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Krumbach: Entwarnung bei Borgers Süd in Krumbach und Ellzee

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Entwarnung bei Borgers Süd in Krumbach und Ellzee

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    Die Borgers-Gruppe mit Hauptsitz in Bocholt ist in Schwierigkeiten geraten. Die Werke von Borgers Süd in Krumbach (Bild) und Ellzee gelten aber nach wie vor als gut aufgestellt.
    Die Borgers-Gruppe mit Hauptsitz in Bocholt ist in Schwierigkeiten geraten. Die Werke von Borgers Süd in Krumbach (Bild) und Ellzee gelten aber nach wie vor als gut aufgestellt. Foto: Peter Bauer

    Die sich verschärfende Automobilkrise hat mittlerweile auch den bedeutenden Automobilzulieferer Borgers-Gruppe mit Hauptsitz in Bocholt (Nordrhein-Westfalen) erfasst. Das Werk in Dingden bei Bocholt (rund 350 Mitarbeiter) soll im Jahr 2020 geschlossen werden, Probleme gibt es an Standorten in Polen, Tschechien und den USA. Es werden „strukturell nicht profitable Werke aufgegeben“, heißt es in der offiziellen Mitteilung von Unternehmenssprecher Joachim Urra zur aktuellen Lage. Welche Auswirkungen hat diese Entwicklung auf Borgers Süd, auf die heimischen Standorte in Ellzee und Krumbach?

    Wie Unternehmenssprecher Joachim Urra auf Anfrage unserer Redaktion mitteilt, habe sich Borgers Süd zuletzt weiterhin stabil entwickelt. Laut uns vorliegenden Informationen spielt Borgers Süd mit den Werken in Ellzee und Krumbach in der Gesamtstrategie der Borgers-Gruppe nach wie vor eine tragende, positive Rolle. Aber auch in Ellzee und Krumbach gibt es Gespräche zwischen Geschäftsführung, Betriebsrat und Gewerkschaft über mögliche strukturelle Veränderungen. Dabei geht es, so die Information unserer Redaktion, auch um eine mögliche vorübergehende Verlängerung der Arbeitszeit ohne Lohnausgleich.

    Es geht unter anderem um mehr Effizienz

    Joachim Urra betonte mit Blick auf die zur Neuausrichtung der Borgers-Gruppe schon angelaufenen Gespräche, dass er zum jetzigen Zeitpunkt nicht auf Details eingehen könne. Das „Restrukturierungsprogramm wird nun in den kommenden Wochen mit den zuständigen Arbeitnehmervertretern, den Banken und den Kunden verhandelt. Das Borgers-Management steht dazu mit allen Gruppen in einem engen und konstruktiven Dialog“, heißt es in seiner offiziellen Mitteilung. Ziele der Neuausrichtung der Borgers-Gruppe seien unter anderem mehr Effizienz im operativen Geschäft sowie „eine Verschlankung von Verwaltung und produktionsnahen Abteilungen“. Das Top-Management sei zuletzt durch „zwei ausgewiesene Experten für Umbruchsituationen in Unternehmen“ erweitert worden. Der „Großteil des Maßnahmenpakets“ soll „in diesem und im kommenden Jahr umgesetzt sein“.

    Torsten Falke, Bezirksleiter der zuständigen Gewerkschaft BCE (Bergbau, Chemie, Energie), sieht Borgers Süd derzeit weiterhin auf einem guten Weg und in ruhigem Fahrwasser. Die Auftragslage sei anhaltend gut. Borgers Süd sei innerhalb der Borgers-Gruppe eines der profitabelsten und am besten aufgestellten Werke. Doch es gebe Überlegungen, wie die jüngsten Probleme in Osteuropa, den USA und jetzt auch am Standort Dingden in Nordrhein-Westfalen innerhalb der gesamten Borgers-Gruppe aufgefangen werden könnten. Von der Geschäftsführung gebe es mit Blick auf Betriebsrat und Gewerkschaft den Wunsch, sich darüber Gedanken zu machen. Falke geht davon aus, dass es entsprechende Gespräche geben wird.

    Nach unseren Informationen könnte dabei das Thema Arbeitszeit eine Rolle spielen. Zur Diskussion steht offensichtlich eine vorübergehende Verlängerung der Regelwochenarbeitszeit von 38 auf 40 Stunden bei gleichem Lohn. Falke deutet dazu an, dass es im Tarifvertrag verschiedene „Stellschrauben“ gebe. Auch in der Vergangenheit habe es je nach Auftragslage schon Zugeständnisse bei der Arbeitszeit gegeben. „Wir müssen uns das jetzt anschauen“, sagt Falke. Er betont aber auch, dass die derzeitige Situation nicht mit der schweren Krise der Jahre 2008/2010 vergleichbar sei. Und mit Blick auf die damaligen Turbulenzen gebe es inzwischen auch einen entsprechenden „Erfahrungsschatz“, der in schwierigen Lagen hilfreich sein könne.

    Was für Borgers zum Glücksfall wurde

    Die Firma Borgers mit Hauptsitz in Bocholt ist auf ihre Weise ein besonderes Beispiel der deutschen Industriegeschichte. 1866 wurde sie von Johann Borgers gegründet, ein kleiner Handwerksbetrieb, der Watte fertigte. Das schnelle Wachstum der Automobilindustrie wurde zu einem Glücksfall für Borgers, die Firma lieferte Watte für Sitzpolster. In der Folgezeit entwickelte sich die Firma zu einem wichtigen Zulieferer für Dämpfungen, Hutablagen oder Radlaufschalen. Seit 2006 leitet Werner Borgers das Unternehmen in der fünften Generation. Zuletzt war die Firma laut Unternehmenssprecher Urra an 24 Standorten weltweit vertreten, der Umsatz lag 2018 laut offizieller Mitteilung bei rund 900 Millionen Euro. Auf dem Höhepunkt der über viele Jahr sehr positiven Entwicklung der Unternehmensgruppe waren rund 7600 Mitarbeiter beschäftigt. Doch Urra teilte mit, dass die Entwicklung zuletzt rückläufig gewesen sei und die Borgers-Gruppe darauf reagieren müsse. Geschlossen wurde auch das Werk in Vance/Alabama/USA mit rund 400 Mitarbeitern.

    2010 war Borgers der Sprung in den Süden der Republik gelungen. In Krumbach waren zuvor im Zuge der weltweiten Wirtschaftskrise die Aksys-Standorte Ellzee und Krumbach in große Schwierigkeiten geraten. Damit schien das Ende einer langen, durch Michael Faist begründeten Firmentradition gekommen. Die Firma Faist war 1904 durch Michael Faist gegründet worden. Faist Automotive war 2002 in die Aksys-Gruppe mit Sitz in Worms eingebracht worden.

    Ein Glücksfall für die Region

    Die Übernahme der Aksys-Werke in Ellzee und Krumbach durch Borgers wurde für die Region zum Glücksfall. 2010 waren in beiden Werken etwa 260 Mitarbeiter beschäftigt, der Umsatz lag bei circa 40 Millionen Euro. Zuletzt waren es in den beiden Werken rund 680 Mitarbeiter, der Umsatz 2018 lag stabil in einer Größenordnung von über 100 Millionen Euro. Zu den Produkten aus Ellzee und Krumbach gehören unter anderem Unterbodenverkleidungen, Komponenten zur Dämmung des Motorengeräusches im Fahrzeuginneren, Lkw-Dachkonsolen für Fahrerkabinen, Armaturenbretter oder auch Motorkapselungen für Lkw. Borgers Süd liefert an namhafte Automobilhersteller wie BMW, Audi, Daimler-Benz oder Porsche.

    Eine sehr enge Beziehung gibt es zum niederländischen Lkw-Hersteller DAF. Ein Großauftrag zur Herstellung von Armaturenbrettern läuft über mehrere Jahre. Borgers Süd kleidet die DAF-Lkw im Inneren aus – und dieses starke Standbein im Nutzfahrzeugebereich, von dem insbesondere das Werk Ellzee, aber auch Krumbach profitiert, gilt in der derzeitigen Situation als Vorteil.

    Über die über viele Jahre hinweg sehr positive Entwicklung bei Borgers Süd haben wir wiederholt berichtet. In folgenden Artikeln gibt es Infos dazu:

    Neue Halle und mehr Mitarbeiter bei Borgers

    Es läuft gut bei Borgers Süd

    Borgers Süd wird Leitwerk für Fiat-Großauftrag

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