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Krumbach: Einblicke in den Krumbacher Untergrund

Krumbach

Einblicke in den Krumbacher Untergrund

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    Gut gesichert und in Schutzkleidung misst Walter Wohllaib, Mitarbeiter der Stadtwerke, die Wassertemperatur im Kanal. Eventuell kann das Abwasser zur Heizung des neuen Schulgebäudes der Fach- und Berufsoberschule genutzt werden.
    Gut gesichert und in Schutzkleidung misst Walter Wohllaib, Mitarbeiter der Stadtwerke, die Wassertemperatur im Kanal. Eventuell kann das Abwasser zur Heizung des neuen Schulgebäudes der Fach- und Berufsoberschule genutzt werden. Foto: Silvia Eisenlauer

    Ein Vormittag, 10.30 Uhr: Auf dem freien Gehweg in der Krumbacher Karl-Mantel-Straße vibriert es spürbar, als das tonnenschwere Gerät der Kanalbaufirma Motz die Spundwände langsam in den Boden einlässt. Bei strahlendem Sonnenschein marschiere ich in Regenjacke, bepackt mit meinen Gummistiefeln und einer Kamera in Richtung des Baubüros vor dem Hürbener Wasserschloss. Dort bin ich mit Max Schmid, dem technischen Leiter des Tiefbauamts der Stadtwerke, verabredet.

    Auf der Höhe eines Friseursalons haben sich mehrere Passanten versammelt, die die lautstarken, fühlbaren Arbeiten am maroden Kanal beobachten und immer wieder hört man Kommentare wie: „Mei, das ist ein Projekt. Ob das wohl rechtzeitig fertig wird?“ „Ja, so wie es derzeit aussieht, werden wir die Arbeiten bis Ende September abgeschlossen haben. Wir hatten einen sehr guten Start!“, wird mir Max Schmid später berichten. „Sie sind aber für jedes Wetter gerüstet“, begrüßt mich Max Schmid lächelnd. „Nein, wieso?“, denke ich mir nur und frage mich, warum der technische Leiter selbst nur im kurzärmligen Hemd und mit Warnweste unterwegs ist. Schließlich haben wir uns doch für eine Begutachtung der Baustelle verabredet. Ich rechne mit einem metertiefen Abstieg in den nasskalten Untergrund Krumbachs. „Naja, wird sich schon noch klären“, beschließe ich für mich…

    Blick auf die wichtigsten Eckdaten

    Im Baubüro, einem Container, dessen Wände mit Plänen behängt sind, bietet mir Schmid einen Kaffee an. „So schnell trinke ich den nicht aus, wir gehen ja gleich runter“, denke ich. „Nein, danke“, lehne ich also freundlich ab. Perfekt vorbereitet schlägt mein Gesprächspartner einen Block auf, auf dem er die wichtigsten Eckdaten notiert hat und ich vermute, dass Schmid den „Actionteil“ auf das Ende unseres Interviewtermins gelegt hat.

    Dass der Kanal in der Karl-Mantel-Straße dringend sanierungsbedürftig ist, verwundert nicht, verfügt man über etwas Kontextwissen: „Man rechnet mit einer Lebensdauer von bis zu 80 Jahren bei einem Kanalrohr des heutigen Technikstandes. Die Anlage in der Karl-Mantel-Straße ist aus den 1950er Jahren“, berichtet Schmid. Zu dieser Zeit gab es in Krumbach noch nicht einmal eine Kläranlage, in die das Schmutzwasser direkt geführt wurde. Zuvor lief durch die Rohre in der Karl-Mantel-Straße und im Rest der Stadt lediglich das Überwasser. Bevor das Abwasser in den Kanal gelangte, wurden in sogenannten „Dreikammerausfaulgruben“ Feststoffe in drei Stufen herausgefiltert. Einmal pro Jahr wurden diese gesäubert.

    Wie schnell die Kanaltechnik Fortschritte macht, ist an harten Zahlen zu erkennen: „Wir geben jedes Jahr circa eine Million Euro für Neubau und Sanierung aus“, erzählt Schmid. Ob und in welchem Umfang Reparaturarbeiten nötig sind, wird durch eine optische Inspektion festgestellt: „Das findet mithilfe einer auf einen Roboter aufgesetzten Kamera statt“, erklärt Schmid. Daraufhin stelle ich die für mich allzu naheliegende Frage: „Warum steigt man da nicht einfach runter?“ „Das ist in den meisten Fällen nicht möglich, da die Rohre viel zu klein sind. Die alten Rohre hier in der Karl-Mantel-Straße haben gerade einmal einen Durchmesser von 400 Millimetern“, eröffnet er mir. Und nun ist auch bei mir der Groschen gefallen: In den Krumbacher Untergrund werde ich heute und auch nach Abschluss der Arbeiten, zumindest in der Karl-Mantel-Straße, nicht steigen. Denn auch die neuen Rohre werden gerade einmal einen Durchmesser von 600 Millimetern haben. „Runter steigt hier auch kein Arbeiter. Alles wird in einer offenen Bauweise gemacht“, erklärt mir Schmid. Aktuell arbeitet der Bautrupp stets an einer Arbeitsstelle von bis zu drei Metern. Dort werden zunächst die Spundwände zur Stabilisierung in den Boden eingelassen. Dann erfolgt der Aushub: Die neuen Rohre werden auf der gleichen Trasse verlegt. Im Anschluss werden die Wände wieder gezogen sowie neue Hausanschlüsse und Wasserleitungen verlegt. Damit die Pulsader Krumbachs pünktlich vor dem Einbruch der kalten Jahreszeit wieder frei für den Verkehr ist, wird als Winterprovisorium vorübergehend eine Asphaltschicht aufgetragen.

    In der Mitte strömt das Wasser

    Am Ende unseres Gesprächs angekommen, scheint es Max Schmid schon fast leidzutun, mein abenteuerlustiges Schreiberherz ohne einen Ausflug in den Untergrund nach Hause schicken zu müssen. Als wir schon auf dem Weg zum aktuellen Bauabschnitt sind, um ein geeignetes Fotomotiv zu finden, fällt ihm ein: „Ich habe heute nachmittag noch eine Messung in dem Kanal an der Lichtensteinstraße. Das ist der größte in Krumbach, der führt direkt in die Kläranlage nach Billenhausen. Da könnten Sie mit, wenn sie möchten!“ Gesagt, getan: Wir treffen uns nachmittags an der Ecke Lichtensteinstraße/Adolf-Kolping-Straße mit Walter Wohllaib und Johannes Bestler, zwei Mitarbeitern der Stadtwerke. Vor dem Abstieg wird ein Messgerät hinuntergelassen, um sicherzustellen, dass sich keine giftigen Gase im Schacht befinden. Der weitere Verlauf gleicht einem Kletterausflug: Die absteigende, in Schutzausrüstung gekleidete Person hängt in einer Art Geschirr an einem Seil, Johannes Bestler bleibt oben und sichert: „Hoffentlich erwarten Sie da unten keine kleinen tierischen Freunde“, gibt er mir lächelnd mit, als ich mich auf den Weg nach unten mache. Schon nach den ersten paar Stufen höre ich das Wasser plätschern.

    Unten angekommen stehe ich auf einem schmalen trockenen „Gehweg“. In der Mitte strömt das Wasser. Bei 1,80 Metern Breite und 2,30 Meter Höhe wird es in diesem Kanalrohr auch zu dritt nicht eng und dank des Scheinwerferlichts kann man noch einige Meter gen Norden sehen. So habe ich mir die Untergrundlandschaft Krumbachs immer vorgestellt!

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