen?

    Plail: Wer recht schnell einen Insolvenzantrag stellt, hatte aller Wahrscheinlichkeit nach auch schon vor der Corona-Krise wirtschaftliche Probleme. Ich rechne eher mit einer deutlich steigenden Zahl gegen Ende des Jahres. Die ausgedünnte Liquidität macht es den Unternehmen dann schwer, ihre Betriebsmittel zu finanzieren. Nach der Finanzkrise 2008/2009 haben wir ähnliche Beobachtungen gemacht.

    Ist die wirtschaftliche Lage überall so schlecht?

    Plail: Wir stellen in unseren Gesprächen fest, dass viele Unternehmen – gerade aus dem Mittelstand – die guten wirtschaftlichen Bedingungen der vergangenen Jahre genutzt haben, um sich für eine Krise zu wappnen. Hier erweisen sich viele Betriebe als stabil aufgestellt – sie haben ihre Hausaufgaben gemacht. Das stimmt mich optimistisch für die Zukunft, auch in unserer Region.

    „Es gibt keine Patentrezepte“

    Was raten Sie den von den Auswirkungen der Krise betroffenen Firmen?

    Plail: Es gibt keine Patentrezepte – jede Branche ist anders betroffen und jeder Betrieb hat seine Eigenheiten. Auf jeden Fall ist es wichtig, die Nerven zu behalten und die Übersicht zu bewahren. Ein ehrlicher Kassensturz und Geschäftsplanungen mit unterschiedlichen Szenerien für Ertrag und Liquidität liefern nach meiner Erfahrung eine solide Basis für vernünftige Entscheidungen.

    Auch die Städte und Gemeinden werden durch die Corona-Krise finanziell hart getroffen. Sie sind seit 2008 für die UFWG im Stadtrat. Halten Sie es für gerechtfertigt, dass Krumbach mit seiner relativ hohen Verschuldung Geld vom Bund beantragt?

    Plail: Den Schulden der Stadt stehen auch Vermögenswerte gegenüber, sodass man bei Krumbach, im Gegensatz zu manch anderer Kommune, nicht von Überschuldung sprechen kann. Der jetzt geschnürte Konjunkturpakt sieht unter anderem vor, dass Gewerbesteuerausfälle, die Gemeinden erleiden, teilweise kompensiert werden. Da ist es nur recht und billig, dass Krumbach auch an diesem Fördertopf partizipiert.

    Geschwommen werden kann jetzt glücklicherweise wieder im Krumbacher Freibad. Im Hallenbad ist Pause, im Sommer ist dort das Becken in der Regel nicht befüllt. Aber wie geht es weiter mit dem Sportzentrum, zu dem das Hallenbad gehört. Im September könnte es möglicherweise eine wichtige Weichenstellung geben.
    Geschwommen werden kann jetzt glücklicherweise wieder im Krumbacher Freibad. Im Hallenbad ist Pause, im Sommer ist dort das Becken in der Regel nicht befüllt. Aber wie geht es weiter mit dem Sportzentrum, zu dem das Hallenbad gehört. Im September könnte es möglicherweise eine wichtige Weichenstellung geben. Foto: Peter Bauer

    Wie ist Ihre Meinung, soll ein Stadtrat wie beispielsweise in Krumbach mit Blick auf die auch durch die Corona-Krise beeinflusste finanzielle Lage bei den anstehenden Großprojekten „loslegen“ oder „abwarten“?

    Plail: Eine Verzögerung beim Krumbacher Schulzentrum ergibt sich schon dadurch, dass wir seit Mai einen neuen Stadtrat haben mit zehn neuen Ratsmitgliedern und neuen Mehrheitsverhältnissen. Notwendig ist es, den Informationsstand auf das gleiche Niveau zu bringen. Die Entscheidungsfindung wird vermutlich eher noch schwieriger als bisher.

    Ihre Meinung zur Finanzierung des Vorhabens?

    Plail: Die Sanierung unseres Schulzentrums muss vollkommen neu bewertet werden. Hier ist es ähnlich wie bei Unternehmen, es ist ein Kassensturz zu machen und zu hinterfragen, welche Projekte wir uns zukünftig leisten können oder was nicht.

    Zur Person: Christian Plail und seine Aufgaben:

    Krumbach: Christian Plail ist geborener Krumbacher und wohnt hier mit seiner Familie. Nach seinem Jurastudium wurde er Rechtsanwalt. Diesen Beruf übt er noch immer aus und ist zusätzlich Fachanwalt für Insolvenzrecht.

    Leiter in Augsburg: Als geschäftsführender Gesellschafter der Großkanzlei SGP Schneider Geiwitz mit Hauptsitz in Neu-Ulm ist Christian Plail Leiter der Augsburger Niederlassung.

    320 Mitarbeiter: Mit rund 320 Mitarbeitern an 22 Standorten im Bundesgebiet bietet das Unternehmen seit über 40 Jahren in den Sparten Wirtschaftsprüfung, Steuer- und Rechtsberatung, Corporate Finance, Immobilienverwaltung und Restrukturierung ein umfassendes Leistungsangebot für Unternehmen jeder Größe.

    Wie war zuletzt in Sachen Kurzarbeit die Lage bei Betrieben in Mittelschwaben? Infos gibt es in folgendem Bericht:

    Großprojekte wie beispielsweise die Sanierung des Krumbacher Schulzentrums werden infolge der finanziellen Auswirkungen der Corona-Krise oftmals neu bewertet. Mit Blick auf die Neugestaltung des Sportzentrums war Krumbachs Bürgermeister Hubert Fischer aber zuletzt optimistisch. Weitere Infos zum Krumbacher Sportzentrum finden Sie hier:

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