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Krumbach: Die Krumbacher badeten mit „Sitte und Anstand“

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Die Krumbacher badeten mit „Sitte und Anstand“

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    Das alte Flussbad an der Kammel mit Liegewiesen in Betrieb.
    Das alte Flussbad an der Kammel mit Liegewiesen in Betrieb. Foto: Stadtarchiv Krumbach

    Corona ist nicht lustig. Das Virus lähmt zurzeit viel öffentliches Leben. Den Badespaß eingeschlossen. So bleibt auch das städtische Freibad der Kammelstadt Krumbach zum Sommeranfang (eben „wegen Corona“) geschlossen. Das ist erstmalig in der Geschichte des 1962 eröffneten städtischen Freibades – aber durchaus nicht einmalig in der Krumbacher Stadtbad-Chronik. Nämlich: Schon im früheren städtische Flussbad musste Anfang der 1950er-Jahre das Baden in der Kammel „aus seuchenpolizeilichen Gründen“ verboten werden, was schließlich im Jahre 1955 die Stadt veranlasste, das Flussbad ganz zu schließen.

    Baden, im weitesten Sinne hat in Krumbach durchaus eine weiter zurückreichende Geschichte. Im 15. Jahrhundert übernahm hierbei das Krumbad die Vorreiterrolle. Aufzeichnungen aus dem Jahre 1418 belegen den Gebrauch etlicher Badeeinrichtungen, wie etwa Kessel, Zuber, oder Wasserleitungen.

    Es gab allerdings auch in Krumbach selbst eine Badestube: So wird in der von Walter Gleich verfassten Datensammlung „Krumbach in Stichworten“ für das Jahr 1698 berichtet, dass „der kunstreiche Chirurg und Bader Tobias Wucher eine Badestube an der Kammlach“ innehatte. Dafür musste er der Herrschaft jährlich zwei Pfund Heller Wassergeld zahlen. Das Bad lag zwar an der Kammel, dürfte aber kaum ein Flussbad gewesen sein, vielmehr ein Wannenbad mit ganzjährigem Betrieb, für das man das Wasser aus der Kammel nahm und in Bottichen erwärmte. Dass es in jener Zeit um 700 Gulden verkauft wurde, lässt ahnen, wie gut jene Badestube eingerichtet war, denn der genannte Betrag war für damalige Verhältnisse doch eine recht erkleckliche Summe Geldes.

    Badeanstalt als privates Gewerbe

    Im Juli 1905 meldete dann Ludwig Iberle aus Hürben beim Krumbacher Magistrat folgendes privates Gewerbe an: „Badeanstalten mit geringerem Betriebe (Warmbad mit 3 Badewannen, Flußbad mit 7 Badehütten und zwei Schwimmbassin)“.

    Die Errichtung einer öffentlichen Badeanstalt ist dann Anfang des letzten Jahrhunderts immer mehr als wünschenswertes Unternehmen empfunden worden. Nicht zuletzt deshalb hat sich die Stadt Krumbach dann 1916 dazu entschlossen, die von Ludwig Iberle betriebene private Badeanstalt an der Brunnenstraße in städtischen Besitz zu bringen; der Kaufpreis betrug 1500 Mark. Das nunmehr städtische Freibad, direkt an der Kammel gelegen, hatte seine Form im Wesentlichen im Jahre 1924 erhalten.

    Nach dem Ausbau der früheren, eher primitiven Anlage, wurde das aus damaliger Sicht „neue Stadtbad“ am 22. Juni 1924 offiziell eröffnet und am 20. Juli fand ein großes Werbe- und Schauschwimmen unter Mitwirkung des Schwimmerbundes Augsburg statt. Die gesamte Anlage des Kammel-Flussbades bestand aus Holz gefertigten Umkleidekabinen und Trennwänden und umfasste bei 140 Metern Länge eine Bodenfläche von 24000 Quadratmetern bei Wassertiefen von 70 Zentimetern im Kinderbad und bis zu 2,2 Metern im Männerbad. Allerdings waren die Wassertiefen sehr variabel, denn bei jedem Hochwasser wurde viel Schwemmgut angelagert.

    Das Nacktbaden war strengstens verboten

    Keine Frage, dass die Sittenwächter das Nacktbaden strengstens verboten hatten. Ein ministerieller Erlass, betitelt mit „Sitte und Anstand beim Baden“ gestattete Frauen das öffentliche Baden nur in einem vollständigen Strandanzug. Der Männerwelt war die Wahl zwischen einem „durchgehenden Badeanzug und einer Badehose“ immerhin freigestellt. Ja, nach dem Willen der Stadtväter herrschten dort strenge Sitten. Erst 1928 wurden die strengen Bestimmungen gelockert. Einer Verfügung zufolge waren nunmehr „Kinder unter 6 Jahren für die Benützung des Freibades in Begleitung der Eltern jederzeit freigelassen“.

    Sie konnten jetzt zusammen mit den Eltern (ohne Rücksicht auf das Geschlecht!) sowohl das Männerbad als auch das Frauenbad – die jeweiligen Abteilungen waren durch einen Bretterzaun voneinander getrennt – besuchen. Gemeinsam von Badern beiderlei Geschlechts durfte der Liegeraum für Luft- und Sonnenbäder benutzt werden. Allerdings galt auch hier: Eintritt für beide Geschlechter nicht „ohne vollständigen Badeanzug“. Und: Zuwiderhandelnde wurden konsequent aus dem Bad gewiesen; auch ein dauernder Ausschluss von der Benützung des Stadtbades konnte verfügt werden.

    Schon im Jahr 1925 war es nötig, das Stadtbad auszubaggern. Andererseits hatte natürlich ein Fluss den Vorteil, dass eine ziemlich große Wasserfläche zur Verfügung stand und ständig Frischwasser zugeführt wurde. Man war von der Zweckmäßigkeit der neuen Anlage so überzeugt, dass sogar ein heftiger Disput um die Schöpferehre der Planer entstand: Neben Bezirksbaumeister Schnitzler und dessen Sohn reklamierte auch Baurat Miller aus Nürnberg die Entwurfsidee für sich, denn er wies in Zeitungsartikeln nach, dass er bereits im Jahre 1921 dem Krumbacher Stadtrat Pläne vorgelegt habe, die dann 1924 mit verwendet wurden. Die Öffentlichkeit ließ der Streit auf Verwaltungsebene schlichtweg kalt. In der Sache zählte schließlich, dass fortan Männlein und (fein säuberlich voneinander getrennt) Weiblein dem „Spaß im Kammelnass“ frönen konnten.

    60 Personen mit Jahreskarte

    Zur Besucherfrequenz von damals lässt sich die Statistik bemühen: Nach einer entsprechenden Anfrage berichtete der damalige rechtskundige 1. Bürgermeister Dr. Sailer, dass die Zahl der Badegäste in der öffentlichen Badeanstalt im Jahr 1927 „ca. 4500 Personen für Einzelbäder und 60 mit Jahreskarte“ betrug. Mehrfach musste im Verlauf der folgenden Jahre das Flussbad für den öffentlichen Badebetrieb nach Verunreinigung der Kammel schließen.

    Aus seuchenpolizeilichen Gründen musste Anfang der 1950-er Jahre das Baden in der Kammel verboten werden, was im Jahre 1955 die Stadt zur Schließung des seitherigen Flussbades zwang. Noch 1961 wird berichtet, dass das Badeverbot (wie bereites behördlicher Verordnungen in den Vorjahren schon) aufrecht erhalten bleibe.

    Dem Antrag weiter Kreise der Bevölkerung entsprechend wurde aber per Ausnahmesatzung festgelegt, dass „das alte Stadtbad ausschließlich für Luft- und Sonnenbäder und zur Benutzung der mit Leitungswasser gespeisten Duschen geöffnet ist“. Zutritt war nur Personen über 18 Jahren gewährt. Das Eintrittsgeld betrug 40 Pfennige.

    Die Planungen für das neue Freibad

    In jener Zeit waren die Planungen seitens des Stadtrates unter Bürgermeister Franz Aletsee für das „neue“ städtische Freibad an der Raunauer Straße schon längst gereift: Im Februar 1961 liefen die Maschinen an zum Bau der Anlage. Mit der offiziellen Eröffnung des neuen Freibades 1962 begann dann ein neues Kapitel „Krumbacher Badgeschichte“.

    Und so warten nicht wenige Sommerfrischler, Badenixen und Schwimmsportler dieser Tage auf die durch Corona-Maßnahmen bedingte (verspätete) Eröffnung der Freibadesaison 2020.

    Weitere Infos zum Krumbacher Freibad und zur aktuellen Lage vor der Eröffnung finden Sie hier:

    Eröffnung am Montag: Diese Regeln gelten im Krumbacher Freibad

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